Politik | Immobiliensteuer

Des Bürgers Freud, der Gemeinden Leid

Mit der Aussetzung der IMU auf Erstwohnungen wird am Freitag in Rom der erste Schritt zur Einlösung von Silvio Berlusconis Wahlversprechen gemacht. Was aber heißt das für Südtirols Gemeinden?
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Foto: Nosc Cunfin

Es ist eines der Zuckerln, auf die Silvio Berlusconi in seinen Wahlkämpfen setzt: die Abschaffung der Immobiliensteuer. Nach der ICI war es diesmal bekanntlich die noch ungeliebtere IMU. Am heutigen Freitag will der Ministerrat in Rom nun den ersten Schritt setzen, um das Versprechen des Koalitionspartners umzusetzen. Nach breiten Diskussionen soll vorerst per Dekret die im Juni fällige Rate auf Erstwohnungen ausgesetzt werden. In den kommenden Monaten wird dann die Entscheidung fallen, ob sich der schwer verschuldete Staat eine definitive Abschaffung der Steuer bzw. die Ausdehnung auf Betriebsgebäude leisten kann. Sicher scheint angesichts täglich neuer Meldungen aus Rom derzeit nur, dass Erstwohnungsbesitzer im Juni erst einmal verschont bleiben.

Was vielen Bürgern eine Freude ist, bringt für Südtirols Gemeinden vorerst einen Ausfall von rund 18 Millionen Euro bei den laufenden Einnahmen. Denn von insgesamt 210 Millionen Euro, die vergangenes Jahr in Südtirol an Immobiliensteuer gezahlt wurden, flossen 120 Millionen direkt in die Gemeindekassen. 36 Millionen Euro kamen von den zwei IMU-Raten der Erstwohnungen, sagt Gemeindeverbandspräsident Arno Kompatscher.

Bringt das Ausbleiben der Juni-Rate die Gemeinden nun ins Schlittern? „Unmittelbare Kassaprobleme sehe ich nicht“, sagt Kompatscher, „denn so viel Liquiditätspolster haben die Gemeinden schon.“ Am stärksten könnte der IMU-Ausfall der Gemeinde Bozen zu schaffen machen, die allein durch die Juni-Rate fünf Millionen Euro einnimmt. Allerdings ist laut Generaldirektor Helmuth Moroder auch nicht vorstellbar, dass die Gemeinden das Geld nicht über einen anderen Weg wieder hereinbekommen. „Bei der Abschaffung der ICI hat der Staat dafür noch Schulden gemacht“, sagt er, „diesmal wird wahrscheinlich eine andere Steuer eingeführt werden müssen, sollte die IMU tatsächlich abgeschafft werden.“

Schmerzhafte Ausfälle

Noch größere Probleme macht derzeit die Immobiliensteuer auf Betriebsgebäude. Und zwar nicht nur den Betrieben, die laut LVH-Präsidenten Gerd Lanz für die IMU zwei bis drei Mal so viel berappen müssen wie zuvor für die ICI – und heuer noch einmal mit Erhöhungen von 10 bis 15 Prozent rechnen müssen. Auch so manche Gemeinde kommt durch die Neuerungen bei der Verteilung der IMU-Einnahmen in akute Finanznöte. Erhielten die Gemeinden im Vorjahr noch 50 Prozent dieser IMU-Einnahmen, sind es nun 100 Prozent – mit Ausnahmen der Steuern auf Betriebsgebäude der Katasterkategorie D wie Hotels und Produktionshallen, die nun vollständig an den Staat fließen, erklärt Arnold Kompatscher. Was einigen Gemeinden finanzielle Verbesserungen bringt, treibt vor allem tourismusintensive Gemeinden in die finanzielle Not. „Allein die Gemeinde Schenna verliert dadurch beispielsweise 400.000 Euro, die sie nur durch Ausgabenkürzungen bewerkstelligen kann“, sagt der Gemeindeverbandspräsident.

Doch derzeit steht angesichts des römischen Hick-Hacks ohnehin alles still in Sachen IMU. Gerade diese Ungewissheit und Unplanbarkeit ist laut den Gemeindeverwaltern eines der generellen Probleme der Immobiliensteuer. „In Rom sollte man sich vielleicht einmal überlegen, welche konkreten Auswirkungen ein solches Handeln auf die Gemeinden hat“, meint Helmuth Moroder. Statt nun wie geplant die vorgefertigten Formulare zu verschicken, warte man in Bozen vorerst ab, dass endlich Klarheit einkehrt. Und zwar nicht für die Erstwohnungen, sondern auch für alle anderen Immobilien. „Am Ende werden wir nicht nur wir einen ziemlichen Stress haben, sondern wahrscheinlich auch die Bürger ziemlich unglücklich über das ganze Chaos sein.“