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Fly away, Menax

Werner Menapace (1950 - 2023) - Eine persönliche Erinnerung
Franceschini
Foto: Privat
  • Beim Abschied wieder
    dieses Gefühl der Trauer
    über Versäumtes. 

    Werner Menapace,
    35 Kraniche (1993)

     

    In einer Fußnote zu einem Gedicht von Klaus Menapace wird eine japanische Überlieferung zitiert, nach der es heißt, dass ein Todkranker, der tausend Kraniche aus Papier gefaltet hat, dann außer Gefahr sei. 
    Werner „Menax“ Menapace hat 1993 im Gedenken an seinen verstorbenen Bruder Klaus zusammen mit Siegfried Höllrigl das wunderschöne Faltbuch „35 Kraniche für Klaus“ gemacht. Im Gedicht auf der ersten Seite heißt es: 

    Tausend Kraniche
    will ich versuchen dir zu
    falten. Dir und mir.

    Menax hat die Tausend Kraniche nicht mehr geschafft. In der Nacht vom 18. auf den 19. Dezember ist er einer schweren Krankheit erlegen. 

  • Werner Menapace: Menax war ein Vieles-Könner. Foto: Ludwig Thalheimer
  • Werner Menapace war einer jener stillen und bescheidenen Menschen, die nicht ins Scheinwerferlicht treten müssen, um Bestätigung und Anerkennung zu finden. Menax war ein Vieles-Könner. Er war Übersetzer, Werbetexter, Fotograf, Literat, Universitätslektor, Bergsteiger, Familienvater und Egetmann-Hexe. Vor allem aber war er ein begeisterter Musiker.
    Als solchen habe ich ihn erlebt. Wir haben über 15 Jahre lang zusammen in einer Rock&Blues-Band gespielt. „I soliti ignoti“ oder besser gesagt „S.I Band“. Zusammen mit Michele De Girolamo und Davide Pezutto sind wir jahrelang durch die Pubs und Clubs der Region gezogen. Auf der Bühne ist dabei alles passiert, was nur passieren kann. Doch ganz gleich was vorne abging, Menax hinter seinem Schlagzeug war derjenige, der alles zusammengehalten hat. 
    Das Bild, das mir immer bleiben wird: Wenn ich mich am Mikrophon umdrehe, er hinter seinem Schlagzeug, konzentriert, straight im Rhythmus, mit einem leichten Kopfnicken und einem Zusammenziehen der Lippen. Das war seine Botschaft, dass es ihm gefällt.

     

    „Werner Menapace war einer jener stillen und bescheidenen Menschen, die nicht ins Scheinwerferlicht treten müssen, um Bestätigung und Anerkennung zu finden.“
     

    Auch als Schlagzeuger spielte sich Menax nie in den Vordergrund, jede „rullata“ mussten wir ihm abringen, aber er war immer "in Time", wie ein Uhrwerk.
    Als wir 1995 im Grödner Studio SISI Records eine CD aufnahmen, haben wir uns alle vor Angst und Aufregung in die Hose gemacht. Nur Menax war wie immer. Ruhig, souverän, nichts brachte ihn aus der Ruhe. Während wir nervös herumwusselten, zog er bedächtig an seinem Zigarillo.

  • S.I.Band (Menax rechts außen): Er spielte sich nie in den Vordergrund Foto: Ludwig Thalheimer
  • In Erinnerung bleiben mir aber auch die unzählige Autofahrten zu den Gigs. Und die Gespräche dabei: Einmal sind wir über Silvester zu einem Konzert nach San Severo gefahren. Auf den 1.000 Kilometern haben wir die Rockgeschichte Revue passieren lassen. Menax hat zuerst in Tramin die „wilden 68“ erlebt und dann in seiner Studienstadt München alle Bands und Künstler live gesehen, von denen wir nur mehr träumen können. Von Hendrix über Janis Joplin und die Doors bis hin zu Led Zeppelin. Er war keiner, der die Vergangenheit ausgeschmückt hat, sondern er war ein präziser Chronist. Ein Beobachter mit einem klaren und festen Standpunkt.
    Vor allem aber war er ein Mensch mit Herz und viel Gefühl. Ich habe Menax nie aufbrausend oder laut erlebt. Er war einer, der Menschen allein durch seine Präsenz zusammengebracht und -gehalten hat. 

  • Werner Menapace 1969: Alle Bands und Künstler live gesehen, von denen wir nur mehr träumen können. Foto: privat

    Auch deshalb war er Zeit seines Lebens ein gefragter Drummer. Ganz gleich, ob bei seiner Jugendband „Betlehem Revival Band“ (benannt nach einem Traminer Dorf-Teil) oder bei seinem letzten Bandprojekt „Four Fingers“ mit dem er bis zuletzt aufgetreten ist.
    Werner Menapace konnte wunderbar mit Sprache umgehen. So war es auch von Anfang an klar, dass er für das Album der S.I Band Songtexte schreiben wird. Menax hat damals die Texte für drei Songs verfasst. 
    Im Refrain seines Songs „Fly Away“ heißt es:

    Set me free now
    I wanna go, higher and higher,
    only when you’re above the clouds,
    my friend, we can reach the sky.

     

  • Jetzt, 30 Jahre später, ist es so weit.
    Goodby, my friend Menax.

  • Menax live

    Ein Konzert der Betlehem Revival Band.

  • (c) SALTO