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Beschwerde in Wien

Die Pressekonferenz der SVP-Altmandatare zum Doppelpass hat ein skurriles Nachspiel. Franz Pahl & Co fühlen sich durch einen Südtiroler ORF-Journalisten verleumdet.
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Foto: SVP
Man kann es als Ironie der Geschichte sehen.
Da ruft und preist man das Vaterland an und ausgerechnet ein Journalist des staatlichen Fernsehens ebendieses Landes wird am Ende zur Zielscheibe.
Oder man kann es als Fortsetzung einer politischen Gangart sehen.
In Österreich greift der Freiheitliche Vizekanzler den Anchorman des ORF Armin Wolf frontal an. Und in Südtirol zieht wenig später die volkstumspolitische Flanke der SVP gegen einen ORF-Journalisten zu Felde.
 

Die Pressekonferenz

 
Ausgangspunkt ist die Pressekonferenz des Clubs der SVP-Altmandatare am 14. Februar 2018 in Bozen. Am SVP-Parteisitz stellen Franz Pahl, Bruno Hosp, Karl Ferrari, Georg Pardeller und Siegfried Brugger dabei eine Denkschrift zu den rechtlichen und politischen Aspekten der angepeilten doppelten Staatsbürgerschaft für Südtiroler vor.
Für „Südtirol heute“ beobachtete der Meraner ORF-Journalist Patrick Rina die Pressekonferenz. Rina stellt den anwesenden Altpolitikern dabei - wie es sich für einen ordentlichen Journalisten gehört - auch einige kritische Fragen.
 
Am selben Abend brachte „Südtirol heute“ dann den Beitrag Rinas über die Vorstellung der Denkschrift. Dabei kommt im Interview mehrmals auch der ehemalige Kulturassessor Bruno Hosp zu Wort. Der ORF-Redakteur schließt den Beitrag mit einem Gedankengang, den auch schon auf der Pressekonferenz in eine Frage gekleidet hatte. Patrick Rinas Text:
 
Durch alle Seiten zieht sich die Sprache des 19. Jahrhunderts, von Vaterland, Volkstum und nationaler Identität ist die Rede. Es bleibt die Frage, ob ein Zukunftspapier mit der Tinte der Vergangenheit geschrieben werden kann.
 

„Ideologischen ORF-Volksbelehrung“

 
Der Club der SVP-Altmandatare goutiert weder die kritischen Fragen, noch die Arbeit des ORF-Journalisten. In einer Presseaussendung, die am heutigen Mittwoch an die Medien ging, spricht man von einer „unglaubliche Entgleisung“.
In der Presseaussendung heißt es:
 
„Bereits während der Pressekonferenz des Clubs der SVP-Altmandatare am 14. Februar 2018 war ein ORF-Journalist wenig angenehm aufgefallen. Schlimmer wurde es am Abend in der ORF-Sendung „Südtirol heute“. Eingangs der Sendung bemühte sich die Moderatorin um eine abwertende Darstellung, vollends zur ebenso überheblichen wie ideologischen „Volksbelehrung“ geriet die Sendung dann an deren Schluss.“
 
Der Altpolitikerclub fährt dabei hartes Geschütz gegen den ORF und seinen Redakteur auf. So heißt es: „Ideologische Abwertung – unfassbar verleumderisch – Ausdruck eines unqualifizierten Journalismus – Herabsetzung von verdienten Politikern der SVP – linksideologische Beeinflussung“.
Doch dem nicht genug.
Der ehemalige SVP-Landtagsabgeordnete Franz Pahl hat jetzt eine offizielle Beschwerde an die ORF-Spitze geschickt. Das Schreiben, das an ORF Generalintendant Alexander Wrabetz, ORF-Chefredakteur Fritz Dittlbacher, den Tiroler Landesintendanten Helmut Krieghofer und an Südtirol heute-Chefredakteur Siegfried Giuliani ging, heißt es:
 
„Diese Redeweise ist nicht nur extrem unqualifiziert und eines ORF unwürdig, sondern auch unfassbar verleumderisch, weil die Angeredeten subtil in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt werden! 
Die ganze Sendung trug wenig zur Information bei, sondern zielte auf linksideologische Beeinflussung. ...(...)...

„Der ORF hat die Verpflichtung, korrekt zu berichten und dem Interesse Österreichs, wozu auch Südtirol zählt, zu dienen und nicht Exerzierfeld für die ideologischen Fixierungen gewisser Journalisten zu sein.
Franz Pahl

Der ORF hat die Verpflichtung, korrekt zu berichten und dem Interesse Österreichs, wozu auch Südtirol zählt, zu dienen und nicht Exerzierfeld für die ideologischen Fixierungen gewisser Journalisten zu sein, die ihre eigenen politischen Zielsetzungen auf Kosten der Allgemeinheit verfolgen. Am Beispiel des Verhaltens des ORF-Vertreters bei der Pressekonferenz und durch die ideologisch getönte Abwertung eines Anliegens der neuen Bundesregierung in der erwähnten Sendung ist das überdeutlich hervorgetreten.
Die Verärgerung der Betroffenen, aber auch das Befremden zahlreicher Südtiroler Zuseher von „Südtirol heute“, die der neuen Bundesregierung dankbar sind, braucht sie also nicht zu wundern.
 

Nicht Werbetexter

 
Der angegriffene ORF-Redakteur Patrick Rina erhält nach diesem Frontalangriff Rückendeckung von seinem Chef. „Ich halte die von meinem Redakteur im Bericht gebrauchten Formulierungen für absolut vertretbar und akzeptabel“, sagt Siegfried Giuliani. Der Südtirol-heute-Chefredakteur stellt sich vor seinen Mitarbeiter: „Es muss so sein, dass man einem Journalisten einen gewissen Interpretationsspielraum zugestehen muss“.
Giuliani kann über den Protestbrief nach Wien nur den Kopf schütteln. „Wenn wir das nicht mehr dürfen, dann können wir gleich als Werbetexter der Parteien arbeiten“, sagt der altgediente Südtiroler Fernsehmann.
Spannend wird sein, ob man das auch in der ORF-Chefetage am Wiener Küniglberg so sieht.