Gesellschaft | Missbrauch
Gerechtigkeit für die Opfer
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„Diese Zahl erschlägt einen“, zeigte sich Franz Planer schockiert, als er über eine Reportage in der FAZ vom 10. März berichtete. Unter dem Titel „Vertuschen Papst und Bischöfe bis zu eine Million Missbrauchsfälle“ wird darin dem Versuch der Aufarbeitung bzw. dem „Kartell des Schweigens in Italien“ nachgegangen. Laut dem genannten Bericht könnte die Dunkelziffer der Missbrauchsopfer in katholischen Einrichtungen seit 1950 bei rund 825.000 Opfer liegen – diese Zahl erschlägt einen tatsächlich.
Mit dem Beschlussantrag „Mut zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbedürftigen in kirchlichen und öffentlichen Einrichtungen in Südtirol“ wagte das Team K kürzlich einen Vorstoß auf Landesebene, um nach dem Vorbild der Erzdiözese München und Freising auch in Südtirol ein unabhängige Gutachter-Kommission einzurichten. „Es geht primär darum, die Opfer anzuhören und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“, erklärte Erstunterzeichner Franz Ploner auf Anfrage von Salto.bz. Viele Übergriffe lägen bereits Jahrzehnte zurück, seien verjährt oder der Täter verstorben. Nichtsdestotrotz obliege der Politik die Aufsichtspflicht, nicht nur über die Einrichtungen, die mit Steuergeldern finanziert werden, sondern auch über die kirchlichen Einrichtungen, ist Ploner überzeugt und weist auf das institutionelle Problem von Missbrauch hin: „Eine Institution kann nicht von Innen heraus eine Bereinigung durchführen. Veränderungen können nur durch eine unabhängige Kommission herbeigeführt werden – so wie in München oder in Köln.“
Hohe Dunkelziffer
Ploner wies im Rahmen der Landtagsdiskussion unter anderem auf die diözesane Ombudsstelle hin, die 2010 eingerichtet wurde und die Missbrauchsfälle laufend erfasst. Seit ihrer Einrichtung sei die Zahl der gemeldeten Fälle auf 100 angestiegen, noch im Oktober 2019 waren es 75 – die Dunkelziffer an Missbrauchsfällen in der Kirche dürfte jedoch weitaus höher liegen. Wie Pater Hans Zollner, ausgewiesener Kinderschutzexperte und seit 2014 Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen, im Interview mit Salto.bz erklärte, wird in der Fachliteratur davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer an Missbrauchsopfern acht bis zehn Mal höher ist als die bekannten Fälle.
Veränderungen können nur durch eine unabhängige Kommission herbeigeführt werden – so wie in München oder in Köln.
Rechtliche Bedenken
Nachdem absehbar war, dass insbesondere der erste Teil des Beschlussantrages, mit dem die Einrichtung einer unabhängigen Gutachterkommission gefordert wird, nicht auf die erhoffte breite Zustimmung stoßen würde, wurde er vom Team K zurückgezogen. „Wenn wir ihn zur Abstimmung gebracht hätten und er abgelehnt worden wäre, dann wäre er weg gewesen“, so Ploner. In Absprache mit Landeshauptmann Arno Kompatscher, der im Rahmen der Debatte zu bedenken gab, dass eine Kommission, sollte es sich bei der Aufarbeitung um Straftaten handeln, die noch nicht verjährt sind, auf laufende Ermittlungen Rücksicht nehmen müsste, wurde deshalb vereinbart, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären und anschließend einen neuen, konsensfähigen Antrag vorzulegen.
Im Laufe der nächsten Wochen wird eine Fachgruppe, die vom Landtagsabgeordneten Franz Ploner koordiniert und mit ausgewiesenen Experten besetzt wird, so unter anderem Gottfried Ugolini, Martin M. Lintner, einem Gerichtssachverständigen sowie weiteren an der Thematik interessierten Landtagsabgeordneten, an der Neuformulierung des Antrages arbeiten.
Dankbar für zusätzliche Angebote
Wie Gottfried Ugolini, Referent des Dienstes für den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen in der Diözese Bozen-Brixen, auf Anfrage von Salto.bz erklärt, befürworte er die Einrichtung einer unabhängigen Expertenkommission. Trotz Anlaufstellen wie der Ombudsstelle für Missbrauchsfälle gebe es immer wieder Klagen seitens Betroffener, die nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen. „Es stellt sich deshalb die Frage, welche zusätzlichen Angebote wir machen müssen“, so Ugolini.
Die Kirche ist gewillt, alles Nötige zu unternehmen.
Eine unabhängige Institution auf Landesebene könnte deshalb durchaus dazu beitragen, die Problematik zu enttabuisieren und öffentlich anzusprechen sowie Transparenz im Umgang mit Betroffenen und bei der Aufarbeitung zu gewährleisten.
„Die Kirche ist gewillt, alles Nötige zu unternehmen, damit Betroffene sich äußern können und Gerechtigkeit sowie Unterstützung erfahren“, betont der Referent des Dienstes für den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen. Darüber hinaus sollten Präventionsmaßnahmen unterstützt und gefördert werden. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang beispielsweise, dass die Vergabe von Förderbeiträgen an die Vorgabe gekoppelt wird, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen oder aktive Aufarbeitung zu betreiben.
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Missbrauchsopfer und Opfer
Missbrauchsopfer und Opfer von Gewalt allgemein, brauchen unbedingt eine neutrale, diskrete und rasch handelnde Anlaufstelle . Das Land Südtirol sollte eine solche einrichten und bedigungslos finanzieren.