salto.music | Houseconcerts

Wohnzimmer und Textsicherheit

Mit Anfang Monat ist die Aktion „24homes“ angelaufen, wir waren - mit einer gewissen positiven Nervosität – bei der Akustik-Premiere der Band The Pusher and the Crab in einer Privatwohnung in Bozen.
24homes, 1.12.2023 The Pusher and the Crab
Foto: Samira Mosca
  • Wie frei nach der Geschichte von der Herbergssuche, hat ein Team unter der Führung von Greta Marcolongo, 24 Musikern eine Bühne für Hauskonzerte verschafft. Beginn ist jeweils um 17 Uhr. Zugelassen waren, da man vom Assessorato Politiche Giovanili mitfinanziert wird, diesmal „nur“ Musiker:innen unter 35, man ließ am 01. Dezember aber bereits durchblicken, dass man auch nach Weihnachten die gute, in Bozen noch etwas stadtfremde Praxis der Hauskonzerte fortführen und weiter anregen möchte. Anfänglich störte dabei im allerersten Moment noch etwas die 24homes-Crew, die bemüht ist aus dem Hintergrund die Konzerte bilderreich für Nachwelt und Social-Media (Links am Ende des Artikels) festzuhalten, aber man gewöhnte sich schnell daran.

    Dagegen dürften auch die Gastgeberin und die Besucher:innen des ersten Hauskonzerts, welche dieses erste Türchen eines etwas anderen Adventskalenders geöffnet haben, nichts haben. Obwohl die Set-Lists bei einer Konzertdauer von 30 Minuten kurz sind, schafften es The Pusher and the Crab, dem Publikum mindestens einen Ohrwurm in den Kopf zu setzen. Die junge Band, die mit Armando Pezzella (aus Neapel), Daniel Stofner (aus dem Sarntal) und Peter Zellner (aus Nürnberg) per Definition „international“ besetzt ist, hat nicht nur am erstmaligen Live-Auftritt ohne Strom auf ihren Gitarren Freude, sondern auch am Spiel mit Sprache.

  • The Pusher and the Crab: Die Band lernte sich über „einen gemeinsamen Freund“ kennen. Foto: Samira Mosca
  • Englisch, Hochsprache und Dialekt und auch das eine oder andere, das Italienisch hätte sein können, wechseln sich nicht nur zwischen Songs, sondern auch während dieser ab. Die Hauptsache scheint zu sein, dass sich Publikum und Band unterhalten, wenn sie sich auch nicht immer textlich verstehen, was eine Frage der Aussprache sein kann.

    Den Gesang teilt man sich durch drei, die Rhythmusgebung übernimmt auf Cajon, mit Fußschelle und Rassel, Pezzella, dem Stofner und Zellner an den Gitarren folgen. Man spielt in einem für die Band, die es erst seit einem Jahr gibt, ungewöhnlichem Format. Ein anfängliches kleines Holpern an den beiden Gitarren - Pezzella kam am Abend nie außer Takt - wird mit einer Charm-Offensive gekontert. Das Publikum dürfte in diesem Setting ohnehin eher gesellig als kritisch gestimmt sein.

    Wenn das durchmischte Publikum – von Kindern bis zur Seniorin aus dem Stock darunter – anfänglich auch noch schüchtern war, so fand man zuerst zum rhythmischen Mitklatschen, dann, nach und nach vielstimmiger, zum Mitsingen.

  • The Pusher and the Crab: Armando Pezzella, nachträglich zur Band gestoßen, erdete die Performance an Cajon, Fußschelle und Rassel. Foto: Samira Mosca
  • „Papari Papara“

    Ist man als Band noch recht unbekannt, so sollte man sich bei einem gemeinschaftlich vorgetragenen Chorus unter eher neuem Konzertpublikum auf einfache Worte beschränken, oder am besten auf gar keine. Die Anweisungen der Band zu einer bevorstehenden Mitmachpassage erschienen daher ab dem ersten Moment sehr schlüssig: „Papari Papara“, die anfängliche Anweisung an das Publikum, das dann doch noch überrascht wurde. „Papari Papara Paparapapa“ hätte es richtig heißen müssen. Oder zumindest so ähnlich, wichtig ist im richtigen Moment laut genug zu singen. Mit fünf Liedern auf der Setlist kann man es dann, bei der Zugabe, noch einmal versuchen, mit noch mehr Zuspruch im Wohnzimmer und noch mehr Textsicherheit. Der Abend klang anschließend gänzlich ohne Musik, bei gemeinsamen Gesprächen und Kekse naschen, dazu wahlweise ein Gläschen Wein oder eine Tasse Tee, aus.

    Wer sich nicht ziert oder seine Bedenken bei Seite räumt, der hatte im Anschluss noch die Chance die drei jungen Musiker nach dem Sinn dieser Texte zu fragen, bevor sie bei der nahe gelegenen Bar „Regina“, diesmal mit Strom, auch schon das nächste Set spielten. Uns reichte der verbindende Moment, der ganz im Zeichen der Vorweihnachtszeit steht, ob da nun in deutscher, italienischer oder Nonsens-Sprache gesungen wurde, das war im Grunde egal.

    Als Praxis und als Erfahrung sind Hauskonzerte jedenfalls, auch wenn sie global betrachtet sicher „nichts Neues“ sind, sehr zu empfehlen. Mit Blick auf einen kleineren, etwa wohnzimmergroßen Raum, sind sie jedesmal etwas Neues.

  • Am 01. Dezember 2023: Die Band gemeinsam mit Gastgeberin Simonetta Nadin und, rechts außen, Greta Marcolongo. Foto: SALTO