Gesellschaft | Spielsucht

Keine Tränen bei Schließung von Spielhallen

Die Drohgebärden gegen Südtirols Glücksspielreglement scheinen kaum den erhofften Effekt zu erzielen. Während die Politik bunkert, bringen ExpertInnen bei einer zweitätigen Tagung des Netzwerks Spielsucht frisches Material gegen die Glücksspielbetreiber.

Einheitliche Front gegen Glücksspielbetreiber in Südtirol. „Keine Träne würde sie abgewanderten Spielhallenbetreibern nachweinen“, schließt sich die Landessprecherin der BürgerUnion Josefa Brugger dem Tenor an, den Landeshauptmann Arno Kompatscher mit seiner Reaktion auf die Abwanderungsdrohung der Glücksspielbetreibers Adria Gaming und Allstar GmbH vorgegeben hat. Sprich: Der Schutz von Familien und Kindern hat in den Fall Vorrang vor dem möglichen Verlust von 115 Arbeitsplätzen. „Es bedarf schon einer besonderen Skrupellosigkeit,  Menschen in die Spielhallen zu locken und gleichzeitig zuzuschauen, wie deren hart erarbeitetes Geld mitsamt dem Familienleben den Bach runter fließt“, meint Josefa Brugger.
Sprich: Auf Steuergelder, an denen Familienschicksale hängen, kann verzichtet werden. Schließlich seien die Folgeschäden höher zu beziffern als die Einnahmen.

Kosten übertreffen Einnahmen um ein Vielfaches

Konkrete Fakten dazu liefert das Forum Prävention am Donnerstag nicht nur auf der Tagung „Furor ludi“, sondern auch der Südtiroler Tageszeitung, die aktuelle Statistiken zum Glücksspiel in Südtirol bringt. Demnach fließen jährlich beeindruckende 700 Millionen Euro in Automaten, Wettspiele & Co., wenn hochgerechnet wird, dass die SüdtirolerInnen pro Kopf 1400 Euro im Jahr für das Glücksspiel ausgeben. Rund 30 Millionen Euro davon fließen als Steuereinnahmen an das Land zurück. Und: 1,5 Prozent davon oder 450.000 Euro werden laut dem neuen Glücksspielgesetz für Behandlung und Prävention investiert.

Läppische Summen, wie der Direktor des Therapiezentrums Bad Bachgart Helmut Zingerle in der Tageszeitung meint: Denn allein eine achtwöchtige Therapie koste rund 10.000 Euro. Um nachhaltig gegen die Sucht anzukommen, müsse diese im Anschluss mit einer zweijährigen ambulanten Behandlung verbunden werden. Allein im Jahr 2013 waren laut Zingerele 300 SüdtirolerInnen wegen Spielsucht in Behandlung; tatsächlich betroffen sind laut Schätzungen allerdings 5000 bis 6000 Menschen. Rechnet man die daraus entstehenden Kosten hoch, seien sie ein Vielfaches der Einnahmen aus dem Glücksspiel ist der Leiter von Bad Bachgart sicher.

Weiter über reine Zahlen hinaus gehen dagegen die Inputs, die am Donnerstag und Freitag von ExpertInnen aus Italien, Deutschland und Österreich in Brixen gegeben werden. Sie reflektieren und diskutieren in Brixen auf der Tagung „Furor ludi“ über aktuelle Entwicklungen in Prävention und Therapie von pathologischem Glücksspiel und exzessivem Umgang mit den neuen digitalen Medien. Unter den ReferentInnen der bekannte österreichische Psychiater und Neurologe Reinhard Haller, der Leiter der Antidrogen-Stelle des römischen Ministerrats Giovanni Serpelloni oder Jörg Petry von der Projektstelle pathologisches Glücksspielen und PC-/Internet-Spielen in Düsseldorf.