Gesellschaft | Rehabilitation
Projekt Patternhouse
Foto: Salto.bz
In der Fachliteratur ist man sich schon lange darüber einig, dass eine Abkehr von der reinen Beschäftigungsthearpie hin zu zeitgemäßeren Therapieformen für Menschen mit psychischen Erkrankungen stattfinden muss, erklärte Verena Perwanger, Primarin des psychiatrischen Dienstes der Sanitätseinheit Meran, bei der heutigen (6. April) Vorstellung des Projektes „Patternhouse“. Anstatt Dinge zu basteln, die keinen Zweck erfüllen und niemanden interessieren, stellen die Patienten in der Kreativwerkstatt des „Hauses Basaglia“ hochwertige Produkte her, in diesem Fall bestickte Stoffkissen, die anschließend vermarktet und verkauft werden.
Gemeinsam mit Primarin Perwanger, Evi Pitscheider, Schneiderin und Expertin, für textiles Recycling, und Eva Maria Innerhofer, ärztliche Leiterin des Hauses „Basaglia“, stellte die Designerin Martina Drechsel das Projekt im „Hotel Laurin“ vor. Mitgebracht hatten die Initiatorinnen zahlreiche Anschauungsobjekte sprich bunte Kissen sowie andere Handarbeiten.
Die von der Bozner Designerin Drechsel kreierte Methode „Patternhouse“ wurde ursprünglich für die Patienten der im „Haus Basaglia“ integrierten Kreativwerkstatt entwickelt. Ziel war es, einen Arbeitsprozess zu schaffen, der sich unabhängig von den handwerklichen Fähigkeiten an die verschiedenen Bedürfnisse der Patienten anpassen kann. Trainiert werden damit visuelle Aufmerksamkeit, räumliches Denken, Ausdauer, Konzentration, Entscheidungsfähigkeit, Kommunikation und motorische Fähigkeiten. Aber auch das Selbstwertgefühl und der Stolz der Patienten auf ihre Fähigkeiten werden gestärkt, wenn sie beispielsweise auf Instagram Bilder ihrer „Werke“ sehen.
Wie Drechsel erklärte, sei es ein langer Prozess gewesen von den anfänglichen Versuchen mit verschiedenen Materialien und Verarbeitungsformen bis hin zur beinahe serienmäßigen Fertigung eines bestimmten Produktes. Dabei habe das Projekt „oft auf der Kippe“ gestanden.
Was ist wie möglich?
Im Zentrum stand die Frage „Was ist wie möglich?“, erklärte die Designerin. Es musste nämlich nicht nur ein Produkt designt werden, sondern auch der Weg dorthin.
Nach mehreren gescheiterten Versuchen entwickelte Drechsel das Konzept, in dessen Mittelpunkt das Entwerfen von Mustern steht. Einfache grafische Formen wie Quadrat, Dreieck, Kreis oder Zickzack-Muster dienen als Grundbausteine, die im Spiel mit den Farben die Gestaltungsbasis bilden. Die Muster werden mit Farbe, Zwirn oder Garn auf den Stoff übertragen, welcher anschließend zu einem Kissen genäht wird.
Mithilfe eines Workflows, bestimmte Arbeitsabläufe werden trainiert und eingehalten, lernen die Patienten strukturiertes Arbeiten. Am Anfang steht dabei das Kopieren von Mustern, gefolgt vom Kolorieren und dem Übertragen auf die Stoffteile. Bereits in der Entwicklungsstufe des Projekts sei eine Veränderung bei einigen Patienten erkennbar gewesen, erklärten die Betreuerinnen. „Bemerkenswert war, mit welcher Hingabe sie sich der Aufgabe gewidmet haben“. Das Projekt Patternhouse ist somit ein Modell, das auch auf andere Rehabilitationsstrukturen und Einrichtungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen übertragbar ist.
Inzwischen werden die „Patternhouse-Kissen“ erfolgreich in Designläden verkauft. Der Erlös kommt wiederum zu hundert Prozent der Initiative zugute.
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