Politik | Bettelverbot

Ausgebettelt?

hds fordert strengeres Bettelverbot für Bruneck. Bürgermeister Griessmair wehrt sich. Bozen geht voran. Pöder:" Sie leben von unserer Gutherzigkeit."

Nach dem Erlass eines Bettelverbots in St. Lorenz macht sich bei Brunecker Kaufleuten Besorgnis breit. Nun befürchte man in Bruneck eine Überflutung mit Bettlern , sagt Daniel Schönhuber, Ortsobmann des Handels- und Dienstleistungsverbandes Südtirol. Bereits heute sei ein Durchkommen in der Stadtgasse für Passanten, Gäste und Kunden unmöglich, ohne von Bettlern angesprochen zu werden.  Schönhuber bezeichnet die derzeitige Situation als untragbar, die Bettler würden vor nichts Halt machen und des öfteren sogar in die Geschäfte und Gastbetriebe kommen. Deshalb fordert der Kaufleutevertreter von der Gemeinde Bruneck ein verstärktes Engagement gegen Bettelei. Exemplarisch seien die von der Landeshauptstadt getroffenen Maßnahmen, mit denen die bestehenden Bestimmungen drastisch verschärft wurden, fügt der Bezirksobmann hinzu. Unter anderem sei das Betteln nicht mehr nur vor Gastlokalen und Restaurants ausdrücklich verboten worden, sondern auch drei Meter vor Geschäften. Derart tiefgreifende Schritte und ein konsequenteres Vorgehen erwarte man auch von der Stadtpolizei Bruneck.

Der Aufruf des Kaufleuteortsobmanns geht aber auch an die Bevölkerung: „Wir laden alle Bürger ein, den Bettlern auf Straßen und öffentlichen Plätzen keine Almosen zu geben, sondern den bedürftigen Menschen vielmehr durch die vorgesehenen Einrichtungen und Vereine zu helfen“, so Schönhuber.

Die Replik des Bürgermeisters

In Bruneck gibt es schon seit 2008 ein Bettelverbot, ja sogar eines der strengsten im Lande, kontert Bürgermeister Roland Griessmair. Getreu jener Verordnungen ist in Bruneck das Betteln nicht nur vor Geschäften und Gastlokalen, sondern in der ganzen Stadt verboten. Nicht zuletzt ist die Bettelei auf dem Gemeindegebiet im Umkreis von 200 Metern von Kultstätten, Einrichtungen von Rettungs- und Sicherheitsdiensten, Bankinstituten, Zugbahnhöfen und Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel strengsten untersagt.

Ungeachtet dieser Maßnahmen sei es schwierig, der organisierten Bettelei Einhalt zu gebieten, sagt der Bürgermeister. Zumal Betteln laut italienischem Gesetz kein Vergehen ist, seien der Stadtpolizei bis zu einem gewissen Punkt die Hände gebunden, so Griessmair. Der Stadtpolizei sei allerdings erlaubt, den Bettlern eine Verwaltungsstrafe aufzuerlegen und ihnen das erbettelte Geld abzunehmen. Allein heuer habe die Stadtpolizei bereits 86 Verwaltungsstrafen ausgestellt.

Bozen macht's vor

Die Landeshauptstadt Bozen hat zuletzt durch eine Verschärfung des Verbotes für Bettler auf sich aufmerksam gemacht. Erste Erfolge seien bereits zu verbuchen, heißt es dort. Man habe in den letzten Tagen vermehrt kontrolliert und 15 Geldbußen verhängt, so Martin Schwienbacher, Vizekommandant der Stadtpolizei Bozen. Sehr vereinfacht sei deren Arbeit durch die Tatsache geworden, dass Bettler drei Meter Abstand von Schaufenstern halten müssen. Denn mitten in der Straße könnten sie leichter erkannt werden.

BürgerUnion fordert sektorales Bettelverbot

Andreas Pöder, Landtagsabgeordneter der BürgerUnion, schlägt ein Bettelverbot nach dem Muster Salzburgs für Südtirol vor. Der bereits vor einigen Wochen im Landtag eingebrachte Antrag sieht eine räumliche und zeitliche Begrenzung des Bettelns in dem Gemeinden vor.

Aktuell sei Betteln zu einem lukrativen organisierten Geschäft verkommen, findet Pöder. Aggressive Bettelbanden würden aus der Gutherzigkeit ein Geschäft machen, wettert er. Aus humanitären Gründen könne man das Betteln aber nicht komplett verbieten. Doch aggressivem Betteln und organisierten Bettelbanden müsse die Stirn geboten werden. "Durch ein sektorales Bettelverbot soll das Betteln dort verhindert werden, wo die öffentliche Sicherheit gefährdet wird", so Pöder.

 Vor allem rechtspopulistische Gruppierungen springen also auf den Zug des Bettelverbots auf und schlagen politisches Kapital aus den Bettlern.

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Michael Bockhorni Mi., 08.07.2015 - 23:22

Angesichts sprachlicher Formulierungen wie "Überflutung" ... "machen vor nicht halt" ... "Durchkommen unmöglich" macht sich bei mir eine ganz andere Besorgnis breit. Wer sich auf das Beispiel Salzburg beruft, sollte auch das gesamte Paket mit runden Tischen, Einbeziehung der NGOs, Projekte in den Herkunftsländern usw. kennen und machen. Welche Vereine und Einrichtungen in Südtirol bitte helfen Bettlern?

Mi., 08.07.2015 - 23:22 Permalink