Politik | Gemeindewahlen

Wer will sich das noch antun?

Wer will noch bei Gemeinderatswahlen kandidieren? Warum die Politik für Neueinsteiger laut Gemeindeverbandspräsident Andreas Schatzer immer uninteressanter wird.

Noch sind sie außerhalb von Städten wie Meran die Hintergrundmusik zum aktuellen politischen Geschehen. Doch in den kommenden Wochen wird man auch in Südtirols Landesgemeinden beginnen, sich für die Gemeinderatswahlen im kommenden Mai warm zu laufen. Viele BürgermeisterInnen haben sich den Jahreswechsel als Frist gesetzt, um über eine neuerliche Kandidatur zu entscheiden. Dasselbe gilt nicht nur für GemeinderätInnen und Ausschussmitglieder, sondern auch für Bürgerinnen und Bürger, die sich einen Sprung in die Politik vorstellen können. „In Vahrn machen wir derzeit eine Umfrage unter den Vereinen, um Kandidaten-Vorschläge einzuholen“, sagt der dortige Bürgermeister und Gemeindeverbandspräsident Andreas Schatzer.

Die Frage, die dabei vielerorts im Vordergrund steht, ist allerdings weniger, wer im Mai für die verschiedenen Listen antreten wird, sondern ob sich überhaupt ausreichend interessante KandidatInnen finden. „Ich persönlich habe die Erfahrung in Vahrn zwar noch nicht gemacht“, sagt Schatzer, „doch ich höre immer wieder von KollegInnen, dass das Interesse an Kandidaturen nicht sehr groß ist.“ Eine Entwicklung, die laut dem Gemeindeverbandspräsidenten weniger mit den jüngsten Auslösern der allgemeinen Politikverdrossenheit wie Rentenskandal oder der Sanitätsreform zu tun hat. „Ich beobachte vielmehr, dass das Allgemeinwohl nicht mehr so hoch im Kurs steht“, sagt er, „und viele Personen ihre Freizeit lieber für ihre persönliche Interessen nutzen möchten.“

Wie viel darf die Gemeindepolitik kosten?

Ein Trend, der dem Ehrenamt seit Jahren zu schaffen macht. Dass nun auch die Gemeindepolitik immer stärker davon in Mitleidenschaft gezogen wird, hat laut Andreas Schatzer einen konkreten Grund. „Heute wird erwartet, dass auch die Gemeindepolitik fast schon ehrenamtlich gemacht wird“, sagt er. Jüngster Beleg dafür? Die Entscheidung des Regionalrats vom Freitag, nach der die Zahl der Ausschussmitglieder nach der Verkleinerung im Vorjahr wieder optional um einen Referenten vergrößert werden kann – allerdings ohne Mehrkosten. „Ich kenne keine andere Berufskategorie, in der gesagt wird, wir brauchen zur Bewältigung der Arbeit mehr Arbeiter oder Angestellte, doch sie dürfen nichts kosten", zeigt sich der Gemeindeverbandspräsident nach wie vor mit der Regelung unzufrieden.

Entmachtete Gemeinderäte, schlechter bezahlte Referentenstellen für all jene Gemeinden, die sich nun doch für eine Vergrößerung ihrer Ausschüsse entscheiden – all das trägt laut Schatzer ebenfalls dazu bei, dass sich immer mehr Menschen mit politischen Ambitionen fragen, ob sie sich ein solches Engagement überhaupt antun sollen. Ganz zu schweigen von den gegenüber der Landespolitik unvorteilhafteren Pensionsregeln, an der vor den Wahlen im Mai und nach dem Rentenskandal auch eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe einmal nicht zu rütteln wagt – oder der Tatsache, dass der gesamte Brixner Stadtrat im Vorjahr weniger verdiente als Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder in seinem letzten Amtsjahr.

Zumindest was die Finanzierung der Gemeinden für das kommende Jahr betrifft, ist man bei ihren VertreterInnen derzeit halbwegs beruhigt. „Der Landeshauptmann und der zuständige Landesrat haben uns zugesichert, dass wir auf die Summe des laufenden Jahres noch 20 Millionen Euro aufgeschlagen bekommen,“ sagt Andreas Schatzer. Noch vor Weihnachten soll die Vereinbarung zur Gemeindefinanzierung stehen. Dann können die BürgermeisterInnen im Land zumindest mit Planungssicherheit in das Wahljahr gehen. Ob das reicht, um die Mannschaften für die nächste Legislatur zusammenzubekommen?