Kultur | Salto Afternoon

Sprechen über Abraham

„Back Home“ nennt sich die Ausstellung zum Architekten Raimund Abraham (1933-2010) auf Schloss Bruck in Lienz.
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Foto: Brigitte Groihofer

Urlandschaften

„Ich habe meine Kindheit immer wieder hier in Girlan verbracht. Deshalb habe ich mich vielleicht – obwohl Lienz meine wirkliche Heimat, mein Geburtsort war – immer mit Südtirol identifiziert, weil es für mich eine Landschaft war, die, das wurde mir erst später bewusst, mich eher an Griechenland erinnert, als an Österreich oder Italien – also eine Urlandschaft, eine kulturelle Urlandschaft“ erzählte der Architekt Raimund Abraham einst in das Radiomikrofon der Journalistin Elisabeth Baumgartner. In Girlan, dem Ursprungsort seines Vaters, besaß er bis zu seinem Lebensende ein kleines Grundstück mit Reben, welches er immer wieder aufsuchte und wo er in illustrer Runde bis in die frühen Morgenstunden mit Freunden feierte.

„Ich glaube schon, dass speziell die Erlebnisse, die man in der Kindheit hat, die mit der Sinnlichkeit zu tun haben, wesentlich das Gefühl für Architektur beeinflussen.“
Raimund Abraham

Raimund Abraham wurde 1933 in Lienz in Osttirol geboren. Der Sohn eines aus dem Überetsch ausgewanderten Winzers, maturierte 1952 am Realgymnasium in Lienz und graduierte 1958 an der Technischen Universität Graz. Es folgten erste Auszeichnungen bei internationalen Architekturwettbewerben, u.a. der 2. Preis für ein Kulturzentrum in Leopoldsville 1959. Von 1960-1964 arbeitete er in seinem Atelier für Architektur und Design in Wien. 1964 bereiste Abraham die USA, wo er auf Einladung des österreichisch-amerikanischen Architekten Friedrich St. Florian in der Rhode Island School of Design ausstellte. Ab 1965 lebte er ständig in den USA, unterrichtete an renommierten Universitäten und prägte eine ganze Generation junger Architekturstudenten. Eine erste Ausstellung in Südtirol fand 1987 in den Räumen der ar/ge kunst in Bozen statt. Dazu ist auch der Katalog Abraham Raimund Unbuilt erschienen.

Elementare Architektur

Christoph Freyer, Kunsthistoriker und Kurator der Ausstellung Back Home, hat für das Architekturzentrum Wien den Nachlass des Architekten inventarisiert und versucht inmitten von Planrollen, Dias, Skizzen, Wettbewerbsprojekten, der Arbeitsweise des Architekten nachzuspüren. „Er arbeitete extrem viel mit Fotokopien. So war es für mich manchmal sehr schwer festzustellen, ob es sich um eine Arbeitskopie oder um das eigentliche Werk handelte“ erzählt Freyer. „Abraham gehörte zur Generation, die mit der Technik der Kopiermaschine groß geworden ist und diese Technik entsprechend eingesetzt hat. Er hat seine Zeichnungen immer wieder überarbeitet, kopiert, mit Farbschattierungen versehen. Er hat Formen vereinfacht und sie neu zusammengesetzt.“ 
1963 legte Abraham sein bekanntestes Buch vor: Elementare Architektur. Gemeinsam mit dem Fotografen Josef Dapra untersuchte er „die Wurzeln anonymen Bauens anhand von Beispielen primitiver Holz- und Steinbauten in den alpinen Regionen Österreichs, der Schweiz und Italiens.“ Für Grafik und Layout zeichnete ein Freund Abrahams verantwortlich, der Künstler Walter Pichler. Weitere gute Künstlerfreunde waren Hermann Nitsch oder der Filmemacher  Jonas Mekas, dessen sechsstündiger Film Scenes from the Life of Raimund Abraham im Rahmen der Ausstellung in Lienz gezeigt wird. 
Abraham kam 2010 bei einem Autounfall in Los Angeles ums Leben. Seine letzte Arbeit, das Haus für Musiker, wurde auf dem Gelände der Raktenstation Hombroich in Neuss gebaut.

Kompromisslosigkeit

Neben der Architektur machte Abraham auch durch seine politischen Haltung auf sich aufmerksam. So gab er seine Staatsbürgerschaft zurück, nachdem die rechts-konservative FPÖ ab der Jahrtausendwende an der österreichischen Regierung beteiligt wurde. „Er war einer der wenigen, die wirklich konsequent waren. Viele haben damals nur angekündigt, dass sie die Staatsbürgerschaft zurückgeben. Abraham hat es am Ende auch getan. Jahre später hat er wieder um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht, gesetzlich hat er sie auch bekommen, den österreichischen Pass eigenartigerweise nicht.“

Die Ausstellung  Back Home, kann noch bis zum 26. Oktober im Schloss Bruck in Lienz besichtigt werden. Sie zeigt neben seinen Bauten für Tirol, auch Entwürfe seiner idealtypischen Häuser und natürlich das schlanke Gebäude des österreichischen Kulturforums in New York. 
Am 22. Oktober, findet um 19 Uhr, die Veranstaltung „Sprechen über Abraham“ statt.