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"Musik ist wie der Wind"

Das Piano Quartett Notos, das am 17. März in Trient zu Gast ist, spricht im Interview darüber, was ihre Musik und die Mythologie der griechischen Antike gemeinsam haben.
Notos
Foto: Notos Quartett

Am 17. März ist Notos Quartett zu Gast bei der Philharmonischen Gesellschaft von Trient. Das Ensemble besteht aus dem Geiger Sindri Lederer, der Bratschistin Andrea Burger, dem Cellisten Philip Graham und der Pianistin Antonia Köster. Sie werden Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, Johannes Brahms und Carlo Galante spielen. Wir befragten die vier Musiker zu ihrem Repertoire und zu den Möglichkeiten der Musik, unser Leben zu verändern.

 

Salto.bz: In der griechischen Mythologie ist Notos die Personifikation des Südwindes. Es ist der Wind des Regens und der Stürme. Verweist der Name des Quartetts auf diese Mythologie?

Notos Quartett: In der Tat verweist unser Name auf die griechische Mythologie, allerdings gilt der Südwind Notos als vornehmlich warm und sanft. Doch auch stürmisch kann es durchaus werden, da haben Sie recht. Es ist genau diese Vielseitigkeit, von der leisen Brise bis zum schweren Sturm, die auch wir mit unserer Musik verkörpern wollen und mit der wir unser Publikum berühren möchten. Denn mit Musik verhält es sich ganz ähnlich wie mit dem Wind: Sie ist spürbar ohne greifbar zu sein.

In Trient wird das Ensemble Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Johannes Brahms und Carlo Galante spielen. Galante ist ein Komponist aus Trient, der sein Studium bei Nicolò Castiglioni und Paolo Castaldi am Mailänder Konservatorium absolvierte, wo er heute unterrichtet. Wie wurden seine "Erzählungen in Form eines Quartetts" Teil Ihres Repertoires?

Die Philharmonische Gesellschaft in Trient machte uns auf den Komponisten Carlo Galante aufmerksam, worüber wir uns sehr gefreut haben! Wir suchen immer nach Möglichkeiten, unser Repertoire zu erweitern - sei es durch das Wiederentdecken in Vergessenheit geratener Meisterwerke oder das Erarbeiten neuer, für uns geschriebener Werke. In Trient das Werk eines heimischen Komponisten zu spielen, ist natürlich eine besondere Gelegenheit, die wir unbedingt wahrnehmen wollten.

 

Wie entsteht ein neues Programm des Notos Quartetts?

Ein neues Programm entsteht gemeinsam und aus einer Kombination verschiedener Aspekte. Lassen Sie es mich am Beispiel unserer neuen CD „Paris Bar“ deutlich machen, die am 25. März 2022 erscheinen wird. Auf ihr finden sich Werke dreier Komponisten: Jean Françaix, Alexandre Tansman und Lázló Lajtha. Zunächst sind alle Klavierquartette auf dieser CD äußerst selten gehörte Werke, im Falle des Quartetts von Lajtha sogar eine Weltersteinspielung. Wir können somit dazu beitragen, bis dato ungehörte Musik hörbar zu machen. Darüber hinaus zieht sich in Form der Stadt Paris, in der alle drei Komponisten trotz ihrer verschiedenen Herkunft Zeit verbrachten, ein roter Faden durch das Programm, welcher aus drei einzelnen Werken eine zusammenhängende Geschichte macht. Natürlich spielen wir, wie auch in Trient, liebend gern die zentralen Meisterwerke von beispielsweise Mozart und Brahms. Doch ist es uns ein Anliegen, eben diese mit bisher weniger oder gar ungehörtem Repertoire sowie neuer Musik zu kombinieren, um alle Elemente des Klavierquartetts in den Vordergrund zu rücken.

Stimmt ihr mit Dostojewski überein, dass "die Schönheit die Welt retten wird"?

Dostojewskis Definition von Schönheit liegt eine Idee zugrunde, die in diesem Interview aufzugreifen den Rahmen unserer Antwort sprengen würde. Sein Verständnis von Schönheit diente ihm als Inspirationsquelle und Licht in dem vielen Dunkel, das er im Mensch-Sein sah: Schönheit hat Dostojewskis Welt gerettet. Wir möchten uns auf unsere Erfahrungen beschränken und unser Ensemble als eine Art Nukleus des Zwischenmenschlichen betrachten: das Streben nach einer durch Empathie, Rationalität und Kommunikation erreichten Ebene einer gemeinsamen Empfindung ist für uns ein Prozess, der eine Verbesserung unser aller gemeinsamen Lebens bedeuten und somit einen Teil zur Rettung unserer Welt beitragen kann. Aus diesem Miteinander kann Schönheit entstehen. Schönheit kann inspirieren, sie kann motivieren und uns Hoffnung spenden. In ihrer Begrifflichkeit bleibt sie unserer Meinung nach dennoch zu subjektiv belegbar, um jemals verallgemeinert für die Rettung der Welt stehen zu können.

Was wünscht sich das Notos Quartett für die Zukunft?

Zum Zeitpunkt dieses Interviews befinden wir uns noch immer inmitten der Corona Krise und verfolgen seit bald zwei Wochen mit Entsetzen den brutalen Angriff Putins auf die Ukraine. Zunächst wünschen wir uns ein Ende des unsäglichen Leids der Menschen in der Ukraine und die Wiederherstellung eines friedlichen Europas. Nach vielen abgesagten Konzerten während der Corona Pandemie wünschen wir uns ein Sich-Besinnen auf die Kultur als Form des menschlichen Austauschs. Wir wünschen uns, so viele Menschen wie möglich mit dem zu berühren, was uns begeistert und hoffen, damit einen kleinen Teil zu dem beizutragen, was Dostojewski „Schönheit" nannte.