Politik | Aus dem Blog von Lorenz Gallmetzer

Welcher Teufel reitet Beppe Grillo?

Nach der provokanten „Umdichtung“ Primo Levis und der Fotomontage des Auschwitz-Portals (Arbeit macht frei) postet Grillo am 17. April auf seinem blog „Norimberga all`italiana“. Darin fordert er, dass sämtliche Politiker, die in den letzten Jahrzehnten Verantwortung und Macht inne hatten, vor Gericht gestellt gehörten, wie nach dem 2. Weltkrieg die Nazi-Kriegsverbrecher in Nürnberg.

Warum macht er das? Das ist die erste Frage, die mir durch den Kopf geschossen ist, als ich Grillos Eintrag auf seinem blog gesehen habe. Hier anzusehen: ttp://www.beppegrillo.it/2012/06/norimberga_alli.html

Bei seiner Primo-Levi-Auschwitz-Provokation hätte man – mit viel Nachsicht, die ich in diesem Zusammenhang nicht aufbringen kann – noch sagen können: na gut, der Grillo mit seinem Temperament hat sich halt in unbedachter und unsensibler Weise zu dieser Provokation hinreißen lassen. Aber zwei Tage später noch einmal in dieselbe Kerbe zu hauen, das hat System.

Es ist natürlich legitim, dass eine radikale Oppositionsbewegung die gerichtliche Verfolgung – und mögliche Verurteilung – von Politikern für eventuell begangene Gesetzesbrüche fordert. Aber wozu der Vergleich mit den Nürnberger Prozessen? Das waren die internationalen Gerichtsverfahren unter Führung der alliierten Siegermächte zwischen 1945 und 1949 gegen hochrangige Verantwortliche der nationalsozialistischen Macht- und Kriegsmaschinerie – also gegen Kriegsverbrecher.  Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrnberger_Prozesse

Wieso muss  Grillo - nachdem er gesehen hat, wie sehr er nicht nur die jüdischen Bürger und ihre Vertreter in Italien brüskiert hat, sondern auch einen guten Teil der demokratischen Öffentlichkeit – noch einmal einen so fundamentalen Bestandteil der Bewältigung des Holocaust an den Haaren herbeizerren, um seine politischen Forderungen zu postulieren?

So banal es klingen mag: mir scheint, die einzige zynische Kalkulation dabei ist eine „Marketing-Strategie“, nach dem Motto – was kann ich noch tun, um jetzt in Wahlkampfzeiten (EU-Parlament) die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken? Das mit dem Holocaust, Levi und Auschwitz hat doch bestens funktioniert – also machen wir`s noch einmal. Degoutant!