Kultur | Spielzeit VBB

Die "Bumser" auf der Bühne

Die Vereinigten Bühnen Bozen führen ihre zeitgeschichtliche Theaterrecherche weiter: Im Februar werden die „Bombenjahre“ uraufgeführt.

Nach dem Ballhaus, einer musikalischen Zeitreise durch das Südtirol der letzten 100 Jahre und dem dokumentarischen Theater „Option. Spuren der Erinnerung“ wagen sich die Vereinigten Bühnen Bozen in dieser Spielzeit an ein weiteres sensibles Südtirol-Thema: die Bombenjahre, von den Anfängen des BAS, des Befreiungsausschusses Südtirol, über die Feuernacht 1961 bis hin zur Anschlagserie der 1980er Jahre um die Gruppe „Ein Tirol“.

Südtirols Geschichte und die Anbindung des Landes- bzw. Stadttheaters, als das sich die VBB verstehen, an die Region und an das Territorium war und ist ein Anliegen der künstlerischen Leiterin Irene Girkinger. Das ist mit dem „Ballhaus“ weniger, dafür mit dem Optionsstück besser gelungen; Zeitzeugen standen mit Schauspielern auf der Bühne und erzählten ihre Geschichten und Erinnerungen. Mit über 10.000 Besuchern wurde „Die Option“ zum bisher erfolgreichsten Sprechtheaterstück der VBB und eine Premiere feierte man damit ebenfalls: zum erstenmal zeigten die Vereinigten Bühnen ein Stück im Innsbrucker Landestheater.

Um Erinnerung und um persönliches Erzählen soll es auch in der Inszenierung zu den Bombenjahren gehen, allerdings mit einer Neuerung. „Es wird ein reines Dokumentartheaterprojekt werden, ohne Schauspieler, dafür mit Experten, Historikern, Journalisten und Betroffenen, auch die wenigen noch lebenden ehemaligen BAS-Mitglieder selbst bzw. deren Familienangehörigen sollen zu Wort kommen,“ erläutert die Dramaturgin Ina Tartler den Ansatz. Man denke bereits an technische Möglichkeiten, um auch die Nordtiroler in die Inszenierung miteinzubeziehen. Viele der in den 1950er und 1960er Jahren aktiven Mitglieder des BAS leben nicht mehr, im Juli 2015 verstarb etwa der Tiroler Peter Kienesberger, der immer noch als „Freiheitskämpfer“ einerseits und als „terrorista“ andererseits bezeichnet wird, je nach Gesinnung. Auch der Volkskundler und Schriftsteller Wolfgang Pfaundler gehörte zum BAS, allerdings nicht zum Kreis der „Bumser“, sondern zu den logistischen Helfern und Ratgebern. Er wurde jedoch im Mailänder Sprengstoffprozess von 1962 beschuldigt, die Feuernacht organisiert zu haben und dafür zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt; im Juni 1961 wurden 37 Strommasten gesprengt, ein Mensch wurde dabei getötet. Pfaundler hätte für das Theaterstück nach Bozen einreisen dürfen, er wurde 1998 von Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro begnadigt. Doch Pfaundler verstarb ebenfalls 2015, im April.

Die Namen der Mitwirkenden wollen die beiden Dramaturginnen Ina Tartler und Elisabeth Thaler noch nicht nennen; man sei noch in der Anfrage- und Gesprächsphase. Einfacher wird es sein, Historiker, Experten und Autoren zum Thema einzubinden. Hierzu ist Christoph Franceschini als Berater bei den VBB involviert, er hatte vor Jahren als einer der ersten das historische Material gesichtet und in einer 6-teiligen Fernsehdokumentation in Südtirols Wohnzimmer gebracht. Mittlerweile sind die Bombenjahre politisch, geschichtlich und literarisch gut ausgeleuchtet worden, historische Chroniken und Abhandlungen, persönliche Schicksalsschilderungen, Erzählungen und Romane belegen das Interesse am Thema, das exemplarisch und als dramatischer Höhepunkt für Südtirols Geschichte steht.

Die Bombenjahre auf der Bühne. Eine „installative Inszenierung“ soll es werden, ein dreigeteilter Theaterabend: „Die große Bühne ist Ausgangsort, dort haben die Zuschauer die Gelegenheit, sämtliche konträren Meinungen zum Thema zu erfragen. In einem zweiten Moment werden die Zuseher durch das Theater wandern, von der Haupt- auf die Seiten- und Hinterbühne, ins Foyer. Dort können in einzelnen Stationen wiederum Meinungen und Geschichten gehört werden. Zum Schluss soll es einen Ausblick geben, mit jungen Menschen, nach denen wir derzeit in einem Casting suchen,“ so Elisabeth Thaler, die Dramaturgin des Theaterabends.  Musikalisch wird wiederum die Osttiroler Banda Franui dabeisein und als Regisseur wurde wiederum Alexander Kratzer verpflichtet. 

Die Uraufführung der Bombenjahre wird es am 13. Februar 2016 geben.