Politik | Wohnbaureform

„Keine positive Entscheidung“

Die Landesregierung will mit Regeln gegen Airbnb & Co. mehr Wohnraum für Einheimische sichern. Rom bremst. Die Landesräte Luis Walcher und Ulli Mair verteidigen die Reform und hoffen auf eine Einigung. Südtirols Wohnungsnot sei ein reales Problem.
airbnb-Broschüre
Foto: John Tekeridis, pexels
  • Mit der Wohnreform 2025 wollte die Südtiroler Landesregierung unter anderem der ausufernden touristischen Kurzzeitvermietung über Plattformen wie Airbnb einen Riegel vorschieben. Der Landtag hatte im Juni 2025 ein Gesetz beschlossen, das künftig strengere Vorgaben für diese Form der Vermietung vorsieht. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Tätigkeit professionell und auf maximal ein Gebäude begrenzt ist. Ziel sei es, so Landesrat Luis Walcher, dem Wohnraummangel für Einheimische entgegenzuwirken und bis zu 6.000 Wohnungen wieder dem lokalen Markt zuzuführen.

     

    „Eines der vom Gesetz vorgesehenen Instrumente droht wegzufallen.“ 

     

    Diesem Vorhaben wird nun ein Riegel aus Rom vorgeschoben. Der Ministerrat hat auf Vorschlag von Regionenminister Roberto Calderoli beschlossen, das Gesetz in Teilen anzufechten. Landesrätin Ulli Mair spricht von einem Rückschlag: „Es handelt sich sicherlich um keine positive Entscheidung, da dadurch im Bereich zur Eindämmung der Kurzzeitvermietungen eines der vom Gesetz vorgesehenen Instrumente wegzufallen droht.“ 

    Die Regierung in Rom sieht durch das Gesetz vier Verfassungsnormen verletzt: die unternehmerische Freiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz und das Eigentumsrecht. Neben den Artikeln 3, 41 und 42 der italienischen Verfassung verweist Rom auch auf Artikel 117, der die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Staates für Wettbewerb und Zivilrecht vorsieht. Die Landesregierung will nun das Gespräch mit Rom suchen und die angefochtenen Passagen verhandeln.

  • Landesrätin Ulli Mair: „Aus meiner Sicht ist es wichtig, der Regierung die aktuelle Wohnsituation in Südtirol gut zu erklären.“ Foto: Seehauserfoto
  • Widerstand sei absehbar gewesen

    Die Reform ziele darauf ab, Bürgerinnen und Bürger sowie gemeinnützige Wohnbauträger gezielt zu fördern, Verfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen und Wohnraum für Einheimische zu schaffen. Im strittigen dritten Teil geht es um private touristische Vermietung: Wer Wohnungen über Plattformen wie Airbnb anbieten will, soll sich ins Handelsregister oder ein gleichwertiges Register eintragen, eine angemessene Qualifikation nachweisen und die Tätigkeit am Wohn- oder Rechtssitz ausüben. Damit soll die gewerbliche Nutzung klar geregelt werden und langfristiger Wohnraum geschützt werden. 

     

    „Dass es Widerstand gibt, war absehbar.“

     

    Ein Urteil des italienischen Staatsrats vom April 2024 hatte bereits klargestellt, dass nicht-gewerbliche Vermietung von bis zu vier Einheiten nicht durch Verwaltungsvorschriften eingeschränkt werden dürfe. Diese Form sei kein Beherbergungsbetrieb und somit nicht regulierbar. 

    Dass es Widerstand von Seiten bestimmter Interessenvertretungen geben könnte, war für die Landesregierung nicht überraschend. Man habe sich am Rand der rechtlichen Möglichkeiten bewegt, bestätigt auch Landesrätin Ulli Mair. „Dass es Widerstand gibt, war absehbar. Aus meiner Sicht ist es wichtig, der Regierung die aktuelle Wohnsituation in Südtirol gut zu erklären“, betont sie. 

  • Offen für Änderungen im Detail

    „Die persönliche Note soll erhalten bleiben.“: Landesrat Luis Walcher ist für klare Rahmenbedingungen um die hohe Qualität zu sichern. Foto: Seehauserfoto

    Landesrat Luis Walcher verteidigt die Maßnahmen entschieden und auch Mair spricht sich dafür aus, das Gesetzesvorhaben nicht leichtfertig aufzugeben. 

    Die neuen Vorgaben sollen für faire und transparente Rahmenbedingungen sorgen. „Wir möchten klare Voraussetzungen schaffen, unter denen diese Tätigkeit ausgeübt werden darf“, erklärt Walcher. Es gehe nicht um Schikane, sondern um Verbindlichkeit. Besonders wichtig sei der persönliche Kontakt: „Uns ist wichtig, dass Gäste persönlich empfangen werden und bei Fragen eine direkte Antwort erhalten. Die persönliche Note soll erhalten bleiben.“ Ziel sei nicht, Privatvermieter zu verdrängen, sondern das bestehende Modell weiterzuentwickeln. Die hohe Qualität vieler Anbieter wolle man erhalten, aber klar definieren, wer touristisch vermieten darf und unter welchen Bedingungen.

     

    „Die Wohnungsnot sei kein theoretisches, sondern ein konkretes Problem.“

     

    Die Lage in Südtirol sei speziell, betont Walcher. Im Jahr 2024 habe es über 30.000 touristisch genutzte Betten in Wohnungen gegeben – eine Zahl, die laut Walcher auch Rom vorgelegt wurde, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Auch Mair finde es richtig, hier die eigene Position zu verteidigen. 

    In 50 von 116 Gemeinden sei der Wohnbedarf überdurchschnittlich, in 15 besonders ausgeprägt. „Die Wohnungsnot sei kein theoretisches, sondern ein konkretes Problem.“ Während in vielen Teilen Italiens Kurzzeitvermietungen aufgrund von Abwanderung als willkommenes Zusatzeinkommen gelte, habe Südtirol eine völlig andere Ausgangslage so Mair: „Wir in Südtirol haben viel stärker die Problematik einen ausreichenden und leistbaren Wohnraum für die hier ansässige Bevölkerung sicherzustellen.“

     

    „Wir müssen das Gespräch mit Rom suchen und unsere Situation verdeutlichen.“

     

    Trotz der Anfechtung wolle man eine Einigung nicht ausschließen. „Wir müssen das Gespräch mit Rom suchen und unsere Situation verdeutlichen. Vielleicht lässt sich so eine außergerichtliche Lösung finden“, so Walcher. Ziel sei es, strittige Formulierungen zu entschärfen, ohne das Reformziel aus den Augen zu verlieren. Walcher zeigt sich offen für Änderungen im Detail, aber nicht in der Grundhaltung: „Vielleicht finden wir mit kleinen Anpassungen einen Weg, der keine Verfassungsnormen verletzt.“

    Ob der Konflikt vor dem Verfassungsgericht landet oder politisch beigelegt wird, bleibt offen. Klar ist: Der Versuch Südtirols, die Kurzzeitvermietung streng zu regeln, ist zum juristischen Streitfall mit ungewissem Ausgang geworden.

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Stereo Typ Mi., 06.08.2025 - 18:31

Ich weiß, ich mache mir keine Freunde, aber: Die Einwände der Regierung in Rom sind gerechtfertigt. Tatsächlich werden unternehmerische Freiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz und das Eigentumsrecht verletzt.
Nur weil man den Overtourismus ins Land geholt hat und jetzt vor einer Wohnmisere steht, kann man Menschen ihr Recht nicht absprechen, ihre freie Wohnung einige Male im Jahr touristisch zu vermieten. Es handelt sich tatsächlich nicht um einen Beherbergungsbetrieb, und die Tätigkeit darf nicht durch Verwaltungsvorschriften eingeschränkt werden.
Hoffentlich setzt sich die staatliche Regelung durch. Ich habe genug von dieser Kleinstaaterei Südtirols.

Mi., 06.08.2025 - 18:31 Permalink
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Salto User
Oliver Hopfgartner Mi., 06.08.2025 - 20:21

Die in Bozen ersonnenen Einschränkungen für kleine Vermieter sind doch zu 98 % reiner Service für die Hotellobby, die es nicht gerne sieht, dass die Digitalisierung es auch einfachen Leuten mit kleinen Immobilien ermöglicht, direkt am Tourismus ein bisschen zu verdienen.

Ich sehe es daher ähnlich wie Stereo Typ und finde die Einwände aus Rom auch gerechtfertigt.

Mi., 06.08.2025 - 20:21 Permalink
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Christian I Mi., 06.08.2025 - 21:02

Ohne einen ECHTEN und SICHEREN Vermieter-Schutz werden diese Wohnungen halt leer bleiben. Lieber eine super GIS zahlen als die üblichen Problemen mit den Mietern.
Und Hopfgartner bringt eine andere wichtige Seite zum Punkt!

Mi., 06.08.2025 - 21:02 Permalink