Politik | Mobilität

„Dann wird die Politik obsolet“

Die Diskussion ist festgefahren, hieß es bei der Pressekonferenz zur Meraner Standseilbahn. Reinhard Bauer, Mobilitätsreferent der BZG Burggrafenamt, über die Gründe.
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Foto: LPA / Mobilitätsressort
Salto.bz: Herr Bauer, woran hakt es, dass man derzeit in den Gesprächen nicht weiterkommt?
 
Reinhard Bauer: Es gibt Befürworter und kritische Stimmen und niemand will recht von seiner Position abrücken. Insbesondere jene, die bestimmten Interessensgruppierungen angehören, wollen sich nicht bewegen.
 
 
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Pressekonferenz der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt: Der Verkehrs-Experte Willi Hüsler (Mitte) gab seine Meinung als Sachverständiger zur Meraner Standseilbahn ab. (Foto: Salto.bz)
 
 
Ihrer Meinung nach zu Recht?
 
Zum einen ist es legitim, wenn die Vertreter der Landwirtschaft erklären, dass die Trasse nicht durch ihre Gründe verlaufen soll – das muss man akzeptieren. Auf der anderen Seite sollte ein derart wichtiges Projekt in erster Linie auf Basis des öffentlichen Interesses und des Nutzens für die Öffentlichkeit bewertet werden. Passiert das nicht, wird die Politik obsolet. Deshalb war es uns wichtig, dass von unabhängiger Seite, die bereits bekannten zentralen Eckpunkte noch einmal umrissen, aber auch kritische Bereiche aufgegriffen werden.
 
Welche zum Beispiel?
 
Die komplette Streichung der Buslinie nach Schenna, was vom Verkehrs-Experten Willi Hüsler negativ gesehen wird. Denn schließlich macht es Sinn, auch die Gärten von Schloss Trauttmannsdorff an das Verkehrsnetz anzubinden. Derzeit gibt es leider nur ein Schwarz-Weiß-Denken und die Denkmuster sind etwas festgefahren.
 
 
Derzeit gibt es leider nur ein Schwarz-Weiß-Denken und die Denkmuster sind etwas festgefahren.
 
 
Den Projekt-Trägern wird unter anderem vorgeworfen, dass die Standseilbahn nur den Touristen zugute kommen wird. Worin liegt der Mehrwert für Meran?
 
Der Mehrwert für Meran liegt in der Verkehrsentlastung. Die Touristenströme kommen ohnehin nach Meran. Wenn man Meran über den Rennweg erreicht, ist der Verkehr teilweise so dicht, dass man nicht mehr durchkommt. Mit der Standseilbahn werden sicher nicht weniger Menschen nach Meran kommen, einige befürchten, dass sich die Situation sogar noch verschlimmern wird, weil der Personenverkehr ins Zentrum noch vereinfacht wird. Letztendlich wird die Stadt im Zentrum nach wie vor voller Menschen bleiben, dafür würde aber die Straße bedeutend entlastet. Dadurch wird der CO2-Ausstoß reduziert werden.
 
Apropos CO2 – ein Thema, das auch in der Meraner Gemeinderatssitzung vor dem Hintergrund der geplanten Standseilbahn eingehend diskutiert worden ist.
 
Klarerweise wird durch den Bau sehr viel CO2 ausgestoßen, dazu hatte letztens der Glaziologe und Klimaforscher Georg Kaser einen Vortrag gehalten. Bei dieser Gelegenheit hat er erklärt, dass man nur die Möglichkeit hat, Projekte umzusetzen, die zwar CO2 verbrauchen, anschließend jedoch klimaneutral sein müssen. Mit der Standseilbahn haben wir eine Lösung, die klimaneutral ist und die sich in zehn bis zwölf Jahren rechnen wird.
 
 
 
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Reinhard Bauer, Mobilitätsreferent der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt: „Wenn wir in zehn Jahren eine klimaneutrale Verbindung haben, die ein Teil des Problems löst, dann sind diese Ausgaben gerechtfertigt.“ (Foto: Salto.bz)
 
 
Die Rechnung geht auf?
 
Ja, und natürlich sprechen wir bei den Kosten nicht über 110 Millionen Euro, sondern über 90 Millionen. In den 110 Millionen sind auch das Bussystem und der Bau der Haltestellen inkludiert. Die SASA wird die Busflotte ohnehin erneuern, und in die Kalkulationen wurde diese Investition mit aufgenommen. Zum Vergleich: Beim Untermaiser Schulzentrum, dabei handelt es sich nur um ein einziges Gebäude, liegen wir mit den Kosten bei 50 Millionen Euro.
 
 
Allerdings dürfen wir nicht mit dem Anspruch herangehen, dass die Standseilbahn alle Probleme lösen wird – das wird sie nämlich nicht.
 
 
Mit der Standseilbahn kommt man also vergleichsweise billig weg …
 
In der öffentlichen Wahrnehmung herrscht jedoch ein anderer Eindruck vor. Natürlich handelt es sich dabei immer um Steuergelder, die sinnvoll investiert werden müssen. Wenn wir aber in zehn Jahren eine klimaneutrale Verbindung haben, die ein Teil des Problems löst, dann sind diese Ausgaben gerechtfertigt. Allerdings dürfen wir nicht mit dem Anspruch herangehen, dass die Standseilbahn alle Probleme lösen wird – das wird sie nämlich nicht, aber sie kann ein Problem lösen, an dem bereits seit sehr vielen Jahre gearbeitet worden ist.
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△rtim post Mo., 17.07.2023 - 15:59

"Obsolet" sollte vor allem eine Politik der Engführungen und gegen jede (praktische) Vernunft sein. Allein schon der Vergleich eines teuren Gebäudes mit dieser Infrastruktur lässt Zweifel aufkommen. Zumindest bei einem solch bezirksrelevanten Infrastrukturprojekt gilt es alles und alle miteinzubeziehen, um ergebnisoffen und gemeinwohlorientiert (d.h. auch Wahrung der eigenen Rechte der Natur und der künftigen Generationen) zielführend zu handeln.
Wieso nicht auch über die besten Varianten die Bevölkerung online befragen?
Wenn dem aber ohnehin nicht so ist, weil eh schon, wie wie bereits in der Vergangenheit, alles längst entschieden ist, wird Politik nicht nur obsolet, sondern zur Farce.

Mo., 17.07.2023 - 15:59 Permalink