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Erschwerter Amtsmissbrauch

Die Ermittlungen um das Smarthotel Saslong haben neue Vorwürfe zu Tage gebracht. Die Staatsanwaltschaft will Anklage gegen Ex-Bürgermeister Eugen Hofer & Co erheben.

Moritz Demetz hat Pech. Der neue Bürgermeister von St. Christina hat von seinem Amtsvorgänger Eugen Hofer eine Zeitbombe geerbt. Das Smarthotel Saslong. Das Hotel mit seiner undurchsichtigen Baugeschichte steht seit über zwei Jahren im Zentrum von Ermittlungen des Staatsanwaltschaft Bozen. Die Ermittlungen, die vom stellvertretenden Staatsanwalt Giancarlo Bramante koordiniert werden, waren durch mehrere Eingabe der Anwohner ausgelöst worden. Ermittelt wird gegen den Villanderer Bauunternehmer Alois Rabensteiner, den Hotelbesitzer und Präsidenten des Tourismusvereins St. Christina Ezio Prinoth und gegen den früheren Bürgermeister von St. Christina und Unternehmer Eugen Hofer.
Moritz Demetz ist ungeschickt. Der SVP-Bürgermeister hat in den vergangenen Monaten mehrmals öffentlich verkündet, dass die Ermittlungen gegen seinen Vorgänger von der Staatsanwaltschaft archiviert wurden. Vor allem aber versucht Demetz die Ausweisung einer Tourismuszone für das Smarthotel Saslong durch den Gemeinderat zu treiben. Die Kritiker sagen, dass man mit dieser Erweiterung die Bausünden indirekt sanieren will.


Amtierender Bürgermeister Moritz Demetz: „Keine Verstöße gegen die Baubestimmungen“.

Es gibt keine Verstöße gegen die Baubestimmungen“, erklärte der Bürgermeister noch Mitte März im Gemeinderat. Bereits damals aber folgte die Herde dem Hirten nicht mehr. Der Gemeindeausschuss schlug vor, einen Rekurs der Anwohner gegen die Ausweisung der Tourimuszone Smarthotel abzuweisen. Im Gemeinderat ging Moritz Demetz damit aber baden. Die deutliche Mehrheit sprach sich gegen den Vorschlag des Gemeindeausschusses und damit für die Annahme des Rekurses aus.
Im Nachhinein dürfte man damit dem eigenen Bürgermeister Einiges an Ungemach erspart haben. Denn inzwischen ist klar, dass bei es bei der Erweiterung des Hotel zu schwerwiegenden Unregelmässigkeiten gekommen ist.

Hofers Pyrrhussieg

Zwei Jahre lang ermittelte Staatsanwalt Giancarlo Bramante gegen Ex-Bürgermeister Eugen Hofer, Bauunternehmer Alois Rabensteiner und Hotel-Besitzer Ezio Prinoth. Die Staatsanwaltschaft beauftragte einen bekannten Südtiroler Urbanistikfachmann mit einem Gutachten zum Bau des Smarthotels Saslong. Der Sachverständige, der alle Projekte (Einreicheprojekt plus Varianten) nochmals überprüft und durchgerechnet hat, kommt in seinem Gutachten zum Schluss, dass zwischen dem genehmigten Projekt und dem fertigen Hotel ein eklatanter Unterschied besteht. Konkret: 1021,62 Kubikmeter oder 790,16 Quadratmeter wurden zuviel, das heißt illegal, gebaut. Vor allem aber bestätigt der Gutachter, dass beim Bau nicht wie genehmigt 50 Zimmer verwirklicht wurden, sondern 56 Zimmer. Sechs Zimmer wurden in sogenannte statische Zwischenräume illegal eingebaut.
Eugen Hofers Unternehmen „Hofer Group“ lieferte für den Neubau die Bäder und sanitären Einrichtungen. Bürgermeister Hofer lässt gleichzeitig auch sein Privathaus energetisch sanieren. Tätig wird dabei zufällig dieselbe Baufirma von Alois Rabensteiner. Am Hause des Bürgermeisters wird eine Ummantelung zur Wärmedämmung gemacht. Am Ende stellt das Unternehmen eine Rechnung über 24.495,76 Euro, doch die Ermittler können nachweisen, dass Eugen Hofer diese Rechnung nie bezahlt hat.


Ehemaliger Bürgermeister Eugen Hofer: Warnte Hotelbesitzer vor Kontrollen.

Vor diesem Hintergrund ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Eugen Hofer auch wegen Bestechung. Diese Ermittlungen werden im November 2015 aber archiviert. Hofers Verteidiger legen der Staatsanwaltschaft eine Vereinbarung vor. Demnach war die Ummantelung eine Kompensation für Bauschäden, die an Hofers Haus bei Bauarbeiten entstanden sind. Warum diese Vereinbarung auf der ausgestellten Rechnung nicht vermerkt wurde und die Rechnung nie saldiert wurde, können sie nicht erklären.
 

Die Wende

Letztlich wird der Vorwurf der Korruption fallen gelassen, die Ermittlungen zu den augenscheinlichen Bauvergehen gehen aber weiter. Im Frühjahr 2016 kommt es dabei zu einem deutlichen Qualitätssprung.
Staatsanwalt Giancarlo Bramante hat vor zehn Tagen vier Personen den Bescheid über den Abschluss der Ermittlungen zugestellt. Der Staatsanwalt wirft dem Bauunternehmer und früheren Besitzer des Hotel Saslong Alois Rabensteiner, dem Architekten Markus Götsch, der die Bauabnahme unterschrieben hat und dem jetzigen Hotelbesitzer Ezio Prinoth mehrere strafbare Bauvergehen vor. Beanstandet werden nicht nur die illegal zu viel gebauten 1.021,62 Kubikmeter, sondern auch die Tatsache, dass für den Bau mehrere öffentliche Parkplatze vor dem Bau wiederrechtlich zweckentfremdet wurden. Der Hintergrund: Die Gemeinde hatte für das Hotel neun private Parkplätze genehmigt, die aber auf öffentlichem Gemeindegrund ausgewiesen und gebaut wurden.
Noch schwerer aber sind die Vorwürfe gegen den ehemaligen Bürgermeister Eugen Hofer. Bramante wirft Hofer neben erschwertem Amtsmissbrauch (Art. 323 StGB) auch fortlaufende und wiederholte Verletzung und Weitergabe von Amtsgeheimnissen (Art.81, 117 und 326 StGB) vor.
Im Mittelpunkt dieser schweren Vorwürfe stehen die sechs illegal errichteten Zimmer. Die Ermittler haben im Hotel die Bücher beschlagnahmt, die belegen, dass die Zimmer seit drei Jahren vermietet werden. Der Besitzer haben damit jahrelang eine ungerechtfertigten finanziellen und vermögensrechtlichen Vorteil genossen.
Eugen Hofer hat bisher immer bestritten, dass er von diesen Zimmer wusste. Seine Verteidigung: Mehrere Lokalaugenscheine der Gemeindetechniker hätten keine Unregelmäßigkeiten ergeben.

Hofers Warnung

Diese Verteidigungslinie haben die Ermittler jetzt aber zertrümmert. Eugen Hofer war 2010 noch gesetzlicher Vertreter der „Hofer Group“, die auch die Bäder für das Smarthotel Saslong geliefert hat. Die Beamten der Finanzwache beschlagnahmten im Unternehmen die Rechnungen für die Lieferung von 56 Bäder. 56 Bäder bei nur 50 genehmigten Zimmer?
Demnach wusste Eugen Hofer als Unternehmer von Beginn an, was er als Bürgermeister angeblich nicht bemerkt hat.

Eugen Hofer wusste als Unternehmer von Beginn an, was er als Bürgermeister angeblich nicht bemerkt hat. Seine Firma lieferte 56 Badeinrichtungen für ein Hotel, das angeblich nur 50 Zimmer haben durfte.

Doch es kommt für den ehemaligen SVP-Politiker noch dicker. Die Gemeindetechniker führten am 13. Dezember 2013, am 1. September 2014 und am 8. Jänner 2015 Kontrollen im Hotel durch. Dabei waren die illegalen Zimmer in den Hohlräumen – laut offiziellen Protokoll – durch Gipsplatten verschlossen und kaschiert.

Protokoll des Lokalaugenscheins: Nicht zugänglich.

Ezio Prinoth, Besitzer des Smarthotels Saslong und Präsident des Tourismusvereins sagte jetzt aber im Verhör aus, wie es dazu gekommen ist:

„Ich habe den damaligen Bürgermeister Hofer getroffen, der mir mitteilte, dass der Gemeinderat Stuffer auf einer Gemeinderatssitzung, verlangt habe, dass jährliche Kontrollen im Hotel Saslong zur Zimmerbesetzung erfolgen. Der damalige Bürgermeister Eugen Hofer hat mich deshalb aufgefordert, diese Zimmer (gemeint sind die sechs zusätzlichen wiederrechtlichen Zimmer – Anm. des Autors) nicht zu nützen, weil ein Kontrolle gemacht werden wird, die dann auch wenig später erfolgt ist.“

Hotelier Prinoth sagt auch aus, dass ihn nicht nur Hofer, sondern auch der Bauunternehmer Alois Rabensteiner später mehrmals vor Kontrollen der Gemeinde gewarnt habe. Deshalb bezichtigt Staatsanwalt Giancarlo Bramante auch Rabensteiner der Weitergabe und der Nutzung von Amtsgeheimnissen.
Durch die Ankündigung der Kontrollen konnte Ezio Prinoth jedes mal rechtzeitig die sechs Zimmer durch Gipskartonwände verschließen.

Die Abbruchverfügung

Wie eine Gipskartonwand dürfte spätestens mit dieser Aussage die Verteidungslinie von Eugen Hofer und Alois Rabensteiner in sich zusammenfallen.
Gleichzeitig scheint es auch in der amtierende Gemeindeverwaltung zu einem plötzlichen Sinneswandel gekommen zu sein. Die Staatsanwaltschaft wirft Eugen Hofer Amtsmissbrauch vor, auch weil er als Bürgermeister keinerlei Sanktionen gegen die Bauvergehen eingeleitet hat.
Es besteht die konkrete Gefahr, dass derselbe Vorwurf jetzt auch den amtierenden Bürgermeister Moritz Demetz treffen könnte. Dieser wurde durch Eingaben und den Rekurs der Anwohner, aber auch durch die zuständigen Landesämter von den Unregelmäßigkeiten bereits vor Monaten informiert.
Am 29. Februar 2016 führt die Gemeindeverwaltung eine neue Kontrolle im Smarthotel Saslong durch. Dabei findet man plötzlich die 5 illegale Zimmer plus ein nichtgenehmigtes Büro.
Bürgermeister Moritz Demetz eröffnet daraufhin am 3. März 2016 ein Verwaltungsverfahren gegen Ezio Prinoth und erlässt eine Verordnung zum Abbruch und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.
Unbeantwortet bleibt die Frage, warum der Bürgermeister fast zwei Wochen später im Gemeinderat bei der Diskussion über den Rekurs der Anwohner nichts davon sagt? Sondern im Gegenteil behauptet, es sei alles in Ordnung.
Spätestens am 31. Mai wird der neue Bürgermeister von St. Christina aber endgültig Farbe bekennen müssen. Dann steht die Tourismuszone beim Hotel Saslong wiederum auf der Tagesordnung des Gemeinderates von St. Christina.