Neue Ideen für Hotel Paradiso

Viele Menschen aus ganz Südtirol, dem Trentino, Venetien und der Lombardei zog es am letzten Juliwochenende ins Martelltal, um sich vor Ort selbst ein Bild vom Hotel Paradiso zu machen, dem 1935 von Architekt Gio Ponti erbauten großartigen Gästehaus. Das Programm des Sommerfestes war umfangreich: Neben Informationen über die Planung, den Bau und den Planer selbst, Erläuterungen zum Tourismus in Martell beeindruckten vor allem die Erzählungen der Zeitzeugen Sepp Perwanger, Linde Laimer, Antonia Stricker und Erwin Altstätter.
Hauptpunkt des Tages war jedoch die Arbeit in den Arbeitsgruppen: Welche Funktion und Form könnte dieses Monument der modernen Architektur der 1930er Jahre künftig annehmen?
Die Vorschläge gingen vom totalen Abriss und der Verlagerung der Kubatur aus dem Nationalpark heraus über den langsamen Verfall der Ruine, begleitet durch eine akustische Installation, der Fertigstellung der vom zeitweiligen Eigentümer Bennati begonnen Erweiterungsarbeiten bis zum Rückbau in die ursprünglich von Giò Ponti errichtete Form.
Es wurde darüber gesprochen, wieviel Luxus ein solches Hotel notwendig habe. Einhellig bestand die Meinung, dass Südtirol versuchen sollte zwischen den beiden Extremen des gegenwärtigen Tourismus – Massentourismus und Fünf-Sterne-Luxustourismus – einen eigenen, neuen Weg zu finden. Für einen individuellen Tourismus, der nicht Törggelen oder Golfen sucht, gibt es längst eine eigene, gebildete Gästegruppe, die einheimische Qualitätsprodukte ebenso zu schätzen weiß, wie ungestörte Natur und Ruhe.
Gleichzeitig wurde aber auch festgestellt, dass der Bau an diesem magischen Ort nicht nur Auswärtigen sondern auch Einheimischen ein Ziel sein sollte und sich in besonderer Weise in das Tal integrieren könnte. Bereits das frühere Hotel Paradiso bot sowohl Luxusgästen als auch Bergwanderern eine Bleibe. Für die unbedingt sehr persönliche Führung eines solchen Hauses ist abgesehen von der Investition zur Renovierung eine ganz spezielle „Seele“ notwendig, wie ein Diskussionsteilnehmer treffend feststellte.
Nationalpark-Schule oder Reha-Zentrum
Als ernsthaft zu prüfende Idee wurde die Gründung einer Stiftung vorgeschlagen. Die Ziele der Stiftung könnten äußerst vielfältig sein, zum Beispiel die Nutzung für Studierende, Künstler, beruflich Auszubildende, sozial Benachteiligte u.a. Es wurde über eine Nationalpark-Projektschule mit Jugendherberge gesprochen, genauso wie über mögliche Kontakte zu den Universitäten Triest, Innsbruck und Trient, welche an diesem Ort alpenübergreifende Studien über Geologie oder Architektur im Alpenraum ansiedeln könnten. Auch an ein alpines Ausbildungszentrum für den Alpenverein wurde gedacht. Ebenso wurden Nutzungen im Bereich der Sanität vorgeschlagen, wie ein Rehabilitationszentrum für Burn-out- oder Krebspatienten.
Nicht alle Räume müssten der Stiftung oder der Gastronomie dienen. Es könnten im Haus Räume für das „Haus des Nationalparkes“ eingerichtet und damit eine weitere finanzielle Förderung durch das Land erschlossen werden. Das Ziel könnte ein „Nationalparkhotel Paradiso“ sein.
Für die Marteller
Das Projekt sollte vor allem mit Hilfe und Unterstützung der Marteller Bevölkerung (Handwerker, Hoteliers usw.) verwirklicht werden, sodass die Wirtschaft des Tales an einem möglichen Aufschwung beteiligt wird und sich auch die lokale Bevölkerung mit dem Haus identifizieren kann. Gerade die wertvolle Unterstützung der Gemeinde durch Bürgermeister Georg Altstätter bei der Organisation des Festes hat gezeigt, wie sehr sich heute der Großteil der Marteller mit dem Gebäude auseinandersetzt.
Am Schluss stand einhellig die Meinung, dass dieses Gebäude an diesem Ort mehr als ein touristisches Ziel ist – es ist ein kultureller Wert, einzigartig in den Alpen. Beim einem Treffen der Architekturstiftung mit der Eigentümerin Margherita Fuchs von Mannstein wurde ihr der Bericht über das Fest und die Ergebnisse des Workshops übergeben. Die wirtschaftliche Entwicklung lässt heute vielleicht neue Denkansätzen zu. Schlichte Bescheidenheit zusammen mit der Einzigartigkeit des Ortes und des Gebäudes könnten einen Weg der kleinen Schritte begleiten, bei welchem in einer ersten Phase beispielsweise nur die beiden unteren Stockwerke einem Tagesbetrieb zur Verfügung gestellt werden.
Schön
Der Bericht, die Initiative(n), die Idee(n). Zu beneiden, die Marteller.