Ein Wüstenplanet auf LSD
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Aktuell läuft die Fortsetzung von Denis Villeneuves Dune im Kino. Vor ihm verfilmte David Lynch den Stoff fürs Kino. Noch vor ihm versuchte sich allerdings der chilenische Regisseur Alejandro Jodorowsky an einer Verfilmung von Frank Herberts Buch. Das Projekt war sehr ambitioniert. So ambitioniert, dass es letztlich scheiterte und nie gedreht wurde. Einen Eindruck davon, was damals, in den 1970ern minutiös geplant wurde, liefert der Dokumentarfilm Jodorowsky’s Dune. Darin erzählt der Filmemacher selbst von seinen großen Plänen, den Entwürfen und Bildern, die er sich vorstellte, und von seinen Kollaborateuren. Doch der Reihe nach.
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Eine Erfahrung wie LSD
Jodorowskys bekannteste Filme sind die surrealen Wunderwerke El Topo und Der Heilige Berg. Sie bestechen durch ihren absurden Stil, eine oft von religiösen Symbolen geprägte Bildsprache, und der für den Surrealismus typischen Grundhaltung, dass nichts wirklich Sinn ergeben muss. Zumindest der Aspekt der Religion findet sich auch in Dune wieder. Und auch die flirrende Hitze des Wüstenplaneten samt den riesigen Sandwürmern lässt jene, die mit den Gegebenheiten des Planeten nicht vertraut sind, schon mal in psychedelische Träume abrutschen. Jodorowsky wollte also Dune verfilmen – und er wollte es auf seine eigene Art tun. Im Dokumentarfilm spricht er viele Jahre nach dieser Zeit von seinem Anspruch, einen Film zu drehen, der sich wie LSD anfühlt, ohne die Droge aber selbst zu konsumieren. Der Film solle den Geist der Jugend öffnen. Es solle eine Erfahrung sein, die man so im Kino noch nicht erlebt hat. Hohe Ansprüche, die schwer zu erfüllen sind. Vor allem dann, wenn man sich einer literarischen Vorlage gegenübersieht, die ohne die Unterstützung großer Filmstudios kaum umzusetzen ist.
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Jodorowsky’s Kämpfer
Für die Konzeptphase seines neuen Films suchte sich Jodorowsky eine bunte Truppe an Leuten zusammen, seine „Kämpfer“. Unter anderem den französischen Comiczeichner Moebius, mit dem der Regisseur das Storyboard anfertigte. Am Ende entstanden daraus rund 3000 Zeichnungen, und ein dicker Bildband, der im Grunde bereits den Film zeigte. Auch andere Elemente wie Kostüme oder Raumschiffe wurden bereits designt. Mit an Bord war auch HR Giger, der später das Alien in Ridley Scotts gleichnamigen Film entwarf. Für die Musik traf sich Jodorowsky mit Pink Floyd, die zu der Zeit gerade ihr Album The Dark Side Of The Moon fertigstellten. Und vor der Kamera sollten prominente Gesichter spielen. Etwa Salvador Dalí als Imperator, Mick Jagger als Feyd-Rautha, Udo Kier als Piter DeVries, oder Orson Welles als Baron Harkonnen. Die Liste der Beteiligten liest sich wie ein Fiebertraum, und der Traum Jodorowskys, die Wirkung von LSD auf Zelluloid zu bannen, schien in greifbare Nähe gerückt.
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Glänzende Augen im Angesichts des Scheiterns
In der Dokumentation erzählt der gealterte Jodorowsky mit leuchtenden, manchmal glänzenden Augen von seinem großen Projekt. Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, ging er mit der eindrucksvollen Konzeptmappe hausieren. Doch kein Studio in Hollywood wollte die rund 15 Millionen US-Dollar, damals ein sehr hoher Betrag, aufbringen. Letzten Endes musste Jodorowsky einsehen, dass sein Projekt auf künstlerischer Ebene zwar überzeugen konnte, aber ein zu großes finanzielles Risiko barg.
Die Dokumentation lässt den Filmemacher, wie auch einige seiner Mitstreiter zu Wort kommen. Konventionell gedreht bietet sie einen tiefen Einblick in die Pläne eines Größenwahnsinnigen. Von der Lynch-Version war er einige Jahre später entsetzt, sagt Jodorowsky. Lynch hätte besseres verdient als die zurechtgestutzte Fassung, die das Studio in die Kinos brachte. Seine eigenen Entwürfe starben mit dem Scheitern von Jodorowsky’s Dune aber nicht völlig. Viele Designs fanden Eingang in andere Werke der Science-Fiction. Neben dem bereits erwähnten Alien wurden auch Werke wie Blade Runner davon beeinflusst.
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(c) Sony