Kultur | Salto Afternoon

Alles Super?

Gefällt Ihnen Südtirol? Ja, würden die meisten von Ihnen wahrscheinlich antworten. Gefällt Ihnen ganz Südtirol? Da würden die meisten wahrscheinlich verneinen.
Super Josef:
Foto: www.franzlab.com/shop
Ein Reiseführer ist so eine Sache, die üblicherweise etwas nach Vergangenheit und Nostalgie riecht, ein Format, das langsam aber sicher von digitalen Medien verdrängt wird, ob man das nun gut findet oder nicht. Der Super Josef setzt dem sofort ein modernes Design (Studio Mut) in angenehmen Farben, sowie Dreisprachigkeit - Englisch, Italienisch, Deutsch - entgegen, die mal redundant ist, mal unterschiedliche Wortlaute anbietet. Das „Super“ im Namen bezieht sich darauf, dass hier nicht, wie in vergangenen drei Editionen (Bozen, Meran und Umgebung, sowie Trient) ein Landesteil abgedeckt wird, sondern das ganze Gebiet Südtirols (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
Dementsprechend kompakt ist der Super Josef, der das Format der vorherigen an Einheimische gerichteten Reiseführer beibehält. Soll heißen: Hier gibt es Kurz-Tipps und davon eine ganze Menge. Solche zu denen jemand mit seinem Namen steht, als einsprachiger „Insider Tip“, solche die eine halbe Seite mit Bild einnehmen und solche, die „Josef Tips“ heißen und auf einem Seitenstreifen dicht an dicht, schwarz auf blau stehen. Die großen Tipps, die in Dreisprachigkeit erscheinen, sind immer noch recht knapp und lassen etwa Information über einen Preispunkt vermissen, liefern eine Webadresse (etwa auch auf Instagram) und eine in der realen Welt.
 
 
Mehrseitige Gastbeiträge machen die einzelnen Terrains touristisch schmackhaft und sind in ihrer Perspektive am persönlichsten gestaltet, stellen einen Bezug her. Schleierhaft ist mir, was eine Firma wie Leitner in einem Reiseführer zu suchen haben, man braucht eine Seilbahn oder man braucht sie nicht. Auf Nachfrage wurde mir zugesichert, dass es „keine bezahlte Werbung gibt“ und das Projekt „total unabhängig“ ist und „eigenständig gestemmt“ wurde. Am Ende präsentieren noch zehn Seiten „Shopping Bag“, eine Auswahl von Design-Produkten auch hier ohne Preise, wahrscheinlich frei nach der von Oscar Wilde abgewandelten Sentenz „Heute kennt man von allem den Preis, von nichts den Wert.“. Eine editoriale Entscheidung, die sicher sein Für und Wider hat.
Auch im Imprint am Ende des Büchleins ist  zu lesen: „JOSEF Travel Book is an Editorial project based on purity of content and aesthetic as well as on freedom of choice. All Tips included in the present volume have been personally selected by the publishers.“ Man darf also annehmen, dass man einfach positiv gepolt ist.
 
 
Das Franzmagazine-Motto „Be nice or go away“ nimmt man in der kürze der Form vielleicht ein wenig zu ernst. Von keinem Ort im Buch ist wirklich Schlechtes zu lesen, auch nicht im Nebensatz. Dennoch, es gibt hier zwar weniger Tipps pro Ort, aber immer noch vieles, das man als Einheimischer entdecken kann. Nun ist das Buch damit weniger Orientierungshilfe, wie es die Vorgängereditionen sind, mehr Ausgangspunkt. Der offizielle Webauftritt der vorgestellten Orte ist auch nicht das erste, was in den Sinn kommt, wenn man sich vertiefend über die Orte informieren möchte, von Öffnungszeiten abgesehen. Persönlich empfehle ich, wenn man als Einheimischer nach den sogenannten „Geheimtipps“ sucht, eher zu den letztjährigen Editionen zu greifen, die nach wie vor recht up-to-date bleiben und etwas mehr Tiefgang aufweisen. If everything’s special, nothing is. In der Hand ist es optisch der schönste Josef bis jetzt, denn Mann darf gern auch rosa tragen.