Flüchtlingswege nach Vintl
Um diese Geschichte erzählen zu können, hat sich der Brixner Fotograf Georg Hofer auf den Weg gemacht. Denselben Weg, den viele der heute in Vintl, Bozen und Meran untergebrachten afrikanischen Männer unternahmen, um in Libyen als Gastarbeiter ihr Auskommen zu finden. Im Februar und März diesen Jahres ist Hofer von Niamey, der Hauptstadt des Niger nach Agadez gereist, einem wichtigen Knotenpunkt in der Tenerèwüste. „Hier beginnt die eigentliche Fluchtroute“, sagt Hofer, „von hier aus starten jeden Tag die Lastwagenkonvois vollgepackt mit Schmuggelware und obendrauf jungen Männern, die im Norden eine bessere Zukunft vermuten.“
Organisierte Migration
Die Routen von Agadez nach Libyen stammen aus vorkolonialer Zeit, hier blühte der Handel mit Gewürzen und Salz, nun boomt das Migrationsgeschäft. „Muammar al-Gadaffi hat ganz gezielt Arbeiter aus ganz Afrika für Jobs im Ölsektor oder unwirtliche Arbeiten in der libyschen Wüste angeworben, und als der Bürgerkrieg ausbrach, hat er sie fallengelassen,“ erzählt Hofer. Die Alternative hieß, sich den Rebellen anschließen oder wieder flüchten, diesmal über das Mittelmeer nach Norden. Denn der Weg zurück in die Herkunftsländer Mali, Kamerun, Ghana, Niger oder Kongo war keine Option. Der Fotograf Hofer hat zwei der Herkunftsfamilien besucht, hat sehen wollen, warum es dort keine Existenzmöglichkeit gibt. „Es ist wie bei uns früher auf den Höfen, auch dort mussten die jüngeren Geschwister weichen und sich anderswo als Knecht oder Magd ihr Brot verdienen.“ Der Norden, Europa ist wie ein Glücksversprechen.
Das Fischerhaus
Und dann Vintl, das Fischerhaus als zweitweilige Flüchtlingsunterkunft, zu trauriger Bekanntheit gelangt durch einen Anschlag vor einem Jahr. Hier beginnt die eigentliche Geschichte zur Ausstellung „Sehen und Gesehen werden“. Mit einem Fotoworkshop für die 20 Nordafrikaner, die dort ausharren. „Flüchtling sein, heißt im Grunde abwarten, während des Asylverfahrens dürfen diese Leute ja nicht arbeiten und wie denn auch, ohne Status und Sprachkenntnisse“, erklärt die Ethnologin Elisabeth Tauber, die den wissenschaftlichen Teil des Projektes betreut hat. Der Fotokurs den sie und Hofer planten, war partizipativ angelegt, die jungen Männer sollten nicht als Opfer der Geschehnisse dargestellt werden, sondern „als Menschen die ihre Handlungsspielräume ausnutzen, die wissen warum sie ihre Heimat verlassen, die genau abwägen und Entscheidungen treffen.“ Die partizipative Fotografie ist ein ethnologisches Instrument, mit dem Personen ihre eigene Geschichte erzählen und so beim Betrachter die klischeebehafteten Bilder, die man im Kopf hat, aufgebrochen werden. Wie eben jenes von afrikanischen Flüchtlingen.
Die Ausstellung „Sehen und Gesehen werden“ zeigt nun solche Bilder, Fotos die in Vintl entstanden sind, unterlegt mit Texten der Porträtierten und Fotos von der Reise, die Georg Hofer in Westafrika unternommen hat. Teil des Projekts ist weiters eine Landkarte mit den Flüchtlingswegen sowie ein wissenschaftliches Begleitheft. Ausstellungseröffnung am Montag, 22. April um 15 Uhr in der Universität Bozen.
"während des Asylverfahrens
"während des Asylverfahrens dürfen diese Leute ja nicht arbeiten und wie denn auch, ohne Status und Sprachkenntnisse." Der Status wird "diesen Leuten" genommen, aber sprechen können sie auch nachher noch, glaube ich.
sehen und gesehen werden
Das scheint mir endlich eine wichtige Initiative zu sein. Den Flüchtlingen ihre Geschichten zu geben, ihre Wege zu zeigen. Reflektionen zu dieser äußerst komplexen Materie finden viel zu selten statt. Und gesehen werden klingt auch spannend. Uns damit auseinandersetzen, sind wir ja nicht so gewöhnt..
sehen und gesehen werden
Das scheint mir endlich eine wichtige Initiative zu sein. Den Flüchtlingen ihre Geschichten zu geben, ihre Wege zu zeigen. Reflektionen zu dieser äußerst komplexen Materie finden viel zu selten statt. Und gesehen werden klingt auch spannend. Uns damit auseinandersetzen, sind wir ja nicht so gewöhnt..