Gesellschaft | Jugendliche/Arbeit im Sommer

Jugendliche im Standbymodus

Sommer zwischen aussitzen und Schwarzarbeit. Südtirols Jugendliche dürfen offizielle Sommerjobs erst ab 15 Jahren annehmen. Für viele Eltern, Betriebe und direkt Betroffene "eine Katastrophe".


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Foto: ASTAT

Eigentlich würde Andreas gerne seinem Vater helfen. Im November wird der Oberschüler 15, sein Vater hat einen Malerbetrieb im Pustertal, die Hilfe von Andreas könnte er gut gebrauchen. Die Gesetzeslage macht Vater und Sohn jedoch einen Strich durch die Rechnung: Erst mit dem vollendeten 15. Lebensjahr dürfen Jugendliche in Südtirol lernen anzupacken.

Unsinnige Vorschriften

Viele Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder nach der Mittelschule Gelegenheit erhalten, in verschiedene Berufe hineinzuschnuppern, Erfahrungen zu sammeln, das Taschengeld aufzubessern, eine Aufgabe zu haben. „Wir haben ja früher alles tun können, abspülen, Zimmer machen im Hotel, ausmisten im Reitstall, Kartoffeln aufklauben. Und wir hatten einen mords Spaß bei der Arbeit“, erzählt Annelies, die Mutter von Andreas. Heute schränken übertriebene Sicherheitsauflagen und penible Vorschriften jeglichen Spaß ein: für die Jugendlichen, aber auch für den Betrieb selbst. „Mein Mann hat einen eigenen Betrieb, aber selbst als Familienmitglied darf mein Sohn nicht beschäftigt werden. Als Praktikant schon, aber was soll er dann tun? Er darf auf kein Gerüst raufsteigen, keinen Kübel angreifen, ja soll er von unten den anderen beim Arbeiten zu schauen?“, fragt Annelies.

Zwei linke Hände

„Eine Katastrophe ist das“, ärgert sich Andrea Scartezzini hauptamtlich im Jugendzentrum Jump tätig. „Gerade im Alter zwischen 12 und 15 Jahren brauchen Jugendliche eine Aufgabe, eine Verantwortung – das ist immens wichtig.“ Dass Jugendliche mithelfen, ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen sollen, findet auch ein lieber anonym bleibender Hotelier aus dem Ahrntal. „Wenn sie erst mit 15 Jahren arbeiten dürfen, dann wird auch ihre Motivation immer geringer. Arbeit ist für die Jungen oft streng, sie werden ja regelrecht verschont. Wir mussten mit sechs, sieben Jahren schon lernen mit anzupacken. Heute haben die Jugendlichen oft wirklich zwei linke Hände – aber wer sollen ihnen eine Vorwurf machen?“ Ein Extrem löst das nächste ab. Waren in den 60er Jahren Kinderarbeit und extreme Ausbeutung der Arbeitskraft am Hof oder im eigenen Betrieb gang und gäbe, schwappt der Trend heute in die andere Richtung. Ab 15 Jahren werden Jugendliche zum Sommerpraktikum gebeten oder dürfen eine Lehrstelle annehmen. Das bedeutet laut Staatsgesetz: nicht mehr als sieben Arbeitsstunden täglich oder 35 Stunden wöchentlich. Eingehalten werden müssen auch zwei fixe Ruhetage, wenn möglich aufeinanderfolgend.

Schwarzarbeit floriert

Obwohl die Angst vor Anzeigen bei den Betrieben hoch ist, tun sie es doch. Jugendliche unter 15 Jahren beschäftigen, ohne Versicherung, ohne Anmeldung. Der Ahrntaler Gastwirt meint dazu: „Die Kinder meiner Schwester kommen halt manchmal zum Helfen, abspülen und so. Aber bei einem Fest außerhalb vom Haus muss man schon aufpassen, da hagelt es schnell eine Anzeige.“ Und er fügt hinzu: „Eine Idiotie ist das. Dass Geld kommt doch uns allen zu Gute, wenn die Kinder mithelfen dürfen und angemeldet sind.“

Andreas hat für diesen Sommer einen gutwilligen Unterschlupf gefunden. Er darf Tennisplätze bewässern und in Stand halten. Gut, dass Tennisplatz und Schwimmbad nebeneinander liegen „da fällt es nicht so auf, weil er mal hier, mal da ist“, so seine Mutter. Und eine Kleinigkeit kriegt er ja auch. Auf das Malgerüst muss der sportliche 14-Jährige noch ein Jahr warten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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no name Di., 18.06.2013 - 12:23

Ja, ich finde das immer so lustig...bei der Arbeit sind es Kinder, beim Sex und beim Saufen nicht...Ein Vater, der an der Lustlosigkeit bezgl. Arbeit und Studium seiner Söhne verzweifelt hat es treffend formuliert: L'ozio è il padre dei vizi. Generationen von Menschen haben in der frühen Jugend schon Verantwortung für etwas übernehmen müssen, mich hat noch nie jemand glaubhaft davon überzeugen können, dass die momentane Jugend durch viele Rechte und kaum Pflichten mehr Zufridenheit erlangt hat!

Di., 18.06.2013 - 12:23 Permalink