Politik | EU Parlamentswahlen

EU: Willkür, Korruption und Rechtsruck

“Das Europäische Parlament. Interessensvertretung für 450 Millionen Menschen in 27 Staaten. 8.000 Mitarbeiter, 705 Abgeordnete [...] Sie haben Macht, die anfällig macht."¹
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Katargate Geldkoffer
Foto: Arte / Facebook Belgian Federal Police
  • ¹ Zitat aus der Einleitung des Arte Doku “Europa in der Korruptionskrise” 

  • Worum es bei der Wahl vom 6. bis 9. Juni geht

    Bei der kommenden EU-Parlamentswahl geht es erstmal darum, die Verhältnisse der aktuell 7 Fraktionen neu festzulegen. Die stärkste Fraktion wird in der Zusammenkunft (Kommission) der 27 Staaten den Vorsitz (Präsidentschaft) für die  nächsten 5 Jahre innehaben. Welche Person zum Vorsitzenden (Präsidenten) bestimmt sein wird, das entscheiden allerdings nicht die Wähler und Wählerinnen. Auch nicht die Parteien. Spitzenkandidat*in hin oder her.

    2018 beispielsweise hatte der Kongress der Europäischen Volksparteien (EVP) den stellvertretenden Parteivorsitzenden der bayerischen CSU, Manfred Weber, mit 79,2% der Stimmen zum Spitzenkandidaten  bestimmt.  Nach der Parlamentswahl  vom 23. bis 26. Mai 2019 aber  zogen die Regierungschefs im Europäischen Rat die Fäden. Allem voran jene von Deutschland und Frankreich. Wobei wohl gleichzeitig Einfluss auf die Regierungsbildung in Italien ausgeübt wurde (Siehe weiter unten). 

    Manfred Weber durfte seinen Anspruch auf das Amt niederlegen. Stattdessen  einigte sich der Rat am 2. Juli 2019 auf die damalige deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Diese wurde dem Parlament als künftige EU-Kommissionspräsidentin vorgestellt. Da dem  Parlament lediglich eine bestätigende Funktion zukommt, war der Akt vom 16.07.2019 praktisch nur noch eine Formalie. Dann ging es an die Nominierung der 27 Kommissare und die Verteilung der Zuständigkeitsbereiche. 

    Zeitgleich zur beginnenden Regierungskrise zwischen Salvini (Lega), dem Sieger der Eu-Parlamentswahl und Conte (M5S), der nur auf Platz drei kam.

  • Dreierlei Beigeschmack von Willkür

    1. “Spitzenkandidatenprinzip [..] ad absurdum geführt”

    Die Vorgehensweise des Europäischen Rates  hatte -demokratisch gesehen- einen mehrfach unsauberen Beigeschmack.

    “Die neue EU-Kommissionspräsidentin ist auf fragwürdige Weise ins Amt gelangt. [...] Schließlich hat die sich im EU-Wahlkampf gar nicht blicken lassen.” (Zeit Online)

    Wer demokratisch denkt und für mehr Demokratie in Europa eintreten möchte, kann hier wohl nur zustimmen. Kritik kam auch von Seiten der zweit- und viertgrößten Fraktion (Sozialdemokraten und Grüne). Die Bestellung von Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin war und bleibt ein “Skandal”. Dazu  Zeit Online: “Ihre Kür zur EU-Kommissionspräsidentin hat das erst 2014 eingeführte Spitzenkandidatenprinzip, das die EU näher an ihre Bürger rücken und demokratischer machen sollte, ad absurdum geführt

    "'Die EU', wie die drei Institutionen – der Rat, die Kommission und das Parlament – vielerorts in Europa bezeichnet werden, hat ihre Bürger getäuscht.” (Zeit Online)

    Doch damit nicht genug. Ein weiterer Beigeschmack liegt darin, dass der nicht demokratisch gewählten Präsidentin Ursula von der Leyen sogleich eine überaus große Macht zukam. Es lag nämlich an ihr, welchen 27 Mitgliedern der Kommission  sie “bestimmte Politikbereiche” zuwies. Dabei ging es nicht nur um die Auswahl des Personals, sondern auch um eine mögliche Einflussnahme in die Parteienlandschaft, Regierungsbildung und Politik einzelner EU- Mitgliedsländer. 

    So geschehen im Zusammenhang mit der italienischen Regierung Conte II, die zwischen dem 31.08. und  5.09.2019 gebildet wurde. In der Vergabe der Kommission Posten wurden nebst 4 Unabhängigen, 4 Liberalen (ALDE) und einem polnischen Mitglied der Konservativen Reformer (EKR), in erster Linie 10 Mitglieder der EVP-Fraktion bedacht sowie 8 Mitglieder der Fraktion der Sozialdemokraten. Unter letzteren erhielt ein Kandidat der italienischen Sozialdemokraten einen besonders wichtigen Kompetenzbereich verheißen: PD Gründer bzw. Vorsitz  Paolo Gentiloni.

     

    2. M5S und PD als “promessi sposi”

    Dem Angebot des Salvini zum Trotz, die Koalition mit der Bewegung der 5 Sterne (M5S) unter Führung von Di Maio wieder aufzunehmen, bastelte Giuseppe Conte in Windeseile an der Koalition mit dem PD. Auch wenn sich gegen Ende August 2019 die Basis des M5S immer noch für Salvini und gegen den PD aussprach. Wohl kaum jemand rechnete mit dem , was kam. Schließlich war das M5S Mantra “mai con il PD [partito di Bibbiano]” bereits legendär. Und auch PD Vorsitz Paolo Gentiloni und sein Kandidat für das Sekretariat Nicola Zingaretti waren sich noch Anfang 2019 einig:

    “che lui non è per il dialogo con M5s “

     “Nessun’ alleanza col Movimento 5 Stelle.

     Doch konnte eine erneute Beteiligung der Lega  an der italienischen Regierung geduldet werden, nachdem sie DIE Gewinnerin der EU-Wahl war?  Nein: Ziel musste sein,  die Lega zu isolieren. Und so kam es dann doch überraschend schnell zu  Verhandlungen mit dem PDmit Segen von M5S Gründer Beppe Grillo. Womit natürlich auch beim PD nicht jeder einverstanden war, z.B. Carlo Calenda.  Hingegen pressierten Paolo Gentiloni und Nicola Zingaretti vom PD zum schnellstmöglichen Abschluss der Verhandlungen; mit Aussagen zu vermeintlichen Gewinnen von 600 Millionen bis zu 15 Milliarden: 

    So berichtete die Repubblica:  “Il segretario Nicola Zingaretti intanto scrive su Facebook: 'L'apertura di una nuova possibile fase politica e di Governo già ci ha fatto guadagnare 600 milioni di euro. In prospettiva potrebbero essere fino a 15 miliardi.  Ecco perché continuiamo a chiedere una stagione nuova e un governo di svolta’. ‘Accelerare servirebbe per chiudere’, aveva twittato poche ore prima il presidente dem Paolo Gentiloni."

    "Accelerare servirebbe per chiudere" (Paolo Gentiloni)

     

    3. Neuverschuldung mit Duldung

    Was aber kam, war die große Neuverschuldung. Ob mit angesagter Duldung von Seiten der neuen EU- Spitze? Mit der Bildung der Regierung Conte II am 5.09.2019  wurde  Gentiloni’s Kandidatur als EU Kommissar jedenfalls formell. Tatsächlich nominierte ihn Ursula von der Leyen bereits am 10.09.2019, also 5 Tage später, zum EU Kommissar für  “Wirtschaft”, Finanzen und Steuern. Das Parlament stimmte am 27.11.2019 zu. Ein erster Schritt zu einer  neuerlich ungebremsten Staatsverschuldung war damit getan. 

    Denn: Hatte die  EU dem Salvini  noch mit einem “Vertragsverletzungsverfahren” gedroht, obwohl das Defizit 2018  bei -2,1% lag und 2019 sogar auf -1,6% gesunken war, stieg die Verschuldung ab Dezember 2019, also unter Conte II, wieder an und erreichte im ersten Trimester 2020 sagenhafte -5,5%.  Obwohl Italien 2019 besser da stand als GB, Frankreich und Spanien, schnitt es am Ende des Jahres 2020 mit -9,5% schlechter ab als Frankreich. Das Defizit blieb seither zwischen -8,x und -7,2%. 

    Der Grund war allerdings nicht etwa Corona: Betrug die Verschuldung im Dezember 2019 noch 2409,8 Milliarden (134,8% des Pil), also ca. 9,5 Milliarden weniger als 2018, stieg sie bereits im Jänner 2020 auf satte 2.443 Milliarden.  Ein Zuwachs von sagenhaften 33 Milliarden. Die Covid-19 Pandemie hatte zu diesem Zeitpunkt Europa noch gar nicht erreicht. Das Resultat am Ende von Gentilonis Amtszeit: Gentiloni eröffnet die bescheidene Schätzung, dass Italien bei einer Verschuldung von 138,6% des Pil angekommen sein dürfte. 

  • Interessenkonflikt/Willkür bei Ursula von der Leyen?

    Doch damit nicht genug in Sachen "Willkür". Stichwort Pfizer Gate. Wie steht es damit, dass eine von den EU-Bürgern nicht demokratisch gewählte Ursula von der Leyen mittels SMS beim Pfizer Vorstandsvorsitzenden Albert Bourla Impfstoff-Deals aushandelt? Und wie steht es mit dem Löschen dieser SMS? Und mit der Verweigerung von Transparenz? Natürlich könnte man einwenden, es ging um die Bewältigung eines Notfalls. Aber bedarf es nicht einer Klärung, wenn ein mRNA basiertes Medizinprodukt (MP) vom CAT (Committee for Advanced Therapiesals “Gentechnisches Medizinprodukt” angesehen wird, dank eines “behördlichen Verbotes” aber plötzlich  ein “Impfstoff” sei

    Aber ja: Wenn man dann auch noch bedenkt, dass Ursulas Ehemann Heiko von der Leyen im September 2020 zum medizinischen Direktor des amerikanischen biopharmazeutischen Unternehmens namens Orgenesis ernannt wurde, dann lassen sich Vorbehalte des “Interessenkonfliktes” sicherlich entkräften. Immerhin geht es bei Orgenesis (mit europäischen Außensitz in Belgien) schlichtweg nur um das Organisieren “personalisierter Zell- und Gentherapie [cell and gene therapies (CGTs)]” . Oder in Worten des Unternehmens:

    “Unlocking the Potential of Cell and Gene Therapy for All” [„Das Potenzial der Zell- und Gentherapie für alle freisetzen“]

    Mit anderen Worten. Es geht um den “sviluppo di terapia genica e farmaci con tecnologia a RNA”, wofür sich die MedUni Padova seit Mitte 2022  hervortut. Natürlich ist nichts daran zu beanstanden, dass Orgenesis,  "specializzata in terapie cellulari e geniche e in prima linea proprio nella realizzazione dei vaccini anti-Covid [!] a Rna", mit seinem medizinischen Direktor Heiko von der Leyen ein Ausschussmitglied in Paduas Stiftung stellt. Die 320 Millionen Euro aus Ursulas bzw.  Gentiloni’s PNRR, die an die universitäre Forschung in diesem Feld gehen, dienen auch nur dem Fortschritt.

    Das ist Europas Zukunft.

  • Fehlende Transparenz

    Während erst noch geklärt werden muss, “welches Gericht für den Fall [Ursula von der Leyen] zuständig sein wird”, tretet  Ursula von der Leyen erstmal unbehelligt als “Spitzenkandidatin” der EVP an. Wer SVP/Herbert Dorfmann oder Forza Italia wählt, weiß was er/sie/es bekommt. “Es geht um etwa die Hälfte jener ca. 71 Milliarden Euro an  Steuergeldern, die die EU für den zentralen Ankauf von Coronaimpfstoffen ausgegeben hat” [ Arte Doku “Europa in der Korruptionskrise” Min. 60].

    “Ursula von der Leyen als Person hat eine lange Geschichte, Transparenz zu vermeiden” (Alexander Fanta, Investigativjournalist)

    Die zypriotische Gesundheitskommissarin  Stella Kyriakides soll den Impfstoff für alle Eu Bürger zentral beschaffen. Es soll keinen Wettlauf zwischen den Eu Staaten geben. Doch die Beschaffung ist schleppend, [...]. Ursula von der Leyen macht deshalb die Impfstoffe zur Chefinnensache” [Min. 62] . Im April 2021 führte  Albert Bourla, Vorstandsvorsitzender des Pfizer Konzerns mit Hauptsitz und Forschungszentrum in Brüssel,   die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen persönlich durch die Produkionsanlagen.

    Überall rankte die Aufschrift  “SCIENCE WILL WIN” . Ursula bedankte sich mit “lieber Albert” [Min. 63] und verkündet stolz: “Mitten in einer nie dagewesenen medizinischen Krise ist Europa weltweit führend bei den Impfstoffen und wird sie dem Rest der Welt zur Verfügung stellen”.  1,8 Milliarden Impfdosen bestellte die Eu vertraglich bei Pfizer. Das sind 4 Dosen pro Einwohner, Kinder mitgezählt. Die zentralistisch und nicht ganz unwillkürlich  ausgebrütete Idee  ist also klar. Die Zielsetzung schoss jedoch weit über die reale Notwendigkeit hinaus.

    Schätzwert des SMS Deals bei angenommenen 20 € je Dosis: 36 Milliarden Euro.

  • Die Sozialdemokratie (PD) und die Menschenrechte

    Auch wenn die Nachrichten um Ursula von der Leyen recht frisch sind. Die Öffentlichkeit der “Qualitätsmedien” versteht es  recht gut, all diese Themen in Nischen versteckt zu halten.  Ob  Ignorieren bzw. Vergessen die Devise ist? So scheint auch ein anderer Skandal bereits vergessen zu sein. Ein Skandal, der mindestens zwei (damalige) Exponenten des PD umfasst hatte sowie weitere Mitglieder der  europäischen Sozialdemokraten (S& D), zweitstärkste Fraktion im Europäischen Parlament. Das sog. Katargate

    Hierzu recherchierte Politico, wobei sich Investigativjournalist Eddy Wax vorkam “wie ein Verschwörungstheoretiker [!] mit den Klebezetteln und den roten Fäden an der Wand”, die ein “großes Netzwerk” aufzeigen. Seine Kollegin Elisa Braun meinte zu diesem “einmaligen” Fall: Es zeige, wie das Europäische Parlament funktioniere “und wie es von anderen Staaten beeinflusst wird”. Beide Journalisten leisten einen wesentlichen Beitrag zum Arte Doku “Europa in der Korruptionskrise”, der erst vor Kurzem neu ausgestrahlt wurde [Zitate aus Minute 9:30].

    Die Rede ist von Pier Antonio Panzeri aus Riviera D’ Adda [2009-2014/ 2014-2017 PD, S&D Fraktion], der “als mutmaßlicher Pate des Korruktionsrings inhaftiert” wurde. Sowie von Andrea Cozzolino aus Napoli [ seit 2009 PD, S&D Fraktion], der “festgenommen und unter Hausarrest gestellt” wurde. Und nicht zuletzt von weiteren drei Verdächtigen, u.a. Maria Arena, belgische Sozialdemokratin [S&D Fraktion], beste Freundin von Panzeri, die  “ als verdächtige verhört” wurde und Eva Kaili, griechische Sozialdemokratin, die bis Dezember 2022 Vizepräsidentin des EU Parlaments war, und mit Panzeri`s rechter Hand Francesco Giorgi eine de facto Familie bildet. [Zitate aus Min. 2.30]

  • Eu finanzierte NGOs und traurige Hintergründe

    Es war Pier Antonio Panzeri, der nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament mit seinem Kollegen Niccolò Talamanca eine “Menschenrechtsorganisation gründen” wollte. Der Name des NGO sollte Programm sein: “fight impunity” . Die Forderung: Straffreiheit, die Täter mit Macht und Geld für sich erwirken können, sollte bekämpft werden. Ein unverdächtiges und nobles Ziel.  Wenn da Panzeri’s besondere Beziehungen zum Schlüsselland der Migrationskrise, Marokko [Min. 12 ff], nicht zu auffällig gewesen wären. Oder jene zu Mauretanien, Kuwait und  Katar.

    In Katar stand Panzeri im engen Kontakt mit dem einstigen Chef des  "Menschenrechts Komitees"  (NHRC), Al Mari. “Panzeri kennt ihn aus der Zeit, als er selbst Eu Menschenrechts Chef war. Eine humanistische Internationale, die sich jetzt bezahlt machen soll” [Min. 15.30]. Als Arbeitsminister bekam Al Mari ein “PR Problem. Auf seinen Baustellen für die Fußball Weltmeisterschaft sterben zu viele sklaven ähnlich beschäftigte Arbeiter”. Alles kein Problem, dachte sich wohl Antonio Panzeri . Er und sein langjähriger Assistent Francesco Giorgi brieften Al Mari für seine Rede, die dieser 6 Tage vor WM Beginn vor dem EU Menschenrechtsausschuss halten sollte.

    Die Ausschuss Sitzung wurde von Maria Arena, Panzeri`s bester Freundin, geleitet. Die Opfer- Karte, die Al Marri gemäß Briefing durch Panzeri und Giorgi zog, ist eine typisch linke.  Die Karte “Hassrede und Rassismus”. “Es gab bedauerlicherweise Medien, die Katar als Terroristen dargestellt haben”, so Al Marri, bevor er von "Hassrede und Rassismus gegen Katar und das katarische Volk" sprach, gegen die er sich wehren werde. Indes lobte Eva Kaili, Partnerin von  Panzeri`s rechter Hand Francesco Giorgi, im Eu-Parlament das Land Katar. Es sei ein “Vorbild in Arbeitnehmerrechten [...] und Mindestlohn” [Min. 25]

  • Korruption: Koffer voller Geld und vieles mehr

    Das Briefing des Al Marri fand in einem Steigenberger Hotel statt. Panzeri und Giorgi verließen daraufhin das Hotel mit deutlich prall gefüllten Koffern. Die Polizei fand bei Panzeri schon bald einen Koffer voll Geld, handelte aber erstmal nicht. Am 9.12.2022 startete sie dann eine großangelegte Razzia. Beginnend mit der Wohnung von Panzeri. Dort fanden sie über 600.000 € in Bargeld. Eva Kaili wurde darauf aufmerksam und entdeckte -laut eigenen Aussagen- in ihrer gemeinsamen Wohnung mit Giorgi einen ihr angeblich unbekannten Koffer voller Geld. Dieser konnte wohl nur von Panzeri sein.

    Also bat sie ihren eigenen Vater, der gerade in der Stadt war, den Koffer mit zu nehmen und ihn bei Gelegenheit an Panzeri zu überreichen. Dumm nur, dass die Polizei dies mitbekam und den Koffer mit über 700.000 € beim Vater beschlagnahmte. Außerdem fand die Polizei in der gemeinsamen Wohnung von Kaili und Giorgi weitere über 150.000 € Bargeld. Dieses hätte Giorgi aber nachweisbar von seiner Bank abgehoben. Insgesamt wurden also über 1,5 Millionen € in Bargeld beschlagnahmt.

    Das Resultat der Razzia: Plötzlich gab es eine unverhältnismäßig hohe Rate an offzizell gemeldeten “Geschenken”, die EU-Parlamentariern zu Teil geworden waren. Abrufbar auf der offiziellen Seite des EU-Parlaments [Min. 51 ff]. “Auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola [von den Christdemokraten (EVP Fraktion)] hat 125 Geschenke nach Ablauf der Frist rasch nachgemeldet. Angeblich war es ein Versehen einer ihrer Assistentinnen”. Nick Aiossa von „Transparency International“ spricht von einer “Kultur, in der man das so ungestraft hat laufen lassen, Jahrzehnte lang, Jahrzehnte lang ” . Und  daher sei sie schwierig zu ändern, zu reformieren.

  • “Kultur der Saktionslosigkeit”

    Diese Kultur der Saktionslosigkeit ist nicht nur auf das Parlament beschränkt. Sie existiert auch in der Eu Kommission. Die Kommission ist die Regierung der Europäischen Union. Die Deutsche Ursula von der Leyen ist die Regierungschefin. Ihre Minister werden Kommissare genannt. 32.000 Mitarbeiter arbeiten für sie. Henrik Hololei [bekleidet  den Rang eines Generaldirektors, also in etwa den eines Staatssekretärs. Der frühere estnische Wirtschaftsminister war [bis April 2023] Chef der Generaldirektion Mobilität und Verkehr.” [Min 53]

    Als solcher verhandelte er für Katar eine besonders vorteilhafte Aufbesserung der Konditionen aus. Aus der begrenzten Anzahl erlaubter Flüge und Flughäfen, die von Qatar Airways angeflogen werden konnten, wurde ein Abkommen, das ab Winter 2024-25 jede Begrenzung aufheben sollte. Das Abkommen wurde später zwar wieder zu Fall gebracht. Angeblich war es praktisch aber schon in Kraft. Ob die 9 Gratisflüge nach Doha und zurück in Business Class sowie die  kostenlosen Aufenthalte in Luxushotels, die Henrik Hololei der Kommisssion nicht gemeldet hat, eine entsprechende Gegenleistung darstellten? Kein Problem: Es genügt, wenn Hololei sich selbst bescheinigte, dass kein Interessenkonflikt vorliege [Min 58]

    Doch warum dieser Deal mit Katar? Gibt es hier etwa auch einen Zusammenhang mit den Öl- und Gas-Deals, die im Rahmen des Ukrainekrieges und der Russlandsanktionen so ziemlich in derselben Zeit abgeschlossen wurden? Und schon sind wir bei der Russlandfrage und zurück bei Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich in diesem Konflikt nahezu so präsentiert, als wäre sie Bidens Pendant in Europa. Die Ironie des Schicksals: War Ursula von der Leyen  bereits als deutsche Verteidigungsministerin  pro Waffenlieferungen ins Ausland (Mali, Irak), so generiert sie sich seit 2022 in ähnlicher Weise als Verteidigerin Europas in der Ukraine.

  • Die Ukraine und das Eu-Parlament

    Was die weiteren Spitzenkandidaten der Eu-Parlamentswahl betrifft, die sich unlängst in einer Live-Debatte im Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Brüssel präsentierten: In einem sind sich  die meisten einig. Nämlich in der gemeinsamen Haltung gegenüber der Ukraine bzw. Russland. Sandro Gozi (Italia Viva), Spitzenkandidat für Macron’s Fraktion Renew Europe Now, steht nicht nur für “Stati Uniti d’Europa”, sondern - entsprechend dem Vorbild USA- auch für eine “Europäische Verteidigungsindustrie” [Minute 18:00]

     Die Spitzenkandidatin der Grünen, die deutsche Terry Reintke (European Greens), spricht sich für einen Europäischen Fond für Verteidigung aus und beschönigt das Ganze, wie Sandro Gozi, indem sie das Thema mit der Förderung von Bildung verquickt. Der Spitzenkandidat der Linken, der Österreicher Walter Beier, nimmt zu dieser Frage indes keine Stellung. Kurz: Zählt man die FdI von Giorgia Meloni, mit der Frau Ursula von der Leyen bereits Zusammenarbeit in Aussicht gestellt hat, hinzu, so gibt es im EU-Parlament einen großen Zuspruch zur Ukraine und ihrem Präsidenten. Sowie, möglicherweise, zum dortigen Rechtsruck.

    Die bereits erwähnte Präsidentin Mentsola empfing  im Februar 2023 Selenskyj im Eu-Parlament.  Dieser wurde mit Standing Ovations empfangen  [Min 8:30] . Als der ukrainsiche Präsident  das Parlament mit dem  ukrainischen Kriegsruf “Slava Ukraini” [Min 8:55] begrüßte,  schallte aus den Reihen der Eu-Parlamentarier “Heroyam Slava” zurück: “Den Helden Ehre/Ruhm”. Dem Selenski kamen vor Rührung die Tränen [Min. 8:58]. Mir persönlich kam das Entsetzen. Ob der faschistoiden Haltung und Ignoranz im Eu-Parlament bezüglich des ukrainischen Heldenkults.

    Ein Beispiel der "Heldenverehrung" in Gestalt des Bandera unter den rot schwarzen Fahnen des Rechten Sektor liefert der You Tube Kanal "Sturmbericht", der eine Reihe ultrarechter Kanäle verlinkt und mit dem selben Symobl aufwartet wie die Karpatska Sich. Bei diesen hört sich die Verehrung der Helden und Ihrer Symbole u.a. so an (S. Test zum Video) : "Wir erinnern uns an unsere Wurzeln und unsere Abstammung, das inspiriert uns, ihre Arbeit fortzusetzen." Doch was war deren Arbeit?

  • “Slava Ukraini, Heroyam Slava”

    Abgesehen vom ukrainischen Präsidenten Selenski, der im Jahr 2022 das "Karpatska Sich" genannte Paramilitär (mit der SS als Vorbild seit 1939) in den Status einer offiziellen Bodentruppe erhoben hat [49. Infanterie Battalion]. Und zwar just nachdem dieses sich in Irpin und in dem für zivile Opfer [mit weißen Armbinden] bekannt gewordenen Bucha bewährt hatte (Die genannten Kampfhandlungen sind im verlinkten Wikipedia Artikel gelistet). Abgesehen davon, dass sich diesen Truppen englisch- und spanisch sprachiger Fremdenlegionäre anschlossen, scheinen die Ukraine und  ganz Europa viele Dinge einfach  vergessen zu haben.

    Beispielsweise, dass die Sich 1939 jüdische und prorussische Bevölkerung angegriffen hätte und "600 Sich-Veteranen" beim deutschen Überfall auf Polen mitmachten. Dass in dem von ihnen mit erkämpften südpolnischen Galizien bei Krakau eine ganz neue Seite aufgeschlagen wurde. Nämlich die offizielle Etablierung ihres Schlachtrufes "Heroyam Slava", der sich in den 30ern als ein faschistischer entwickelt hatte. [Titel Geschichte, Untertitel "Zweiter Weltkrieg"]: "Im April 1941 trennte sich der jüngere Teil der OUN im deutsch besetzten Krakau und gründete eine eigene Organisation, die nach ihrem Anführer Stepan Bandera OUN-B genannt wurde ." 

    Die Gruppe salutierte im faschistischen Stil und rief „Ehre sei der Ukraine!“ und antwortet mit „Ehre sei den Helden!“. [18] [19] [20] [11] (englische Wikipedia)

    1943 bildete die OUN-M Gruppe rund um Andrij Melnyk  die 14. Waffen-Grenadier-Division der SS (galizische SS-Division Nr. 1).  An dieser Stelle bitte nicht den Namen Andrij Melnyk mit dem gleichnamigen ukrainischen Botschafter verwechseln, der bei "Jung & Naiv" den Stepan Bandera Kult verteidigt hat. Auch wenn der erste wissenschaftliche Biograph des Stepan Bandera, Grzegorz Rossoliński-Liebe (Biographie von 2014), gegenüber der Sendung "Jung & Naiv" bestätigte, dass der "Heroyam Slava" Gruß als ein faschistischer zu sehen sei, so scheint das niemanden zu interessieren. Auch nicht, dass die Karpatska SICH, die Selenski in die Bodentruppen aufgenommen hat, ausdrücklicher Teil des Rechten Sektors (Pravyi Sektor) sind. 

  • Rechtsruck in der Ukraine

    Der Rechte Sektor ist übrigens ein Verbund Rechtsextremer, der von der SozialNationalen Versammlung  mitbegründet worden war. Letztere wurde zur Svoboda Partei und ging nach erfolgreichem Euromaidan 2014 ins Paramiltär der  Asoveten (heute ein Angriffsbattalion) auf. Dass dieser Rechte Sektor maßgeblich sowohl auf den Straßen als auch in der vermeintlichen Aufarbeitung der Massaker am Maidan beteiligt war, muss wohl nicht interessieren: "The co-founder of Svoboda, Andriy Parubiy, acted as a “security commander” during the protests and commanded the attacks of the Right Sector." (Quelle: Snipergate: who ordered the shootings on Kyiv's Maidan? ). Ebenso wenig wie der Fakt, dass der Svoboda Mann an der Spitze der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, Oleg Machnitzk,  die Liste der vermeintlich Schuldigen lieferte.

    Selenskyi wollte "den rechtsextremen Serhij Sternenko zum Chef des ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU) in Odessa [...] ernennen, um sein Bündnis mit Neonazi-Kräften zu stärken. Als ehemaliger Leiter des neonazistischen Rechten Sektors in Odessa war Sternenko direkt in das Massaker im Gewerkschaftshaus im Jahr 2014 verwickelt , bei dem 46 Menschen getötet wurden []. Er ist ein verurteilter Krimineller und wird derzeit wegen Mordes untersucht." (Quelle)

    Doch die Grünen und CO sehen die Faschisten nicht in der Ukraine, sondern in den Eu-Parlaments Fraktionen EKR und ID.

  • M5S Süditrol Kandidat Diego Nicolini

    Es verwundert mich daher schon sehr, dass ausgerechnet ein italienisch sprachiger Kandidat die Ähnlichkeit der Verhältnisse zwischen Südtirol und dem Donbass erkennt, nicht jedoch die Vertreter von SVP usw.: "Ich finde das auch ein bisschen komisch: Weil in der Donbass Region war es ähnlich wie in Südtirol. Es gibt eine große sprachliche  [russische] Mehrheit, die unter Druck gesetzt wurde. Und es gibt kein Verständnis oder wenig Verständnis für diese Leute. Da war ein langjähriger Krieg. [...]

     "Unser industrieller Komplex will den Frieden nicht; und der kontrolliert auch die Komunikation." "Wenn wir jetzt die gesamte Ökonomie, Wirtschaft, sehen in Europa, gibt es  eine große Welle vom comparto di difesa [...] die anderen Industrien sind schwach. Und das macht uns viele Sorgen" [Rai "Am Runden Tisch vom 3.06.2024 gegen Ende der Sendung]. 

    Auch ich persönlich sorge mich. Nicht nur vor der blauen EVP- und der roten S&D Fraktion, ob der Willkür und Korruptionsanfälligkeit. Nein, ich sorge mich auch vor den "gelben" Befürwortern einer europäischen "Verteidigungsindustrie" [Sandro Gozi von Italia Viva bzw. Macron's Fraktion Renew Europe Now, zu der sich auch "Eurofighterin" Strack Zimmermann (FDP) und Calenda (Azione) und somit  Paul Köllenperger (Team K) bekennen] sowie vor den Grünen, die mit ihren deutschen SpitzenpolitikerInnen alles andere als Friedensverhandlungen vor Augen haben, sondern nur das Mantra:

     “wir müssen in der Ukraine siegen”

    Lieber sind mir da die Fraktionslosen, zu denen die Vertreter des M5S zählen.

  • Rechtsruck zusammen mit der Ukraine

    Der wirklich gefährliche Rechtsruck findet in der Ukraine statt. Seit 2014 sogar mit freundlicher Unterstützung durch die USA und die EU. Mittlerweile sogar durch jene Partei, die 2019 DIE Gewinnerin der EU-Parlamentswahlen war und bundesdeutschen Wahlkampf mit dem Motto betrieben hatte: Keine Waffen in Krisengebiete.  Doch bald darauf meinte Außenministerin Annalena Baerbock: "We are fighting a war against Russia [...]"

    Vor rechtsextremen Gruppen mit europäischen Waffen [u.a. russischer Herkunft oder mit Neonazis an der Spitze, wie Denis Kapustin vom russischen Freiwilligenkorps (RVC) ] sorge ich mich mehr als vor  sog. "Champagner-Nazis". Ich glaube auch nicht, dass die Russen "bis zur Berliner Mauer" [unkommentierte Übersetzung der ARD einer PR(opaganda) Rede des Selenskyi zu Anfang des Krieges] vorrücken würden; ja nicht mal bis an irgendeine NATO Grenze. Wohl aber würden die Asoveten, wenn sie könnten, bis an den russischen Don vorrücken wollen wie 1918 die Reichsdeutschen (Operation Faustschlag), die daraufhin erstmals die Ukraine als Staat begründet haben (Geburt des Rufes "Slava Ukraini"). Und wenn möglich bis ins russische Kuban Gebiet, wie einst die Nazis. Ob die EU/NATO etwas dagegen hätten, die auch Georgien aufnehmen möchten?

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Manfred Gasser Do., 06.06.2024 - 12:25

Antwort auf von Martin Tarshito

Ehrlich jetzt? Ich soll einen Politiker wählen, der gegen die Gleichstellung der deutschen Sprache bei Ärzten im Krankenhaus ist? Eine Partei, die mit Simonetta Lucchi eine Frau auf ihrer Liste hat, die sich hier sehr deutlich positioniert hat.
Kann ich leider nicht, als linksliberaler Freigeist ist mir das unmöglich.

Do., 06.06.2024 - 12:25 Permalink