Wirtschaft | Preissteigerungen

Wo liegt meine persönliche Inflation?

Während eine Preissteigerung die nächste jagt und die Preise allgemein in die Höhe schießen, fällt die persönliche Inflation der einzelnen Haushalte individuell aus.
Einkauf
Foto: Melanie Lim

Die Inflationsrate der Gemeinde Bozen beträgt im Februar 6,8 Prozent - ein jahrelanger Höchstwert, der auf die Höchstwerte im Dezember (+4,1 Prozent) und im Januar (+6,2 Prozent) folgt. Rohstoffknappheit, ein pandemiebedingter wirtschaftlicher Aufschwung und nicht zuletzt der Krieg treiben die Preise in vielen Sektoren - und vor allem bei Energie und Treibstoffen - in die Höhe. Wie repräsentativ sind die allgemeinen Inflationswerte aber für die einzelnen Haushalte?

 

Persönliche und erhobene Inflation

 

“Inflationsberechnungen sind schwierig”, erklärt Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Südtirol. “Vor allem deshalb, weil die erhobene Inflation, nicht immer der gefühlten entspricht.” Jede Person hat einen anderen Warenkorb, die Teuerung wird individuell also anders wahrgenommen. Wer etwa auf ein Auto angewiesen ist und lange Strecken fahren muss, hat bei steigenden Benzinpreisen deutlich höhere Ausgaben als eine Fahrradfahrerin in der Stadt. Und wer auf eine energetisch effiziente Behausung zählen kann, spart gegenüber jenen, die auf schlecht isolierte Mauern und Fenster angewiesen sind. Diese Überlegungen treffen besonders jetzt, wo die Preise in der Kategorie Wohnen, Wasser, Energie und Treibstoffe allein im Februar im Vergleich zum letzten Jahr um 38,5 Prozent gestiegen sind, zu.

 

Zudem kommt, dass die gefühlte Inflation oft deutlich über der offiziellen Zahl liegt. Wie der Wirtschaftswissenschaftler der Universität Leipzig, Gunter Schnabel, erklärt, nehmen Menschen vor allem bei Gütern des täglichen Gebrauchs Teuerungen oft viel stärker wahr als Preisreduktionen. Eine Tatsache, die sich auch in von der EU-Kommission durchgeführten Umfragen widerspiegelt, wonach die gefühlte Inflation im Euroraum deutlich höher ist als jene, die von der EU-Statistikbehörde Eurostat ausgewiesene wurde. Sowohl die berechnete als auch die gefühlte Inflation der einzelnen Haushalte kann also deutlich über oder unter der allgemeinen Inflationsrate eines Gebiets liegen.

 

Intransparente Märkte

 

Ein Faktor, der sich zusätzlich auf das Preisniveau der eigenen Ausgaben auswirkt, sind intransparente Marktmechansimen: “Prinzipiell ist der Preis eine wesentliche Eigenschaft eines Produkts”, so Bauhofer. “Ein Kaufvertrag kommt im Idealfall nur dann zustande, wenn Preis und Qualität übereinstimmen.” In einem nicht funktionierenden Markt sei es aber schwierig, verschiedene Angebote zu vergleichen, wodurch es zu unbegründeten Preissteigerungen kommen könne, so Bauhofer. Während ein Preisvergleich beispielsweise im Lebensmittelsektor oder bei Treibstoffpreisen relativ einfach sei, seien Sektoren wie das Baugewerbe, aber auch der Telefonsektor viel undurchsichtiger: “Es ist schwierig und oft aufwendig, die verschiedenen Angebote zu vergleichen", erklärt Bauhofer. Auf diese Weise ist es möglich, dass einzelne Wirtschaftsteilnehmer für dieselbe Warenkategorie unterschiedlich hohe Preise stemmen müssen - intransparente Märkte können aber auch eine allgemeine Preiserhöhung mitsichziehen.

 

Maßnahmen, die den Verbrauch berücksichtigen

 

Trotz der deutlichen Unterschiede, die die persönliche Inflation der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer prägen, ist es unbestreitbar, dass einige vor einem für sie kaum stemmbaren Kostenaufwand stehen. Angesichts der Situation ist laut Bauhofer auch die öffentliche Hand gefordert, einfache und transparente Mechanismen zu schaffen, um die einzelnen Wirtschaftsteilnehmer zu entlasten. Bauhofer nennt hier die mögliche Senkung der Verbrauchssteuern, die die Mehrausgaben der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer berücksichtigen würde.

Für Freitag, den 18. März hat die italienische Regierung weitere Unterstützungsmaßnahmen angekündigt.