Kultur | Debatte

Irreführende Tourismuswerbung?

"Südtirol wird als italienisches Land vermarktet", kritisiert die Süd-Tiroler Freiheit. Ihr Antrag fand im Landtag einige Zustimmung. Warum man trotzdem unzufrieden ist.

Will die SMG die Südtiroler Feriengäste in die Irre führen? “Die Tourismuswerbung dichtet dem Land oft einen italienischen Schein an, um Gäste anzulocken. Auch die italienischen Touristen schätzen es nicht, dass Südtirol als italienisches Land vermarktet wird.” Mit dieser Intervention sorgte Sven Knoll und die gesamte Landtagsfraktion der Süd-Tiroler Freiheit (STF) am Mittwoch Vormittag für eine heiße Diskussion im Landtag.


“Where the hell is Sarentino Valley?”

Hintergrund der Debatte war ein Beschlussantrag der drei STF-Abgeordneten. In diesem fordern sie den Gebrauch der historisch fundierten Orts- und Flurnamen in der Tourismuswerbung. So sei es unverständlich, dass die Südtiroler Marketinggesellschaft SMG etwa die Bezeichnung “Sarentino Valley” für den englischen oder “San Candido” für den deutschen Markt verwende. Verständnis und Zustimmung für das Anliegen der STF kam sowohl aus den Reihen der Opposition als auch von den Vertretern der Mehrheit. So zeigte sich etwa SVP-Landesrat Richard Theiner überzeugt, dass sich die Politik nicht aus der Verantwortung stehlen und alles dem Markt überlassen dürfe. “Marketing und Wirtschaftsinteressen sollten nicht die Oberhand über die historischen und kulturellen Interessen des Landes gewinnen”, stimmte seine Parteikollegin Veronika Stirner zu. Auch Oswald Schiefer (“Auf alle Fälle ist es zu vermeiden, dass Tolomei durch die Tourismuswerbung wieder fröhliche Urstände feiert”) und Dieter Steger (“Ich bin mit der Forderung einverstanden, mit der SMG über die Richtlinien zu reden”) konnten dem Antrag einige positive Aspekte abgewinnen.

Bedauern äußerte der Historiker und Grünen-Abgeordnete Hans Heiss: “Touristische Interessen nehmen wenig Rücksicht auf die Geschichte des Landes. Andererseits halte ich aber nichts von einer kompletten Germanisierung der Tourismuswerbung. Das Land ist geprägt von Mehrsprachigkeit und dass sollte man auch nach außen zeigen.” Auch Sigmar Stocker von den Freiheitlichen sprach sich dagegen aus, “den Gästen mit erfundenen Namen einen Köder vorzuwerfen”.

"Where the hell is Sarentino Valley?", fragte sich die Süd-Tiroler Freiheit bereits 2013. Foto: suedtiroler-freiheit.com


Mutlose Mehrheitspartei?

Nach einer hitzigen Debatte kam der Antrag schließlich zur Abstimmung. Mit 28 Ja und 2 Nein wurde jedoch nur der einleitende Teil, also eine Intervention des Landeshauptmanns bei der SMG, genehmigt. Der Rest, nämlich Empfehlungen des Sprachwissenschaftlers und STF-Mitglied Christian Kollmann, welche Namen wann und wo verwendet werden sollten, wurde hingegen abgelehnt. “Wenn Wissenschaftler Tourismus betreiben, dann wird es schwierig. Wenn man neue Märkte erschließen will, kann man sich nicht auf wissenschaftliche Abhandlungen berufen”, so die Meinung von SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger.

In der Süd-Tiroler Freiheit zeigt man sich enttäuscht über das Ergebnis der Abstimmung. Christian Kollmann meldet sich in einer Presseaussendung zu Wort: “Der Mehrheitspartei fehlt immer noch der Mut, sich in der Frage der Orts- und Flurnamengebung auf einen wissenschaftlich und faschistisch unbelasteten Diskurs einzulassen. Und bis die Landesregierung mit der SMG über ihre Richtlinien sprechen wird, dürfen Süd-Tirols Touristiker weltweit unser Land weiterhin mit pseudoitalienischen und tolomeisch-faschistischen Orts- und Flurnamen anpreisen und damit die Feriengäste in die Irre führen.”