Gesellschaft | Sprachen/Migration

Eine Chance für Südtirols Schule

Dana Engel vom EURAC-Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit über das Sprachenlernen von Kindern mit Migrationshintergrund.
Erneute Zusammenarbeit zweier exzellenter Musiker: Das Album „Talèa“ von Manuel Randi und Alex Trebo ist am 13. April 2023 erschienen und enthält zehn instrumentale Songs.
Foto: Alex Trebo / Manuel Randi

Frau Engel, wie bewerten Sie das Zurückrudern der Landesregierung in Sachen „Sprachenschule für Migrantenkinder“ und das Setzen auf die Sprachenzentren?

Erst einmal bin ich froh über diese Entscheidung, wir haben ja auch einen Brief an die Landesregierung geschrieben, in dem wir das Vorhaben kritisierten. Nun ist zu sehen, wie dieser Sprachunterricht eingerichtet wird, ob das zusätzlich zu den Schulstunden geschieht oder in den Fachunterricht integriert wird.

Was wäre in Ihren Augen besser?

Ein Entweder/Oder kann es hier nicht geben. Bisher wird der Unterricht an den Sprachenzentren außerhalb des regulären Schulunterrichts angeboten, also an den freien Nachmittagen. Wenn dieser Unterricht jetzt breiter und intensiver angeboten wird, dann weiß ich nicht, ob das zielführend ist, schließlich verlängert sich ein Schultag so enorm und wie aufnahmefähig Kinder um 17 oder 18 Uhr noch sind, ist zweifelhaft.

Sollte hingegen der Sprachunterricht  in den Curricularunterricht eingegliedert werden, muss die Kommunikation und Logistik zwischen Fach- und Sprachlehrern verbessert und strukturiert werden.

Wäre es denkbar, dass gewisse Fächer dem Sprachunterricht weichen müssen?

Das wäre in meinen Augen die falsche Botschaft, wenn etwa Musik oder Sport für Kinder mit Migrationshintergrund gestrichen würden, weil sie in dieser Zeit zum Sprachunterricht gehen. Hier schafft man eine Klassifizierung von Fächern, also Unterricht mit „geringem Ansehen“, das wäre der falsche Weg.

Wo soll dieser Sprachenunterricht stattfinden, wenn man bedenkt, dass ausländische Familien nicht nur in Bozen oder Meran leben, sondern auch in entlegeneren Dörfern?

Hier werden Klassen zusammengeführt, zum Beispiel aus mehreren Grundschulen zu einer einzigen Sprachenklasse mit 12 bis 15 Schülern. Wie das logistisch zu organisieren ist, wenn das entlegenere Gegenden betrifft, wo vielleicht nur wenige Kinder den Sprachunterricht nutzen, muss man herausfinden.

Wird es mehr Personal an den Sprachenzentren brauchen?

Die Auslastung an den Sprachenzentren ist bereits jetzt sehr gut. Da wird es sicher mehr Lehrer brauchen, wenn man ein bildungssprachliches Unterrichtsniveau anpeilt; wenn die Kinder also eine Sprache wirklich so lernen sollen, dass sie den Unterricht damit gut bewältigen können. Das dauert nicht ein oder zwei Jahre, sondern wir rechnen mit 5 bis 7 Jahren. Spracherwerb braucht seine Zeit, aber vor allem Offenheit und Wertschätzung der Arbeit die bereits an den Schulen gemacht wird. An deutschen wie italienischen Schulen finden mehrsprachige und integrierte didaktische Modelle statt, die sehr gute Ergebnisse zeigen. Hierauf könnte man bauen, und vor allem wären die Fachlehrer stärker in den Sprachunterricht zu integrieren. Die Forschung hat gezeigt, dass die Sprachkompetenz der Kinder am besten im Verbund mit den Fachlehrern steigt, wenn also Sprach- und Fachunterricht sich einander öffnen. Die Instrumente dafür gibt es bereits, etwa der personenbezogene Lehrplan, wo sich Fachlehrkraft und Sprachlehrkraft zu einem Kind auf ein gewisses Unterrichtsziel einigen. Dieses Instrument könnte jetzt intensiver genutzt werden.