Politik | Corona

Massentests ohne Wirkung bis jetzt

Bei einem Vergleich des Pandemieverlaufs in Südtirol mit anderen Provinzen in Norditalien fällt auf, dass die Massentests anscheinend keine positiven Effekte haben.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Corona-Screening
Foto: Othmar Seehauser

Wie könnte man überprüfen, wie sich die Massentests auf den Pandemieverlauf in Südtirol ausgewirkt haben? Da müsste man wie bei Medikamententests eine Vergleichsgruppe haben. Also einmal Südtirol mit Massentest und einmal Südtirol ohne Massentest. Das geht natürlich nicht.

Es gibt aber andere Provinzen im Norden Italiens mit ähnlichem Pandemieverlauf, die sich gut mit Südtirol vergleichen lassen.
In Abbildung 1 sind die meisten Provinzen und Regionen in Norditalien eingetragen. Die Fälle mit Covid-19 sind hier auf die Bevölkerungszahl bezogen. Dazu verwendet man die sogenannte 7-Tage-Inzidenz, d.h. alle neuen Fälle in 7 Tagen pro 100.000 Einwohner. Die Inzidenz wird auch hier auf salto.bz erklärt.

Die einzelnen Kurven in Abb. 1 ergeben natürlich ein ziemliches Durcheinander, weil die meisten Provinzen einen unterschiedlichen Pandemieverlauf haben.
Aber wenn man genau hinschaut, kann man erkennen, dass Südtirol und die Provinzen Mailand, Monza und auch in Teilen die Provinz Varese einen sehr ähnlicher Verlauf haben (siehe Abbildung 2).
Alle diese Provinzen waren wie Südtirol rote Zone. Diese Provinzen haben alle um den 10. Oktober einen starken Anstieg der Inzidenz, ungefähr das gleiche Maximum und einen Rückgang der Fälle um den 21. November herum.
In den Provinzen Mailand, Monza und Varese, alle ohne Massentests, gehen die Fälle genauso stark und sogar eher etwas mehr zurück als wie in Südtirol.
Anscheinend hatte die Massentestung in Südtirol vor über 3 Wochen keinerlei positiven Einfluss auf den Pandemieverlauf. Eher im Gegenteil, die Zahlen sind in Südtirol sogar ein wenig schlechter als in anderen roten Zonen wie Mailand, Monza und Varese.

Der Einfluss der Massentestung wurde anscheinend von Sanität und Landesregierung im Vorlauf viel zu positiv bewertet.

Über die Gründe des nicht vorhandenen Einflusses der Massentestung kann man nun vermuten:

  • Ein einmaliger Massentest hat wohl grundsätzlich keinen Einfluss auf den Pandemieverlauf. Die Massentests müssten viel öfter durchgeführt werden, vielleicht jedes Wochenende über mehrere Wochen.
  • Es wurden 30% falsch negativ getestet (das liegt in der Natur des Antigentest, diese haben eine Spezifität von 99.9% und eine Sensitivität von 70%). Es wurden ja 3615 Personen beim Massentest positiv getestet. Aber ebenso wurden 1397 Personen falsch negativ getestet obwohl sie infiziert waren. Diese wiegen sich in falscher Sicherheit und stecken andere Personen an.
  • Die Sanität war komplett ausgelastet mit der Durchführung des Massentests und konnte so ihre normale Überwachung der Pandemie nicht aufrecht erhalten.
  • Ein viel zu positives Bild der Massentests wurde vermittelt von Medien und Landesregierung. Als wäre nach Massentestung eine Rückkehr zum gewohnten Alltag möglich. Dadurch waren vieleicht einige zu sorglos nach einem negativen Testergebnis.
  • Durch die geringe Positivquote von 1% ist vielleicht der Eindruck entstanden, dass die Pandemie eh schon zurück gedrängt ist und von daher z.B. keine AHA-Regeln mehr eingehalten werden müssen.
  • ...

Diese Dinge sollten vielleicht berücksichtigt werden, falls ein neuer Massentest in Südtirol geplant werden sollte. Vielleicht wäre es stattdessen besser, mehr Energie in die Kontaktnachverfolgung der positiv Getesteten zu investieren. Diese ist leider seit Wochen in Südtirol nur mehr in Grundzügen vorhanden.