Die Sprachbegabte
Seit geraumer Zeit lernt Fouzia Kinyanjui die deutsche Gebärdensprache. In ihrer Heimat Kenia ist sie mit Swahili, Kikuyu und Englisch aufgewachsen. Seit zehn Jahren lebt Fouzia mittlerweile in Südtirol. Hier begann sie Deutsch zu lernen: Sie spricht es inzwischen einwandfrei, Dialekt ist ihr auch nicht fremd. In Italienisch kann sie sich gut verständigen. Aber ganz besonders fasziniert sie die Gebärdensprache. Diversität mache das Leben bunt und fordere auch heraus, sagt sie. Habt keine Angst vor Vielfalt und Neuem, möchte Fouzia den Menschen als Botschaft mitgeben – unter anderem den Schülerinnen und Schülern der Klassen, für die sie Projektstunden im Weltladen Lana gestaltet.
Fairness in der Fremde
Ein Kulturschock war es für die damals 20-Jährige allemal, als sie ins Burggrafenamt kam. Misstrauisches Mustern von oben herab seitens so genannter „Einheimischer“ begegnet ihr bis heute immer wieder – Alltagsrassismus. Eine kritische Aufarbeitung der Kolonialzeit habe in Europa kaum stattgefunden, sagt Fouzia. Dabei wirkten koloniale Strukturen bis in die Jetztzeit herauf. Gerechtigkeit sei den meisten Menschen zwar ein Anliegen und doch sei vielen nicht bewusst, dass rassistische und koloniale Gedanken in jedem von uns verankert sind. Dafür brauche man politisch nicht nach rechts zu schauen. Nur intensiver Austausch und eigene Reflexion veränderten den Blickwinkel, ist Fouzia überzeugt. Aber das brauche Zeit und Raum. Beides findet Fouzia im Weltladen Lana, wo sie jeweils montags am Vormittag freiwillig tätig ist – genauso wie sieben andere ehrenamtliche und eine hauptamtliche Mitarbeiterin in Teilzeit. Ihre Kinder sind dann in Kindergarten und Schule und sie erfährt Abwechslung zu ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in der Tourismusbranche.
Ein Gegenentwurf
Fairer Handel sei eine Antwort auf das Versagen des konventionellen Handels: Produzentinnen und Produzenten sollen würdig und angemessen von dem leben können, was sie produzieren und nicht dem Preisdiktat von Konzernen unterworfen werden, sagt Fouzia Kinyanjui. Armut schränke die Handlungsfreiheit der Menschen ein. Es gehe um die Vision einer Welt, die auf Dialog, Transparenz und Respekt baue und in der Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung den Kern von Handelsstrukturen bilden.
„Der Weltladen ist kein Laden für Hippies“, sagt die engagierte Frau. Manche würden ihn so sehen, manche meiden ihn deshalb, andere hingegen besuchten ihn deshalb. Weltläden gehörten in die Mitte der Gesellschaft, fordert Fouzia. „Als Teil einer Sozialgenossenschaft fühlen wir uns alle mitverantwortlich für den Erfolg des Geschäfts“, erklärt sie. Abschließend ergänzt die 30-Jährige noch: „Falls wir es noch nicht gemerkt haben: Die Erde ist rund. Die Steine, die wir ins Wasser werfen, schlagen Wellen, die uns schließlich wieder treffen werden.“ Fouzias Sprache ist reich an Bildern – in Swahili, Kikuyu, Englisch, Deutsch oder Italienisch genauso wie in der Gebärdensprache.
Maria Lobis