Gesellschaft | Polemik

FreiWild & die SS

Das Freiwild-Logo ähnelt dem Abzeichen einer Freiwilligen Division der Waffen SS, zu der auch das Polizeiregiment Brixen gehört hat. Alles nur Zufall?

Zufälle gibt es im Leben, anhand derer man wirklich alles erklären kann.
Auf der vorletzten Frei-Wild-CD „Still“ kommt im Song „Für immer Anker und Flügel“ folgende Strophe vor:

„Wenn Augen leuchten
Und die Schlacht beginnt
Wenn eure Stimme uns den Atem nimmt
Dann schallen Schreie durch die Nacht
Und unser Feuer ist entfacht
Wenn Grenzen fallen, und wir den Sturm bezwingen
Unangepasst- gehasste Lieder singen
Dann fällt der letzte Widerstand
Und wir überrollen jedes Land

„Sturm brich los und trag uns laut voran
Erhobenen Hauptes gegen den Untergang“

„Sturm, brich los“ ist ein Zitat des NS-Ideologen, Antisemiten und Propaganda-Ministers Joseph Goebbels. Mit diesen Worten endet Goebbels berühmte Sportpalast-Rede vom 18. Februar 1943 über den Aufruf zum „totalen Krieg“. Goebbels schrie in den aufgeputschten Saal: „Und darum lautet von jetzt ab die Parole: „Nun, Volk, steh auf, und Sturm, brich los!


NS-Propaganda: Goebbels Zitat

Vergangene Woche wurde Frei-Wild-Sänger Philipp Burger von Spiegel-Online auf diese textliche Übereinstimmung angesprochen. Seine Antwort:
„Die Geschichte ist mir neu. Was soll ich denn jetzt dazu sagen? "Sturm, brich los" ist ein allgegenwärtiger Slogan. Man wälzt beim Schreiben von Songs ja nicht jedes Mal die Geschichtsbücher.“
Burger mit seiner Vergangenheit als jugendlicher Neonazi und die deutschtümelnde Rechts-Rock-Band aus Brixen haben natürlich nichts mit Goebbels oder Nazis am Hut.
Das Ganze ist reiner Zufall.


Das Logo

Frei Wild haben ein geniales Logo. Der Schriftzug und Hirschgeweih sind wie gemacht, als Tattoo unterhalb der Glatze, auf der gestählten Brust oder als Arschgeweih auf dem deutschen Volkskörper zu prangen. Der Brixner Band ist es gelungen, mit diesem Logo eine echte Marke zu kreieren.
Zum offiziellen Schriftzug mit stilisiertem Geweih gibt es auch noch eine etwas ältere Zweitversion. Dort ist oberhalb des Schriftzugs der gesamte Hirschkopf zu sehen.

Woher das Logo kommt, darüber gibt es keine konkreten Aussagen der Band. Auffallend ist die Ähnlichkeit dieses Logos mit dem Jägermeister-Logo. Weil der Kräuterlikör bei den Jugendlichen, auch in der rechten Szene Südtirols, aber lange Zeit exzessiv konsumiert wurde, geht man davon aus, dass das Logo im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee war.
 

 

Dabei ist das Verhältnis zwischen dem deutschen Getränkehersteller und der Brixner Rechts-Rock-Band nachhaltig gestört. Vor zwei Jahren wollte Jägermeister bei einem großen deutschen Festival als Sponsor abspringen. Aus Protest gegen Freiwild. Am Ende wurde die Brixner Band ausgeladen.

Der Ursprung?

Was weniger bekannt ist: Es gibt einen ganz anderen möglichen Ursprung des Frei-Wild-Logos.
Die SS gründete bereits in den dreißiger Jahren eigene militärische Verbände. Ab 1939 erhielt dieser SS-Arm die Bezeichnung Waffen-SS. Die Waffen-SS war eigenständig und unterstand dem direkten Oberbefehl des SS-Reichsführers Heinrich Himmler. Verbände der Waffen SS wurden sowohl an der Front, als auch in den Konzentrationslagern als Wachmannschaften eingesetzt. Beim Nürnberger Prozess wurde die Waffen SS als „verbrecherische Organisation“ eingestuft.
Insgesamt wurden 39 Divisionen der Waffen SS aufgestellt. Jede mit eigenem Namen und eigenem Logo, das am Revers der SS-Männer aufgenäht wurde. Das Logo der „31. SS-Freiwilligen-Grenadier-Division“ ist ein Hirsch, täuschend ähnlich jenem, dem jetzt auf dem Frei-Wild-Logo findet.

Logo der 31. SS-Freiwilligen-Grenadier-Division  

Aber hier einen Zusammenhang herzustellen, kann nur den Gehirnen links verblendeter Gutmenschen entspringen.
Denn natürlich ist auch das nur Zufall.

Brixner Männer

Die 31. SS-Freiwilligen-Grenadier-Division wurde am 4. Oktober 1944 in Ungarn aufgestellt. Die Division bestand vorwiegend aus sogenannten Volksdeutschen aus der Batschka, dem Banat und Siebenbürgen. Obwohl im Namen Freiwillig steht, wurden viele der SS-Männer zwangsrekrutiert.
Diese SS-Division hat aber auch einen direkten Bezug zu Südtirol. Der Division unterstanden 16 Regimenter, Abteilungen und Kompanien. Darunter auch das Polizeiregiment Brixen. Zufällig aus der Stadt, aus der auch Frei Wild kommt.
Bekannt ist auch, wie die Brixner zu der an der Ostfront stationierten 31. SS-Freiwilligen-Grenadier-Division kamen.
1944/45 wurden in Südtirol vier SS-Polizeiregimenter rekrutiert. Das Polizeiregiment Brixen war das letzte dieser Regimenter. Es wurde im Oktober 1944 aufgestellt. Dabei hat man nicht nur Dableiber eingezogen, sondern auch Mitglieder des Andreas Hofer Bundes der Südtiroler Widerstandsbewegung. Das Brixner Regiment umfasste Anfang Februar 1945 insgesamt 1335 Mann.
Bei der Vereidigung des Polizeiregiments Brixen kam es Ende Februar 1945 dann aber zu einem folgenschweren Zwischenfall. Die Waffen-SS musste auf Adolf Hitler vereidigt werden. Der gesamten Mannschaft wurde die Eidesformel vorgelesen. Daraufhin war nur ein undeutliches Murmeln als Antwort zu vernehmen. Auch ein zweimaliges Wiederholen der Eidesformel zeigte nicht die erwünschte Wirkung. Die Truppe wurde von ihren Vorgesetzten umgehend entwaffnet. Wenig später wurde das Polizeiregiment Brixen an die Ostfront verlegt und dort in die 31. SS-Freiwilligen-Grenadier-Division eingegliedert.
Doch davon weiß Philipp Burger ja anscheinend nichts, denn er „wälzt ja nicht Geschichtsbücher“.
Vor allem aber ist jede Ähnlichkeit mit Personen, Überzeugungen und Überbleibseln aus den Jahren 1933 bis 1945 nicht beabsichtigt und rein zufällig.

Update (27. 04.2015)

Die Redaktion erreichte heute folgendes Schreiben von Freiwild-Frontmann Philipp Burger, das wir hier unkommentiert wiedergeben wollen:

Hallo liebes Team von salto.bz,
gerade eben wurde uns der Artikel von Herrn Franceschini zugestellt. Bei allem Respekt zur Kritik an unserer Band, möchte ich Sie dennoch bitten, Herrn Franceschini darauf hinzuweisen, dass er in seiner Recherche einen gravierendenden Fehler gemacht hat. Das von ihm besagt SS-ähnliche Logo mit dem Hirschkopf ist nicht von uns und auch haben wir zu keiner Zeit ein Logo mit einem Hirschkopf benutzt, nicht früher, nicht heute, nicht morgen. Wie gesagt, es wäre sehr nett und mehr als nur richtig, wenn Sie ihn darauf hinweisen würden.
Lg aus Brixen.
Philipp Burger
PS. Zur Recherche: Das Logo im Anhang ist von Shirtinator, einem der führenden Shirt-Online-Versandhändler in Deutschland und hat mit uns als Band rein gar nichts zu tun.