Politik | In Usbekistan festgehalten

Arnold Mario Dall'Ò: „Logisch mach ich mir Sorgen.“

Während Arnold Mario Dall'Ò wieder in Südtirol gelandet ist, heißt es für den Bozner Arzt Norbert Pescosta weiter warten. In Usbekistan.

Den Abschluss der Reise hatten sich die drei Männer wohl anders vorgestellt. „Am 9. Juni hätten wir gemeinsam unsere Reise beendet. Das ist eine Warterei, die man sich nicht vorstellen kann.“ Der Südtiroler Künstler Arnold Mario Dall'Ò war gemeinsam mit dem Tiroler Schriftsteller Raoul Schrott am 3. in Meran aufgebrochen. Norbert Pescosta stieß später dazu. „Die Reise war wundervoll, viele Eindrücke, viele Bilder, ein Abenteuer, die Menschen sind sehr freundlich, Schwierigkeiten hat man, wenn dann nur mit den Behörden“, erzählt Dall'Ò.

Reisen will gelernt sein, doch gegen Willkür oder Machtdemonstration ist wenig auszurichten. „Natürlich wussten wir vor unserer Abreise, dass es in gewissen Ländern schwieriger ist, aber dass ein Mittel gegen Flugangst als psychotropisches Mittel bewertet wird, das war uns nicht bekannt.“

Genau die Mitnahme des Medikaments Delorazepam, das Pescosta wegen seiner Flugangst mit hatte, wird ihm zur Last gelegt. „Die Uhren ticken in solchen Ländern einfach anders“, sagt Dall'Ò, der mit Pescosta ständig in Konakt ist. „Die Botschaft ist mit Norbert in Kontakt, das Innenministerium auch. Viele Kanäle wurden aktiviert, aber leider wissen wir noch nicht, wann das Gerichtsverfahren endlich statt findet.“ Pescosta kann sich in der usbekischen Stadt Nukus frei bewegen, darf das Land aber nicht verlassen.

„Es ist unglaublich“, sagt Dall'Ò, „dass das möglich ist, aber die Botschaft hat uns erklärt, dass es immer wieder zu solchen Fällen kommt. Reisende nehmen Medikament mit und die Behörden reagieren darauf sehr scharf.“

Am 2. Juni, Tag 31 der Reise, kommt es zur verhängnisvollen Kontrolle:

grenze. die turkmenischen kontrollen bei der ausreise sind genauso intensiv wie bei der einreise: das auto wird komplett ausgeräumt, jedes gepäckstück einzeln untersucht jedes buch jedes medikament in die hand genommen. ein dicker spaniel dient als drogensuchhund, mit einer sonde werden alle öffnungen des wagens kontrolliert, die hohlräme werden abgeklopft, die sitzbezüge geöffnet. hundert meter weiter bei der einreise in Usbekistan , geht das spiel von vorne los, nur dass diesmal weder gebühren noch steuern oder versicherungen zu zahlen sind. die zolldeklaration ist auszufüllen.norbert fragt, was mit psychotropen substanzen gemeint ist, erhält aber keine antwort, weil keiner englisch versteht. da er als arzt eine grössere notfallapotheke dabei hat, bringt er sie aus dem auto und erklärt jedes einzelne medikament. die spritzen , kanülen und ampullen werden nicht kommentiert, aber bei einem milden tranquilizer für panische patienten- delorazepam – werden die grenzbeamten aufmerksam: es klingt für sie offenbar wie das valiumpräparat diazepam.

Dall'Ò  ist seit Monatg, 9. Juni, wieder in Südtirol. Sicherheit für ihn, Unsicherheit für Pescosta. Kommen da nicht Vorwürfe hoch, den Freund im Stich gelassen zu haben? „Mein Visum ist gestern verfallen, Visas zu verlängern dauert sehr lange und die Botschaft hat mir absolut davon abgeraten in Usbekistan zu bleiben.“ Eines ist für ihn klar: „Logisch ist das absolut blöd, dass ich jetzt hier bin und er da. Ich mach mir Sorgen um den Norbert, aber jeder versucht halt jetzt seine Kanäle zu aktivieren und irgendetwas in Gang zu setzen.“

Laut Auskunft der usbekischen Behörden soll die Gerichtsverhandlung diese Woche statt finden: „Die Botschaft hat von ähnlichen Fällen erzählt, bei denen eine Geldsumme zu zahlen war. Das ist ja kein Problem. Unsere Hauptsorge ist einfach, dass wir gar nichts wissen. Keinen Ablauf, keinen Termin. Nichts. Norbert sitzt da drüben, allein. Wir hoffen, dass wir so schnell wie möglich zu einem Abschluss kommen können.“

Auf seinem Blog bringt Dall'Ò seine Gefühl noch mal zum Ausdruck. Datum: 7.-8.-9. Juni

nukus. uzbekistan.
samstag. zusammen mit dem hotelmanager fahren wir zum flugplatz. dies ist der erste ‘ausflug’ seit einer woche, die restlichen tage verbrachten wir beide in unmittelbarer nähe vom hotel. wir sind beide traurig. immer wieder spielen wir die varianten durch wie es weitergehen könnte, doch in diesem land sind die worte logik, vernunft und bürgerrechte wohl unbekannt. wir winken uns noch zu, er hinter der absperrung, ich bei der ersten passkontrolle zum flughafen.
norbert bleibt alleine zurück.
sonntag. 10 uhr sms von norbert: die polizei will ihn sprechen, wann und wo ist noch ungewiss, aber immerhin meldet sich mal jemand.
19 uhr. norbert hat sich mit polizeivertreter und einem rechtsanwalt getroffen, vielleicht löst sich der knoten langsam auf !