Wer am Montag die aktuelle Ausgabe des “Tagblatts der Südtiroler” aufschlägt, staunt nicht schlecht. Fast die ganze halbe Seite 7 nimmt eine bunte Zeichnung ein. “SVP-Parteiausschuss stimmt über die zukünftige Landesregierung ab” – neben dem Titel thront das (gezeichnete) SVP-Edelweiß-Logo.

Eine Anzeige der SVP, am Tag, an dem die parteiinternen Würfel über Landesräte und Zuständigkeiten fallen? Schon beim Betrachten der in der Zeichnung dargestellten Szene wird klar, dass es kein Auftragswerk aus der Bozner Brennerstraße sein kann. Und spätestens beim zweiten Blick wird klar: Es ist ein wohlplatzierter Querschuss.
Denn die großflächige Karikatur ist eine “Anzeige im Auftrag der SAD AG”, wie der (gesetzlich vorgeschriebene) Hinweis über der Zeichnung verrät.

So sieht er es

Bekanntlich mag es SAD-Chef Ingemar Gatterer bunt. Für seine wortgewaltigen Rundumschläge gegen Land, Landeshauptmann und Mobilitätsbeamte lädt Gatterer gerne zu Pressekonferenzen. Seine offenen Briefe schickt er an das halbe Land. Und jetzt sollen offensichtlich die Dolomiten-Leser mitkriegen, was Ingemar Gatterer von der aktuellen Führungsriege seiner Partei – er selbst ist SVP-Mitglied, war SVP-Ortsobmann und -Gemeinderat von Pfalzen, sein Vater ist Bürgermeister von Pfalzen – hält.

Die karikierte Szene zeigt Arno Kompatscher, Philipp Achammer und Daniel Alfreider bei der Abstimmung im Parteiausschuss. Während die restlichen Personen in der Zeichnung ihre Hand erheben, blickt Kompatscher wenig erfreut. Über ihm und Parteiobmann Achammer hängen dunkle Gewitterwolken, während aus den hinteren Reihen eine (faule?) Tomate (oder Apfel) auf den Landeshauptmann geworfen wird. Achammer hat der Zeichner in die Mitte gesetzt, zwischen die Vertrauten Kompatscher und Alfreider. Letzterer ist mit wirrem Blick dargestellt, er scheint nicht recht zu wissen, wo ihm der Kopf steht.

Die Handgeste des Parteiombannes ist nicht eindeutig. Stimmt Achammer gegen Kompatscher? Signalisiert er ihm “Stopp”? Oder ist es die Geste der Italiener für “Was willst du denn?”?
Wie dem auch sei, es ist nicht das erste Mal, dass Ingemar Gatterer versucht, Kompatscher und Alfreider madig bzw. lächerlich zu machen. Neu ist, dass er offenbar die SAD AG dafür bezahlen lässt.

Furore auf Facebook

Als bekannt wird, dass Daniel Alfreider wohl nächster Landesrat für Mobilität wird, und dann die Ungereimtheiten bei der Kubaturverschiebung von Alfreiders Almhütten publik werden, ergreift Ingemar Gatterer die Gunst der Stunde. “Ich werde Daniel Alfreider im Nacken sitzen”, verkündet er um Weihnachten in der Tageszeitung. Und kündigt an, selbst Nachforschungen anstellen zu wollen. Auf Facebook schreibt Gatterer “Sollte Daniel Alfreider trotz seines ‘Urbanistikschattens’ zum Landesrat ernannt werden, wünsch ich mir für 2019, dass er zumindest auch die Mobilität bekommt... ob am Ende vielleicht Staatsanwaltschaft oder Fegefeuer – mich hat er in jedem Fall als Weihnachtsgeschenk dazu.”

Zwei Wochen später ist Arno Kompatscher an der Reihe. Als der erste Entwurf des Regierungsabkommens zwischen SVP und Lega steht, kommentiert Ingemar Gatterer am 7. Jänner auf Facebook: “Schau, schau… im neuen Regierungsprogramm (…) wurde die Prüfung einer Verstaatlichung des Busverkehrs in Südtirol vereinbart…”
Tatsächlich heißt es in dem Dokument: “Überprüfung der Führung der öffentlichen Busdienste auf den Hauptstrecken durch eine In-House-Gesellschaft des Landes, als Alternative zur Vergabe” – womit Gatterers SAD am Ende durch die Finger schauen könnte. Der SAD-Chef aber sieht sich bestätigt: “Eine größere Bestätigung, dass unser 13.000-STIMMEN-LOSER ARNO KOMPATSCHER im Nahverkehr am Ende ist, konnte er nicht von sich geben… this is so GREAT…we are on a successful way”, schreibt Gatterer auf Facebook.

In einem Kommentar unter dem öffentlich sichtbaren Post legt er noch einen Scheit nach: “Zum Glück hat unser Landeshäuptling noch ein paar Unterstützer… diese arme Seele…” Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder, der sich schon als SAD-Berater betätigte und mit dem Gatterer eine enge persönliche Beziehung verbindet, bezeichnet Gatterer als “Fürst”, “Macher”, “Führer”. Im Gegensatz zu Durnwalder sei Arno Kompatscher ein “Loser”, der zuletzt “nur 68.000” Vorzugsstimmen erhalten habe – knapp 13.000 weniger als 2013. “Eine wahre Leistung, die Institution ‘Landeshauptmann’ in nur fünf Jahren so abzuwerten”, meint Gatterer mit spöttischem Unterton.

Einige Tage lang bleibt der Post samt Kommentaren auf Facebook. Seit Ende vergangener Woche ist er nicht mehr aufzufinden. Hat ihn Ingemar Gatterer gelöscht, weil er es einmal zu bunt getrieben hat?