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Figo Hits

Sampler sind eine gute Erfindung, weil sie zusammenfassen und einen Überblick geben. Die CD „Figo Hits” macht das mit der Grödner Bandszene in Sachen Pop und Rock.
Waren vor etwa zehn Jahren eine Überraschung in der Szene: Die Grödner Metal-Band Phantom live 2011.
Foto: Archiv: rhd / Phantom

Die ULG – die Union di Ladin de Gherdëina – hat im Laufe des Sommers mit „Figo Hits” einen Sampler veröffentlicht, der, so ist auf dem Cover zu lesen, „die schönsten Lieder moderner ladinischer Musik von Bands aus Gröden“ enthalten soll.

Das Booklet zu „Figo Hits“ ist wirklich schön gemacht, und es erinnert uns daran, dass wir derartige Booklets verlieren werden, wenn die CD als Tonträger verschwinden wird (sofern sie verschwinden wird). Kurze Infos zu den Bands, die Namen der Musiker und Musikerinnen, Fotos aus der Gegenwart und aus der Vergangenheit, sofern die Bands noch aktiv sind, die ladinischen Texte, alles grafisch schön aufbereitet und verteilt auf 32 (!) Seiten. Figo.

Teil des Konzeptes dieser CD war und ist es, dass sämtliche Songs in ladinischer Sprache gesungen sind. Das ist gut, weil es unterstreicht, dass sich die Musikerinnen und Musiker aus Gröden mit ihrer Sprache identifizieren und dies auch nach außen tragen. Damit fehlen aber auch Bands, die sich für beispielsweise die englische Sprache entschieden haben, wie die leider nicht mehr existierenden Acclivitas, die 2016 mit „Between Two Eternities” ein exzellentes Metal-Album veröffentlicht haben.

 
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Fasst die Popmusik der letzten Jahrzehnte in Gröden zusammen: Der Sampler „Figo Hits“ enthält 14 Songs von 12 (auch stilistisch) unterschiedlichen Grödner Bands. Grafik: Union Ladins Gherëina
 
Zwölf Bands und vierzehn Songs enthält die CD, wobei Hosianna und Helios, mit je zwei Titeln vertreten sind. Aber gehen wir der Reihe nach.

Den Anfang macht die Rockband The Revel, die von 1990 bis 2001 aktiv war, und mit „Pënse  mé a ti“ einen klassischen Rocksong vorlegt. Es folgt die leicht funkige Pop-Band In Between mit ihrer Nummer „Cë tla nibles“. In Between ist eine noch junge Band und als solche erst seit 2020 unterwegs. Stilistisch ähnlich, aber etwas knackiger und mit Reggae-Schlagseite zeigen sich Madax mit ihrem „L spiedl“.

Wenn es Madax bereits seit knapp über 10 Jahren gibt, so haben Acajo, die Band um Raimond Irsara, drei Mal soviel Banderfahrung. Acajo sind stilistisch irgendwo zwischen Liedermacherei und Folk zu verorten, „I patins“, ein Lied, das 1992 entstanden ist und ein schönes Arrangement in den Stimmen aufweist, macht da keine Ausnahme.

Noch einmal zurück in die Vergangenheit geht es mit The Skalls, eine jener Bands, die Teil der Ska-Welle in den Nullerjahren waren. „Mat sciche n puron“ verbindet angezerrte Gitarren mit Bläsersätzen, wie es damals eben üblich war.

Im Pop-Rock sind hingegen The Zanzis zu Hause, eine Band, die sich 2016 eigentlich aufgelöst hat, aber kürzlich für zwei Auftritte noch einmal auf die Bühne ging. „La ciacia“ mag dabei wohl im Programm gewesen sein.

Helios, wie gesagt, sind mit zwei Songs dabei, wobei das – wie bei Hosianna – vielleicht auch damit zusammenhängt, dass es diesen Chor bereits seit 1977 gibt. Die Sängerinnen und die Musiker/Musikerinnen haben sich im Laufe der Jahre immer wieder erneuert. „L moler“ ist eine Popnummer, „Tl nibl“ hingegen eine latino-angehauchte, leicht zügigere Nummer, getragen jeweils vom Chor der Frauenstimmen.

Secco, die Band, in der Gitarrist, Sänger und Songschreiber Tobias Dellago nach The Revel bis 2020 aktiv war, liefert mit „Trëi var“ wieder (amerikanisch geprägte) Rockmusik.

Neu – für uns – waren Chëifree Jazz, ein Salsa-Fünfer mit Nadia Moroder an der Stimme und Raimond Irsara an der Gitarre, der in „Festa“ der angejazzten Musik Lateinamerikas, Tribut zollt.

Einigermaßen hart wird es dann mit Phantom, einer Band, die zwischen 2008 und 2015 aktiv war und Metal mit opernhaften Frauengesang miteinander verband. Phantom waren eine Band mit Potential, die aber leider den Schwung der ersten Jahre nicht beibehalten konnte und „Chiedl de cëira“ erinnert an diese erste Zeit.

Wie Helios, sind auch Hosianna im wesentlichen ein Chor mit Bandbegleitung, wie Helios sind Hosianna schon über vierzig Jahre unterwegs und wie Helios haben sich Hosianna poppigen Liedern verschrieben: „Danes speranza“ und „La corda“.

Den Abschluss macht dann Pëufla, eine Rockband, die sich immer wieder gerne Richtung Rap lehnte. „L troi“ ist in der Atmosphäre aber eine Art Abschiedsnummer, poppig, leicht melancholisch und – nachdem die CD „Figo Hits“ letztlich vor allem zurückschaut – für viele vielleicht auch durchaus passend.

Unser Fazit: „Figo Hits“ ist weniger eine Bestandsaufnahme der Gegenwart in der derzeitigen Pop- und Rock-Szene Grödens, sondern ein Dokument, das die letzten zwanzig, dreißig Jahre einzufangen versucht. Leider ist musikalisch nichts wirklich Neues zu hören, aber das mag vielleicht auch gar nicht der Sinn der Sache gewesen sein. Demnach: Wer sich gern mit Erinnerungen auseinandersetzt, die Zeit vielleicht miterlebt und genossen hat, für den (oder die) wird dieses Album gut funktionieren. Auch wenn zwischen Rock, Pop, Ska und Latin stilistisch ein relativ breites Feld bedient wird, keiner der Songs ist irgendwie unbändig oder tanzt aus der Reihe, alle sind zugänglich und irgendwie zurückhaltend, „Figo Hits“ kann also auch durchaus am Stück gehört werden.

 

Info:

Union di Ladins de Gherdëina: https://www.ulg.it/
Link zum RAI Südtirol-Beitrag (in ladinischer Sprache) zum Projekt „Figo Hits“

 
Phantom: „Balest Part I & II“ (Live Rocknet Live Award 2011, Algund)
 
Waren vor etwa zehn Jahren eine Überraschung in der Szene: Die Grödner Metal-Band Phantom live 2011.
War vor etwa zehn Jahren eine Überraschung in der Szene: Die Grödner Metal-Band Phantom live 2011. Foto: Archiv: rhd / Phantom