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David Neuhauser und der kaputte Sensor

Der Brunecker Musiker und Fotograf David Neuhauser zeigt im Buchladen Bruneck eine Auswahl seiner digitalen (und abstrakten) Fotos, die mittels „kaputter“ Kamera entstanden sind, und er kündigt ein neues Album als Soundivad an.
David Neuhauser „Abstrakte Fotografie (1)
Foto: David Neuhauser
  • David Neuhauser ist als Musiker schon ziemlich einige Zeit unterwegs. Neben verschiedenen Bandprojekten, in denen er bislang involviert war, hat er in den letzten Jahren aber vor allem mit seinem Soloprojekt Soundivad Musik veröffentlicht. Parallel dazu fotografiert Neuhauser schon sehr lange und mit viel Akribie. Es mag also verwundern, wenn er in seinen neuen Arbeiten einen kaputten Sensor der Camera eines alten Handys als Ausgangspunkt nimmt und eine Auswahl dieser Arbeiten zeigt: Die Ausstellung mit dem Titel „Abstraktografie“ von David Neuhauser wird heute, Freitag, 16. Februar 2024, um 19 Uhr im „Buchladen am Rienztor“ in Bruneck eröffnet (zu den Details siehe Flyer am Artikelende).

    Aber Neuhauser relativiert das „kaputt“, bzw. präzisiert: „Der Sensor war nicht kaputt, aber alt. Ich habe mir die Defizite der alten Sensoren künstlerisch zu Nutze gemacht. Da diese alten Sensoren ihre Probleme mit schnellen Bewegungen hatten, habe ich die Camera beispielsweise geschüttelt oder absichtlich schnell bewegt. Bei neuen Cameras ergibt das eine Bewegungsunschärfe, aber bei diesen alten Sensoren veränderten sich die Bilder noch zusätzlich und dabei entstanden mitunter auch klar definierte Strukturen. Ich sehe diese wie Pinselstriche und die Nutzung der Camera wie eine Pinselführung.“

    In einem zweiten Schritt hat Neuhauser die Bilder digital bearbeitet: „Natürlich habe ich sie noch ein wenig bearbeitet, die Kontraste und die Farben teilweise verstärkt, habe aber auch mit Texturen-Überlagerungen gearbeitet, um den Bildern einen gewissen Grip zu verleihen.“ 

  • „Ich habe mir die Defizite der alten Sensoren künstlerisch zu Nutze gemacht“: David Neuhauser zum Zugang der Bilder, die er ab heute, Freitag, 16. Februar 2024, im „Buchladen am Rienztor“ in Bruneck zeigt. Foto: David Neuhauser
  • Dass das Publikum seine Schwierigkeiten mit abstrakter Fotografie, mit abstrakter Kunst haben könnte, das ist für Neuhauser kein Thema. „Abstrakte Kunst ist heute kein Fremdwort mehr, und irgendwann ist jedem schon einmal ein abstraktes Bild untergekommen. Prinzipiell sollten diese Arbeiten als abstrakte Bilder betrachtet werden. Es mag vielleicht interessant sein darüber zu rätseln, was war das, was ist das? Aber das sollte nicht der Sinn und Zwecks sein, sondern die Farben, die Bewegung und die Formen als abstrakte Bilder wahrzunehmen. Daher kommt auch der Ausstellungstitel ‚Abstraktografie‘, weil es eben abstrakte Fotos sind.“

    Es geht also darum, die Dinge zu sehen, die über das Objekt hinausgehen, Dinge, die vom Objekt losgelöst sind? „Ja genau, und die Bilder als abstrakte Komposition zu sehen.“

  • „Sinn und Zweck sollte sein, die Farben, die Bewegung und die Formen als abstrakte Bilder wahrzunehmen“: David Neuhauser's Tipp, wie seine Arbeiten im „Buchladen am Rienztor“ in Bruneck gesehen werden sollten. Foto: David Neuhauser
  • K.I. und Fotografie

    Natürlich haben wir David Neuhauser mit dem Thema „K.I. und Fotografie“ konfrontiert und das Gespräch, das sich dabei entwickelt hat, zeigt ihn relativ gelassen. Neuhauser sieht die K.I. als ein neues Medium, ein neues Werkzeug, das vom Menschen genutzt werden will. Der Mensch, der Künstler wird von ihr nicht ersetzt, denn das Ergebnis ist letztlich das Ergebnis der Vorstellungskraft jenes Menschen, der die K.I. benutzt.

    Neuhauser selbst nutzt die K.I. bereits seit einiger Zeit, und er hat dabei nicht nur seine Erfahrungen gemacht, sondern auch bereits das eine oder andere veröffentlicht: „Es gibt diesbezüglich verschiedene Bereiche in der Fotografie, bei denen die K.I. zum Einsatz kommt und dabei zum Teil Erstaunliches ermöglicht. Man kann mit K.I. Bilder ausgezeichnet entrauschen und schärfen.

    Der generative Teil der K.I. ist zum Teil noch recht sperrig, aber auch hier ist es erstaunlich, was sich innerhalb kürzester Zeit getan hat. Mein Video zu ‚A Story About A Knight‘ habe ich mit Bildern gemacht, die von der K.I. generiert wurden. Ich habe von der K.I. zu den einzelnen Textzeilen des Songs ‚A Story About A Knight‘ Bilder generieren lassen, um die Story des Songs bildlich darzustellen. Ich habe diese Bilder natürlich bearbeitet, das war dann wieder ‚Handarbeit‘, aber es ist wie gesagt erstaunlich was alles möglich ist. Es ist aber nach wie vor kompliziert, etwas Brauchbares und Gutes hinzubekommen. Die K.I. hat mit generischen Bildern keine Probleme, aber wenn es um Kontext geht, dann wird es schwierig. Die Bilder, die in meinem Video zu sehen sind, sind das Ergebnis vieler Zwischenschritte und ich habe etwa eineinhalb Monate für das Video gebraucht. Hätte ich diese Bilder aber selbst machen müssen, auf welche Art und Weise auch immer, dann hätte ich bestimmt über ein Jahr gebraucht.“

    Neuhauser ist sich der Gefahren bewusst, die die K.I. mit sich bringt. Stichwort: Fake. „Wo ich die große Gefahr sehe, ist bei weltpolitischen Fakes, denn mittlerweile ist es durchaus möglich, in einem kurzen Video Putin oder Biden relativ glaubwürdig zu faken, stimmlich, bildlich... es wird sicher zunehmend schwierig, einen Fake zu identifizieren.“

  • Soundivad: „The Story About A Knight“ (Official Music Video)
    (c) Soundivad / David Neuhauser

  • Auf die Frage, warum er den „Buchladen am Rienztor“ als Ausstellungsort gewählt hat, antwortet Neuhauser: „Den Buchladen finde ich deswegen toll, weil er eine Plattform für lokale, unabhängige Künstler zur Verfügung stellt und unterstützt. Lokale Kunst findet eigentlich viel zu wenig Beachtung. Vor allem ich als unabhängiger Künstler finde seine unkomplizierte und zugängliche Art und Weise super.“

    Neuhauser wird während der Ausstellungseröffnung heute Abend, 19 Uhr, natürlich etwas zu seinen Bilder sagen, er wird aber auch, als unaufdringlichen Soundtrack im Hintergrund, Aufnahmen seines Projektes Soundivad abspielen. Das Nachfolgealbum zu „Close Enough, What Else?“ (2022), wird 16 Tracks enthalten, einige davon sind Neubearbeitungen bereits bestehender Songs, aber einige davon sind völlig neu. Es fehlt eigentlich nur das Cover-Artwork und die Entscheidung, wie genau es erscheinen soll: „Der Release ist nach dieser Ausstellung mein nächstes Ziel. Mal schauen, es kann manchmal schnell gehen, aber man muss auch die Zeit dazu finden. Ich denke in ein, zwei Monaten sollte es soweit sein.“

  • Der digitale Flyer für eine Ausstellung digitaler Fotografie: Die Ausstellung „Abstraktografie“ des Musikers und Fotografen David Neuhauser läuft bis Ende März 2024. Foto: David Neuhauser / Buchladen Bruneck