Kultur | Piero Siena Preis

Im Namen Piero Sienas

Die drei Gewinner des ersten Piero Siena Preises wurden gestern im Centro Trevi verkündet. Die lobende Erwähnung ging an den 1990 geborenen Bozner Murales-Künstler Egeon.
Detailansicht Mare Vostrum
Foto: Nicolò Degiorgis

Noch vor dieser Bekanntgabe und jener des dritten und zweiten Platzes verplauderte sich allerdings Pietro Barrera, Executive Director des MAXXI - Museo nazionale delle arti del XXI secolo in Rom. So war schnell klar: Ein Werk von Nicolò Degiorgis (*1985, Bozen) nimmt beim Premio Piero Siena den ersten Platz ein und findet damit Aufnahme in die Sammlung des MAXXI. Den dritten Platz nimmt Claudia Corrent (*1980, Bozen) ein, den zweiten Silvia Hell (*1983, Bozen), womit ihre Werke Aufnahme in die Sammlung des Museion finden. Bei der Vergabe der Preise waren neben zahlreichem Publikum unter anderem auch Paola Tognon, Antonio Lampis, Bart van der Heide, Giuliano Vettorato und der Sohn Piero Sienas anwesend.

 

 

Bei den angekauften Werken handelt es sich um „Mare Vostrum“ - zwölf digitale Collagen auf Baumwolltüchern - aus der Serie „Blue as Gold“ (Degiorgis), die Messing Skulptur „Voci di Corridoio“ (Hell), sowie die vierteilige Fotoserie „Neanche il futuro purtroppo è più quello di una volta“ (Corrent). Die Gewinner-Werke sind noch bis 30. Mai im Centro Trevi in Bozen ausgestellt, während auf Bildschirmen die Werke der übrigen acht Shortlist-Kandidaten präsentiert werden. Ab 30. September präsentieren sich die Werke im MAXXI in Rom.

Erfreulich auch, dass die Möglichkeit eines zweiten Piero Siena Preises in zwei Jahren und ähnlicher Projekte zwischen dem MAXXI und den Museen anderer Regionen in den Raum gestellt wurden. So kann aus einem willkommenem ersten Impuls vielleicht ein Fixpunkt werden.

 

 

„Mare Vostrum“ ist teil des Langzeitprojekts „Blue as Gold“ in welchem sich Degiorgis mit der Migrationskriese, welche Europa seit 2015 beschäftigt, auseinandersetzt. Er arbeitet dabei mit Archivmaterial, rekontextualisiert damit Bilder, welche für den Diskurs über diese Thematik mitbestimmend sind, so dass sich, auch dank der Übertragung auf Baumwolltücher (das Wort Flagge wird nicht verwendet) eine Grenze vom „Mare Nostrum“ zum „Mare Vostrum“ verschiebt.

 

 

Hells „Voci di Corridoio“ spürt, als Teil der Reihe „Volumes“ der Vieldeutigkeit und Vielschichtigkeit dieses Begriffs nach: Räumlichkeit, Lautstärke und Bücher. Das Werk selbst, das in der Form an eine Flöte erinnert, aber nicht zum Spiel, sondern zur Visuellen Repräsentation eines Geräusches gedacht ist wurde durch eine Konversation zwischen Antonella Del Rosso (CERN, Genf) und Luca Valenziano (Instituto Nazionale di Astrofisica, Bologna) inspiriert in der die Reibung zwischen Experiment und Theorie deutlich wurde. Das Objekt erhält, durch eine leicht schiefe Aufhängung eine Ausrichtung hin zum „Korridor“ und zum Betrachter.

 

 

Mit „Neanche il futuro purtroppo è più quello di una volta“ formt Corrent mit Hilfe eines Scanners Familienbilder aus dem Archiv um. Nicht ohne ein gewisses ironisches Augenzwinkern erzeugt sie Panoramabilder, die keine sind und eine Analogie zu digitalen Bildartefakten, welche sich fremd gegenüber den Sujets verhalten. Es entstehen neue Bilder, die zwar Variationen der alten sind, aber mit ihren Wiederholungen und Dehnungen auch von Zeit und zeitlicher Distanz sprechen.