Wirtschaft | Covid-19-Beiträge

Südtiroler Verlängerung

Nachdem der Bauernbund im August den staatlichen Corona-Verlustbeitrag versemmelt hat, bessern jetzt die SVP-Parlamentarier in Rom nach. Es wird eine Nachspielzeit geben.
Bargeld
Foto: Pixabay
Es gibt eine Redensart mit der die Mentalität wohl am besten beschrieben werden kann: „Wenn das Geld auf der Straße liegt, dann nimmt man es eben mit“. Es ist ein Spruch, den man in Südtirol weidlich umzusetzen weiß, wenn es um öffentliche Beiträge geht.
Doch jetzt ist etwas passiert, was es eigentlich nicht geben darf. Der mächtigste Verband im Land, der Südtiroler Bauernbund, hat es nicht mehr geschafft, das auf der Straße liegende Geld für seine Mitglieder einzusammeln.
Eine Katastrophe, die umgehend eine politische Korrektur erfordert. Zuständig dafür sind die SVP-Parlamentarier, die am Dienstag im Senat und noch diese Woche in der Kammer den Schnitzer ausmerzen werden.
 

Der Verlustbeitrag

 
Im sogenannten „decreto riIancio“, das im Mai 2020 erlassen wurde, ist ein staatlicher Covid-19-Verlustbeitrag für Unternehmen und Inhabern von Mehrwertssteuernummern, die ihr Einkommen aus selbstständiger Arbeit oder aus der Landwirtschaft beziehen. Gesellschaften bekommen 2.000 Euro, Einzelunternehmen 1.000 Euro. Zwingende Voraussetzung dafür ist aber, dass man im April 2020 einen Rückgang des Umsatzes von mindestens einem Drittel im Vergleich zum April 2019 nachweisen kann. Die Anträge müssen bei der Agentur für Einnahmen eingereicht werden.  Der letzte Abgabetermin für die Gesuche war der 13. August.
Gleichzeitig hat der Staat aber eine Ausnahme festgelegt. Für all jene Gemeinden, die bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise, offiziell zum Notstandsgebiet erklärt wurden, haben die Antragssteller unabhängig vom Umsatzrückgang Anrecht auf diesen Beitrag.
 
 
Das Problem dabei: Lange Zeit hat niemand gemerkt, dass diese Ausnahmeregel auf ganz Südtirol zutrifft. Denn sowohl Südtirol als auch das Trentino wurden nach dem Sturmtief „Vaia“ im Herbst 2018 als Notstandsgebiet eingestuft.
Im Trentino war man schneller. Am 5. August kommuniziert Landeshauptmann Maurizio Fugatti der Agentur der Einnahmen, dass das gesamte Trentino als Notstandgebiet eingestuft sei. Das erleichtert den Antragstellern ihr Gesuch einzureichen. Die Wirtschaftsberater und die Verbände teilen ihren Mitgliedern umgehend mit, dass sie auch ohne Umsatzrückgang ansuchen können. Vor allem die Coldiretti, der gesamtstaatliche Bauernbund, wirbt unter seinen Mitgliedern für den Verlustbeitrag.
In Südtirol bekommt man davon wenig mit. Kaum jemand denkt daran, dass diese Ausnahmeregelung auch für Südtirol gilt. Als man aus dem Trentino darauf aufmerksam gemacht wird, ist die Zeit äußerst knapp. Erst am 11. August schickt Landeshauptmann Arno Kompatscher  ebenfalls eine solche Erklärung an die Agentur der Einnahmen.
Einige Verbände reichen in den verbleibenden zwei Tagen noch hunderte Ansuchen von Mitgliedern ein. Der Südtiroler Bauernbund schafft es in den Mittsommertagen aber nicht die Nachricht seinen Mitgliedern noch rechtzeitig zu kommunizieren.
 

Der Abänderungsantrag

 
Als die Tageszeitung Anfang September das Schlamassel öffentlich macht und zudem enthüllt, dass Bauernbundobmann Leo Tiefenthaler privat sehr wohl um den Verlustbeitrag angesucht hat, beginnt man sich den Schwarzen Peter gegenseitig zuzuschieben. Die Vorwürfe: Der Landeshauptmann habe zu spät der Agentur für Einnahmen geschrieben oder der Bauernbund habe geschlafen und damit Südtirols Bauern um 20 Millionen Euro gebracht.
Sicher ist: Alle Beteiligten haben keine besonders gute Figur gemacht.
 
 
Es gibt eine Gesetzesinitiative in Rom, den Einreichtermin zu verlängern“, sagte Arno Kompatscher damals. Was er nicht sagt: Diese Initiative kommt von der SVP.
Im Senat hat am Montag, die Verabschiedung des Gesetzes zur Unterstützung und der Wiederbelebung der Wirtschaft begonnen. Der Bauernbund-Referent in Rom Meinhard Durnwalder hat zusammen mit den beiden SVP-Senatoren Dieter Steger und Julia Unterberger, sowie dem Aostaner Fraktionskollegen Albert Laniece zu diesem Gesetz einen Abänderungsantrag eingebracht. Es ist eine Ausnahmebestimmung, mit der der Einreichefrist für den Verlustbeitrag wieder neu eröffnet werden soll. Die Regelung gilt ausschließlich für Berggebiete, die als Notstandgebiete eingestuft wurden, bisher aber nicht in der entsprechenden Liste der Agentur für Einnahmen aufscheinen. Besser kann man eine Ausnahmebestimmung kaum auf Südtirol zuschneiden. Die Bestimmung sieht vor, dass die Frist für die Ansuchen aus Südtiroler kurzerhand wiedereröffnet wird.
Der Abänderungsantrag wurde vergangene Woche in der Finanzkommission des Senates genehmigt. Am Montag hat die Generaldebatte in der Aula des Senats begonnen. Weil die Regierung aber auch bei diesem Gesetz die Vertrauensfrage stellt, ist längst klar, dass der Abänderungsantrag genehmigt wird. In den nächsten Tagen wiederholt sich dann in der Kammer dasselbe Schauspiel.
Am Ende wird man den sommerlichen Schwächeanfall des politisch stärksten Südtiroler Verbandes in Parlament korrigieren können. Der angenehme Nebeneffekt: Auch Nicht-Bauern werden von diesem römischen Schachzug profitieren.
Vorausgesetzt man sagt es ihnen diesmal rechtzeitig.