Euregio
Foto: LPA/Fabio Brucculeri
Gesellschaft | k.u.k. reloaded

Der Fuß in der Brüsseler Tür

In Kernalpinien wird kooperiert. Ein bisschen, zumindest. Und bei wirklich wichtigen Themen.
  • Hurra! Seit dreißig Jahren hat Südtirol über die Euregio Tirol – Südtirol - Trentino einen Fuß in der Brüsseler Tür. Seite an Seite kämpfen die zwei autonomen Republiklein und das selbstbewußte Bundeslandl seither grenzüberschreitend für, mit und gegen die Brüsseler Bürokratie, die Europas größter Segen und gleichzeitig Europas größter Fluch ist, je nachdem, vor wem die Politikerinnen und Politiker gerade sprechen. 

    Das Jubiläum wurde jüngst gehörig gefeiert, die Landeshauptleute Mattle, Kompatscher und Fugatti waren da – und drei EU-Kommissare, die dem festlichen Ereignis Glanz verliehen. In den Reden wurde betont, wie wichtig es sei, mit einer Stimme aufzutreten, permanent vor Ort zu sein und den europäischen Kleinregionen Sichtbarkeit zu geben. 

     

    Die gemeinsamen Landtage lösen ähnliche Begeisterung aus, wie der sanft erzwungene Besuch bei einer schrulligen Tante.

     

    Betrachtet man die Kooperationsrealität zwischen den Euregio-Partnern Tirol, Südtirol und Trentino und die politische Begeisterung dafür im kernalpinen Alltag wird die Suppe schon etwas dünner. Ja, es gibt ein paar überregionale Öffi-Angebote, ein Euregio-Museumsjahr, einen gemeinsamen Lawinen-Warnbericht und Kooperation im Zivilschutz sowie ein Euregio-Jugendfestival und es wird mit viel Getöse an einer Euregio-Jobbörse gewerkelt – unbändiger Kooperationsgeist und lebhaftes Interesse aneinander sehen aber anders aus. 

    Die alle paar Jahre stattfindenden gemeinsamen Landtage lösen bei den politischen Playern ähnliche Begeisterung aus, wie der sanft erzwungene Besuch bei einer schrulligen Tante und die Suche nach Tagesordnungspunkten gestaltet sich so mühsam wie die Einigung über Beschlüsse, die schon aufgrund der mangelnden Zuständigkeiten meist nicht über belangloses Floskelniveau und hehre Willensbekundungen hinauskommen. 

    Und so fällt die Bilanz der 30 glorreichen Brüsseler Jahre insgesamt doch recht ernüchternd aus. Vielleicht hätte man sie retten können, wenn man die Speck- und Weinmenge aufgelistet hätte, die dabei über die Stehtische gegangen ist. 

     

    Gerade in diesen Räumen wurde ganz stark über die Entnahme der großen Beutegreifer diskutiert.

     

    Während Landeshauptmann Kompatscher gegenüber RAI Südtirol ausführte, das gemeinsame Büro sei der beste Platz, um „unsere“ Überzeugungen, Ideen und Wünsche zu deponieren, blieb es dem Tiroler Landeshauptmann Mattle vorbehalten, RAI Südtirol mit stolzgeschwellter Brust den größten Erfolg des gemeinsamen Büros zu verraten, der darin besteht, „dass gerade in diesen Räumen ganz stark über die Entnahme der großen Beutegreifer diskutiert wurde. Und heute sind wir so weit, dass die FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, Anm. d. Red.) geändert wurde.“ 

    Wow! Genau so hält man die Begeisterung für die Politik und für Europa am Leben …