Gesellschaft | Bozen

Harte Hand gegen Bettler

Kommissar Michele Penta greift hart gegen Bettler durch: Fortan ist Betteln in der Landeshauptstadt fast überall verboten - bei drohender Beschlagnahmung der Almosen.

Update: Faktisches Bettelverbot im gesamten Stadtgebiet, Befugnis zur Beschlagnahmung der Almosen oder Waren von Bettlern oder illegalen Wanderhändlern, Geldstrafen in Höhe von 25 bis 250 Euro: Mit diesem Paket sagt Bozens Kommissar Michele Penta der Bettelei in der Landeshauptstadt nun weit entschlossener den Kampf an als die vorherige Stadtregierung. Aktive Maßnahmen und Prävention gegen die aufdringliche Bettelei im Stadtgebiet: So wurde die Ergänzung der Stadtpolizeiordnung in der Stadtratssitzung am Donnerstag übertitelt. Bereits seit Juni waren mit einer auf sechs Monate beschränkten Verordnung  auch in Bozen Maßnahmen gegen die Bettelei in Kraft. Seitdem war Betteln etwa am Markt oder in einem Umkreis von drei Metern vor Geschäften verboten und konnte mit Geldstrafen in Höhe von 50 Euro geahndet werden. Penta geht nun aber weit darüber hinaus: Zur „Wahrung der Sicherheit und des Anstandes“ wird in Artikel 21 eine ganze Liste an zusätzlichen Orten angeführt, für die fortan ein Bettelverbot gilt: Ob vor Zugbahnhöfen, Krankenhäusern oder Altersheimen, ob vor Banken und Bankomatschaltern, vor Kirchen und Friedhöfen, Parkplätzen, auf Brücken oder an Straßenkreuzungen. Kurzum: Der Kommissar hat Bozen nach jahrelangen Diskussionen ein umfassendes Bettelverbot gebracht. Das nicht nur mit höheren Geldstrafen, sondern vor allem mit der Möglichkeit der Beschlagnahmung des erbettelten Geldes – oder im Fall von Wanderhändlern der Ware - durchgesetzt werden kann.

Begeisterten Applaus erhielt Michele Penta dafür umgehend von Ulli Mair. Sie wertet die Maßnahme als „Freiheitlichen Erfolg auf ganzer Linie“. Der Präfekt hätte innerhalb kurzer Zeit ein großes Problem erkannt, gegen das die Freiheitlichen seit jeher „ein entschlossenes und hartes Vorgehen“ gefordert hätten. „Die jahrelange, unsägliche Linksregierung der Landeshauptstadt mit SVP-Beteiligung hat politisch rein gar nichts auf die Reihe bekommen, außer aus Bozen eine schmuddelige Stadt zu machen, in der Stillstand herrschte und die Lebensqualität zusehends abnahm“, so Mair. Penta  hingegen nehme die Sorgen, Bedenken und Ängste von Bürgern und Kaufleuten endlich Ernst, indem er aufdringlichen und aggressiven Bettelbanden einen Riegel vorschiebe – und die „bisherigen politischen Verantwortlichen ziemlich alt aussehen lässt“, wie Mair meint.

Ganz anders klingt da eine erste, nicht-offizielle, Reaktion von Caritas-Direktor Paolo Valente. Auf seiner Facebook-Seite hinterfragt er die jüngste Maßnahme gegen bettelnde Menschen:  

PENSIERO BREVE?
I recenti e ricorrenti provvedimenti comunali contro le persone che chiedono l’elemosina sulle strade delle nostre città (benché non tutti uguali) sono forse l’espressione del cosiddetto “pensiero breve”? Di quel “pensiero semplice” che vuole dare risposte semplici a questioni complesse?

 

Bild
Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Fr., 11.12.2015 - 09:57

In einem Sozialstaat sollte keiner betteln müssen, deswegen finde ich nichts falsches am Bettelverbot. Im Gegenteil zum Mair und co. finde ich es genau so richtig wenn den Armen eine Broschüre in die Hand drückt in der man ihnen erklärt wo sie Hilfe bekommen.

Fr., 11.12.2015 - 09:57 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Michael Bockhorni
Michael Bockhorni Do., 24.12.2015 - 08:34

Ich finde mit diesem Vorgehen verliert Bozen in meinen Augen jeglichen Anstand und die Sicherheit ist durch die Bettelei sowieso nie gefährdet. Wer Menschen in Not ihr Geld wegnimmt diskreditiert sich selbst. Ich bin viel zu Fuß und mit dem Rad unterwegs und begegne dabei auch immer wieder Menschen, die betteln. 99% verhalten sich zurückhaltend und höflich, die wenige die manchmal noch ein zweites Mal nachfragen und ein paar Schritte mitgehen kann mensch einfach durch ein bestimmtes Auftreten Einhalt gebieten.
@ Menschärgeredichnicht: Die oft zitierten Anlaufstellen für Menschen in Not haben aus meiner beruflichen Erfahrung keine Hilfe- und Unterstützungsangebot für diese Menschen, welche keinen Wohnsitz in Südtirol haben bzw. die Geld für die Familie in deren Herkunftsländern sammeln. Gute Arbeit bei der Lösung des Problems „wie gehe ich mit Armut von anderswo in meiner Stadt um“ macht z.B. die Stadtverwaltung von Salzburg, welche in einem Runden Tisch mit allen Beteiligten sinnvolle Konzepte und Maßnahmen auf unterschiedlicher Ebene entwickelt hat. Erst letztens (4.12.) gab es einen aufschlussreichen Bericht über die Arbeit der Stiftung Concordia von Pater Sporschill in Ö1.

Do., 24.12.2015 - 08:34 Permalink