Politik | SVP

„So hat es keinen Sinn zu arbeiten“

SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz über die Heckenschützen in der SVP, seine Zukunft und seine Überzeugung, dass jetzt jene am Zug sind, die eigene Wege einschlagen wollen.
Gert Lanz
Foto: Facebook/Gert Lanz
Salto.bz: Herr Lanz, was ist am vergangenen Montag auf der SVP-Fraktionssitzung wirklich passiert?
 
Gert Lanz: Rein technisch ging es auf dieser Sitzung um die Nominierung des Präsidenten des 3. Gesetzgebungsausschusses. Dabei gab es einen gemeinsamen Vorschlag des Parteiobmannes, des Landeshauptmannes und des Fraktionsvorsitzenden. Doch die Fraktion hat augenscheinlich eine andere Meinung. Und genau darüber werden wir reden müssen. Wie wir in Zukunft weiterarbeiten.
 
Ein Teil der SVP-Fraktion hat mit dieser Aktion auf Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer gezielt. Sie dürften dabei nur ein Kollateralschaden sein?
 
Ich glaube, dass derzeit verschiedene Diskussionen stattfinden, wo man vielleicht die Folgeschritte nicht mitbewertet. Wir haben als Mitglieder einer Sammelpartei sowohl in der Partei als auch in der Fraktion verschiedenste Interessen zu vertreten. Deshalb versuchen wie jedem eine entsprechende Funktion und Aufgabe zu geben. Das war jedenfalls die Vorgangsweise in den letzten zwei Jahren. Die Entscheidung, die am Montag gefällt wurde, hat dieses System jetzt aber über den Haufen geworfen. Jetzt muss man bewerten und analysieren, warum es dazu kam und was die Beweggründe dafür sind.
 
Die Beweggründe sind relativ klar: Die SVP-Arbeitnehmer begehren gegen die SVP-Wirtschaft auf. Helmuth Renzler will Ausschusspräsident werden und Magdalena Amhof SVP-Fraktionssprecherin?
 
Ich kenne die Ziele der einzelnen Akteure nicht. Unser Ziel war und ist es aber, dass die Fraktion einheitlich auftritt. Aber wenn solche Vorschläge, die vom Landeshauptmann, Parteiobmann und dem Fraktionsführer gemeinsam kommen, nicht mitgetragen werden, dann muss man sich ernsthaft Gedanken machen, wie das überhaupt weitergehen soll.
Wenn eine Fraktion nicht mehr geschlossen hinter den Entscheidungen der drei Verantwortungsträger steht, dann müssen entweder die Verantwortungsträger ihre Konsequenzen ziehen oder die Fraktionsmitglieder.
Ist es nicht ein Wink mit dem Zaunpfahl gegen die SVP-Granden?
 
Es ist sicher ein Wink mit dem Zaunpfahl gegen die Institutionen, die wir innerhalb der Partei und der Fraktion haben. Normal wäre es, dass man einen konkordierten Vorschlag diskutiert und dann aber mitträgt. Das ist diesmal nicht passiert. Deshalb müssen jetzt jene Leute die Verantwortung übernehmen, die eigene Wege gehen wollen.
 
 
 
Erwarten Sie sich, dass Helmuth Renzler seine Kandidatur zurückzieht und auf die Präsidentschaft verzichtet?
 
Nein. Dafür gibt es keinen Grund. Es war eine Abstimmung und die Fraktion steht zum Ergebnis. Wir nehmen das zu Kenntnis. Wir haben jetzt zwar riesige Problem in der Partei und in der Fraktion, aber das müssen jene Leute dann auslöffeln, die diese Entscheidung getroffen haben.
Sollte die Fraktion entscheiden, dass sie in mir kein Vertrauen mehr hat, dann werde ich gehen.
Und Sie? Werden Sie den Rücktritt von angekündigten Rücktritt vollziehen?
 
Ich habe meinen Rücktritt angeboten, weil ich gesagt habe: So hat es keinen Sinn zu arbeiten. Wenn man mit dem Zug so über einen Vorschlag drüberfährt, dann muss man das innerhalb der Fraktion klären. Das erwarte ich mir. Zudem sollen jene Leute, die das inszeniert haben, endlich auch die Verantwortung dafür übernehmen und geradestehen. Sollte die Fraktion entscheiden, dass sie in mir kein Vertrauen mehr hat, dann werde ich gehen.
 
Für Renzler haben die drei Arbeitnehmer und auch Landtagspräsident Sepp Noggler gestimmt. Wird jetzt Noggler den Prozess machen?
 
Wir machen niemandem den Prozess. Uns geht es darum, dass sich die Fraktion und die Mitglieder bewusst werden, was die Auswirkungen einer solchen Aktion sind. Der Ausgleich der Interessen ist einer der Pfeiler der SVP. Jetzt aber haben wir hier ein Kräftemessen, das völlig überflüssig ist. Ich glaube, jene Leute, die anders entschieden haben, sollen darlegen, wie sie sich die Zukunft vorstellen. Darüber wird man reden.
 
Das heißt: Gert Lanz bleibt SVP-Fraktionssprecher?
 
Bei uns läuft es so, dass die Fraktion entscheidet. Danach muss die Person, die eine Funktion übernehmen soll, selbst dazu bereit sein. Unter solchen Umständen macht es aber wenig Sinn. Denn wenn eine Fraktion nicht mehr geschlossen hinter den Entscheidungen der drei Verantwortungsträger steht, dann müssen entweder die Verantwortungsträger ihre Konsequenzen ziehen oder die Fraktionsmitglieder. Irgendjemand muss sein Verhalten überdenken. Ich habe meine Position zur Verfügung gestellt und gesagt: Wenn ich das Problem bin, dann sagt es mir.
Jene Leute, die das inszeniert haben, sollen endlich auch die Verantwortung dafür übernehmen und geradestehen.
Ihnen wurde jetzt auch Ämterhäufung vorgeworfen?
 
Das kränkt mich wirklich. Denn ich bin der Einzige, der außer dem Amt des Fraktionssprechers kein politisches Amt innehat. Weder in einer Kommission noch in einem anderen Gremium. Als Fraktionsvorsitzender bin ich der, der zwischen den Fronten stehen darf und jede Entscheidung der Fraktion nach außen verteidigt und vertritt. Das tue ich auch gerne. Weil ich überzeugt bin, dass wir die Entscheidungen in Rahmen eines demokratischen Prozesses treffen. Wenn das aber nicht mehr so gewünscht wird, dann müssen jene, die anderer Meinung sind, auch sagen, wie sie es in Zukunft haben wollen.
 
Wäre es nicht an der Zeit, dass Arno Kompatscher endlich einmal auf den Tisch schlägt?

Das Ganze ist eine interne Angelegenheit der Fraktion. Aber die Reaktionen des Landeshauptmannes und des SVP-Obmannes waren klar und deutlich. Ich glaube nicht, dass wir jetzt etwas vom Zaun brechen müssen.

Umso schlimmer für den Lanz. In der Politik ... ist es halt so. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. Aber wieso gleich aufgeben?
Ihm fehlt aber anscheinend auch ein bisschen das politische Gespür - auch gegenüber der eigenen Fraktion, ansonsten hätte er bei seinem unternehmerischen Geschick und Hintergrund erst gar nicht gerade für diese Funktion kandidiert. Es geht auch darum, glaubwürdig bei den Leuten zu bleiben. Sein öffentliches E-Mail gerade jetzt vor den Wahlen ist ja fast schon parteischädigend. Dass er zudem auch noch unnötigerweise den Landeshauptmann und den Parteiobmann wegen seiner Niederlage in der Fraktion, einer verletzten Eitelkeit wegen da jetzt mithineinzieht, geht als Fraktionsvorsitzender gar nicht. Sollen sie etwa seine Arbeit machen?
Es ist doch gut, dass die Fraktionsmitglieder bei einer internen geheimen Wahl frei wählen, und sie haben sich eben für Helmuth Renzler ausgesprochen, was ich objektiv sehr gut nachvollziehen kann. Denn rechnen kann er, der Helmuth Renzler! Er wäre ja der kompetente Präsident des 3. Gesetzgebungsausschusses des Landtags, also jenen Ausschuss, der für Wirtschaft und Finanzen zuständig ist.

Do., 10.09.2020 - 13:15 Permalink