Der neue Morgenstern
„Die Bucht“ heißt der Text, mit dem Giovi, der 24-jährige aus Auer gebürtige (Ex)-Jus-Student die Jury bei der Landesmeisterschaft überzeugen konnte; eine, wie es bei Poetry-Slams üblich ist, aus Publikumsgästen zusammengesetzte 5-köpfige Jury, die die nicht leichte Aufgabe hatte, den besten/die beste Spoken-Word-PerformerIn aus den 12 Teilnehmern herauszufiltern.
Giovi schaffte es mit einer Serie von „Wohlfühltexten“ wie er sie nennt: „Das sind Texte, die ich dann schreibe, wenn es mir gerade nicht so gut geht, Texte die mich motivieren und mich aufrichten sollen,“ erzählt der frischgebackene Slam-Meister. „Beim Finale im Sudwerk gab es wirklich eine ganze Reihe von kritischen und gut reflektierten Vorträgen, und auch ich hatte anfangs meinen eher ernsten Text „Und ich“ vorgetragen, doch dann wollte ich etwas Leichtigkeit in die Performance bringen.“ Giovis Spoken-Word-Vortrag ist eine ernsthafte und zugleich spielerische Angelegenheit, seine Rhetorik ist klar, deutlich und eindringlich, man spürt, dass das was er zu sagen hat, von tief drinnen kommt, ganz aus der eigenen Erfahrung heraus entstanden ist.
Foto: Lene Morgenstern
„In meinen Texten kann ich nicht lügen, da muss ich von meinen Problemen und meiner Sicht auf die Welt schreiben, und das gebe ich dann auf der Bühne weiter.“ Giovi gibt etwas von sich preis und die Zuhörer, das Publikum, verstehen das. „Ich habe oft schon gemerkt, dass die Leute froh sind, wenn ein anderer, also ich, so offen von seinen Problemen und Angelegenheiten spricht, ausspricht was für viele gilt, dass nämlich das Leben nicht einfach ist, dass jeder mehr oder weniger kämpft, und wenn ich oder ein anderer das in Worte kleiden, die vielleicht auch noch motivierend sind, dann erleichtert das alle.“ Auch beim Finale in Bozen ist genau dieser Funke übergesprungen, aber dass er damit gleich den Sieg davonträgt und somit den Wanderpokal „Morgenstern Trophy“ mit nach Hause nehmen darf, wäre ihm nicht im Traum eingefallen, gesteht der junge Literat. Denn Giovi ist ernsthafter Slammer seit gerade mal sechs Monaten, seit er sich getraut hat, zum ersten Mal auf die Bühne zu gehen. „Als ich dann oben stand, war es herrlich“, schwärmt er, „vor allem hab ich gemerkt, wie ein Kontakt zwischen mir und dem Publikum zustande kommen kann. Wenn es während der Performance auf einmal ganz still wird, dann weiß ich, ich hab einen Draht zu den Leuten, jetzt sind sie da.“
Diesen Draht hat Giovi beim Morgenstern-Finale herstellen können, aber auch beim Paradies-Festival in Mals: auch dort trug er seinen Lieblingstext vor und auch dort überzeugte er das Publikum und hinterließ Gänsehaut-Feeling. Das Schreiben betreibt Giovi seit Volksschulzeiten, phasenweise mehr oder weniger intensiv. „Doch seit meinem Jus-Studium in Trient, seitdem ich gemerkt habe, dass ich dort weniger Antworten auf meine vielen Fragen zum Verständnis dieser Welt bekomme, als ich geglaubt hab', ist das Schreiben wieder intensiver geworden.“ Giovi ist offen für alle Textsorten, vor allem für jene mit Live-Performance, die nur vollständig wirken, wenn sie vorgetragen werden; auch deshalb sieht er seine Texte nicht so gerne abgedruckt. Wir sind mit ihm einer Meinung und geben hier eine Kostprobe vom einzig existierenden Spoken-Word-Vortrag (produziert von franzmagazine) von Alex Giovanelli; doch mit Sicherheit kommt da noch einiges hinzu. Nicht zuletzt, wenn er im Herbst 2015 am Österreich Slam teilnehmen wird.