Gesellschaft | Drusus-Kaserne

„Kein Kavaliers-Delikt“

Wusste Dieter Pinggera davon, dass das Denkmalamt die „Palazzina Commando“ erhalten wollte? Das sagt zumindest Landeskonservatorin Karin Dalla Torre.
Karin Dalla Torre
Foto: LPA
Salto.bz.: Gestern wurden am Kasernen-Areal in Schlanders die Bagger aufgefahren und Abbrucharbeiten an der Palazzina Commando, dem sogenannten Kommandogebäude, und der Palazzina Misurata durchgeführt. Wurden Sie über diesen Schritt informiert?
 
Karin Dalla Torre: Nein, ich wurde nicht darüber informiert. Ganz im Gegenteil, ich habe mit Bürgermeister Dieter Pinggera persönlich vereinbart, dass wir die Ergebnisse der Bauforschung abwarten, die über das gesamte Areal durchgeführt wird und die ich mit seiner Zustimmung in Auftrag gegeben habe. Auch für den Fall, dass derartige Gebäude eines Tages abgerissen werden, muss eine Dokumentation vorgenommen werden.
 
Was wird in dieser Dokumentation erhoben?
 
Bauhistorische Untersuchung bedeutet, dass jedes Gebäude vermessen und bis ins Detail – auch die Außenflächen – beschrieben werden. Weiters werden in den Militärarchiven die entsprechenden Unterlagen eingeholt, um ein Gesamtbild zu erhalten. Zudem werden sämtliche Gebäudeteile fotografisch erfasst und zusätzlich historische Fotos gesammelt. Diese Arbeit bildet die wissenschaftliche Basis für die weiteren Entscheidungen.
 
 
 
Angeblich gab es eine Vereinbarung zwischen Ihnen und Bürgermeister Pinggera, den Abschluss der Untersuchung abzuwarten, bevor irgendwelche Baumaßnahmen erfolgen sollten.
 
Richtig. Sobald die Ergebnisse vorgelegen hätten, hätten wir uns gemeinsam an einen Tisch gesetzt und über die weiteren Schritte beraten. An diese Vereinbarung hat sich Bürgermeister Pinggera allerdings plötzlich nicht mehr gehalten. Das ist schade, denn ich habe auf diese Vereinbarung vertraut.
 
Bürgermeister Pinggera argumentiert, dass mit dem Denkmalamt nur über eine Dokumentation gesprochen worden sei, die aber keinerlei Verpdlichtung hätte darstellen dürfen.
 
Bindend ist diese Bauforschung natürlich nicht, aber es ist eine Grundlage für die weiteren Entscheidungen. Der wichtigste Punkt ist allerdings, dass sich der Eigentümer eines Gebäudes, das älter als 50 Jahre alt ist und sich im öffentlichen Eigentum befindet, bei mir in meiner Funktion als Landeskonservatorin einen Antrag auf Feststellung des kulturellen Interesses stellen muss, wenn er bauliche Veränderungen vornimmt. Dabei handelt es sich noch um keine Unterschutzstellung, sondern die Fachleute des Denkmalamtes begutachten das Gebäude und treffen dann eine Entscheidung. Falls kein kulturelles Interesse besteht, kann es abgebrochen werden. Falls ein kulturelles Interesse besteht, dann erfolgen die weiteren Schritte und das Gebäude darf nicht abgebrochen werden. Diese Maßnahme kann nicht unterbleiben, daran muss sich jeder halten.
 
Falls ein kulturelles Interesse besteht, dann erfolgen die weiteren Schritte und das Gebäude darf nicht abgebrochen werden.
 
Wie ist der Stand der Bauforschung?
 
Sie läuft seit einigen Monaten, ist aber noch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse liegen also noch nicht vor. Diese hätte ich gerne dazu genutzt, um den Bürgermeister davon zu überzeugen, zumindest jenes Gebäude, die Palazzina Commando, das abgerissen hätte werden sollen, zu erhalten. Erhalten bedeutet dabei noch kein unter Schutz stellen. Mein Anliegen war und ist es, einen offenen und transparenten Dialog mit jenen Personen zu führen, die mit dem Denkmalamt zu tun haben. Ich hatte gehofft, noch Überzeugungsarbeit leisten zu können.
 
Bürgermeister Pinggera war also in Kenntnis davon, dass das Denkmalamt der Meinung war, dass das betreffende Gebäude erhalten werden sollte?
 
Das habe ich ihm mehrmals in den verschiedenen Gesprächen mitgeteilt. Ich habe ihm erklärt, dass ich dieses Gebäude für bedeutend halte.
 
Man kann nicht einfach die Bagger im Dunkeln auffahren lassen.
 
Sie haben inzwischen einen Abbruch-Stopp erwirkt. 
 
Es kommt öfters vor, dass den Menschen nicht bewusst ist, dass Kulturgüterschutz und die entsprechenden Regelungen ganz klar und auch sehr strikt sind. Der unrechtmäßige Abriss eines Gebäudes ist kein Kavaliersdelikt. Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein technisches Kulturdenkmal, es gehört zur Geschichte von Schlanders und ist architektonisch bedeutend. Es liegen hier mehrere Aspekte vor und man kann nicht einfach die Bagger im Dunkeln auffahren lassen.
 
Wie sehen die nächsten Schritte aus?
 
Der nächste Schritt besteht konkret in einem gemeinsamen Lokalaugenschein. Ich muss mich erst von den Schäden überzeugen, diese müssen erhoben werden und dann wird eine Entscheidung über die nächsten Maßnahmen getroffen. Dafür bleiben in diesem Verfahren 30 Tage Zeit.