"In Rom ein Zeichen setzen"
Laut Gesetz ist das italienische Gesundheitspersonal dazu verpflichtet, sich gegen Covid-19 zu impfen. Wer die Impfung verweigert, muss mit einer Dienst-Suspendierung rechnen. Obwohl sich viele der hiesigen Politiker, darunter Gesundheitslandesrat Thomas Widmann und Soziallandesrätin Waltraud Deeg prinzipiell gegen die berufsbezogene Impfpflicht aussprechen, muss sich die Provinz der nationalen Gesetzgebung beugen. Südtirol verfügt über keinerlei Kompetenzen in diesem Bereich.
Trotzdem wollen weite Teile der Opposition die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal nicht so stehen lassen: Am Mittwoch wurde im Landtag ein Begehrensantrag diskutiert, der die italienische Regierung und das Parlament dazu auffordert, "die Verpflichtung zur Anti-SARS-CoV-2-Impfung für Mitarbeiter im Gesundheitswesen und in sozio-sanitären Berufen zu überdenken und die darin vorgesehenen Suspendierungen zurückzunehmen". Die Mehrheit lehnte den Antrag des Erstunterzeichners Andreas Leiter Reber (Freiheitliche), der von den Grünen, Team K, der Südtiroler Freiheit und Enzian mitgetragen wurde, jedoch ab. Der Grund: Gesetz ist Gesetz.
Der Begehrensantrag
Es gehe, so Leiter Reber im Landtag, bei diesem Antrag nicht um die Impfung selbst, sondern darum, den Grundsatz der persönlichen Freiheit im Bezug auf die Impfung hochzuhalten. Statt einer Impfpflicht brauche es Aufklärung, Informationen und positive Kampagnen. Zudem bestehe das konkrete Risiko, dass durch diese Regelung der Personalmangel im Gesundheitsbereich weiter genährt wird. Der Landtag solle mit diesem Begehrensantrag die Bedenken an der Impfpflicht in Rom öffentlich bekunden.
Den Begehrensantrag unterstützend argumentierte der Abgeordnete Franz Ploner (Team K), dass es das Parlament versäumt habe, die Gewährleistung der Patientenbetreuung in den einzelnen Regionen zu berücksichtigen. Diese sei durch dieses Gesetz gefährdet. Myriam Atz-Tammerle (Südtiroler Freiheit) schweifte auf den Nutzen oder nicht-Nutzen der Impfung selbst ab, gab jedoch auch zu bedenken, dass die finanzielle Situation einiger Angestellten es nicht erlaube, die Impfung zu verweigern und somit eine Suspendierung zu riskieren. Alessandro Urzì (Fratelli d'Italia) kritisierte den Begehrensantrag hingegen scharf.
"Keine falschen Hoffnungen schüren"
Persönlich sprachen sich die Vertreter der Landesregierung, Widmann und Deeg, gegen die Impfpflicht aus, den Begehrensantrag wollten sie jedoch nicht mittragen. Einerseits, so Deeg, sei die Chance, mit diesem Begehrensantrag eine Änderung herbeizuführen, praktisch nicht gegeben. Im italienischen Parlament sei das Gesetz kaum zur Debatte gestanden und andere Regionen hätten sich vorwiegend für eine Impfpflicht des Gesundheitspersonals ausgesprochen. Andererseits stehe dem Entscheidungsrecht des Gesundheits- und Pflegepersonals das Grundrecht von Risikopatienten gegenüber, die vor einer Ansteckung schützt werden müssten. “Die Mitarbeiter tragen eine Verantwortung, die Patienten vor einer Ansteckung zu schützen.”
Ähnlich argumentierte Gesundheitslandesrat Widmann, der dazu aufrief, jetzt keine falschen Hoffnungen zu schüren: “Gesetz ist Gesetz, wir ziehen es jetzt wie vorgesehen durch.” Die knapp 4000 noch nicht geimpften Personen im Gesundheits- und Pflegebereich seien kontaktiert und für 111 Mitarbeiter habe man bereits einen Pflichttermin festgelegt. Wird dieser missachtet, werden noch im Juni die ersten Suspendierungen greifen. Mit dieser Argumentation der Mehrheit und der Unterstützung des PD und Fratelli d’Italia wurde der Begehrensantrag, die berufsbezogene Impfpflicht im italienischen Parlament zu überdenken und von einer Suspendierung abzusehen, mit 17 zu 13 Stimmen abgelehnt.
Persönlich dagegen, politisch dafür
Interessant an der Debatte sei, wie Leiter Reber zu bedenken gibt, die Position der SVP. Die SVP Parlamentarier haben im italienischen Parlament für das Gesetz gestimmt. Wie Deeg später – unabhängig von der Position der SVP-Parlamentarier – in einem Zeitungsinterview zu bedenken gab, hätte es sowieso wenig Sinn gehabt, mit der Abstimmung ein Zeichen gegen die Impfpflicht zu setzen. Ein “Nein” der Südtiroler Parlamentarier hätte keine Auswirkung gehabt. Jetzt, bei der Abstimmung im Landtag, “wo die Stimme der SVP eine Wirkung hat”, sprechen sich die Vertreter der SVP zwar persönlich gegen die Impfpflicht aus, bringen ihre Position politisch aber nicht zum Ausdruck. "Das kann nicht ständig getrennt werden: Persönlich bin ich dafür, aber politisch dagegen”, echauffiert sich der Abgeordnete der Freiheitlichen.