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Der Lehrertest

In der kommenden Woche sollen sich rund 18.000 Schulbedienstete freiwillig einem Corona-Schnelltest unterziehen. Es gibt aber berechtigte Zweifel, ob das so umsetzbar ist
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Foto: upi
Das Rundschreiben ging diese Woche vom Schulamt über die Direktionen direkt an das Schulpersonal. Es ist ein ausgezeichnet gemachter Leitfaden zu den angesagten Coronatests beim Südtiroler Schulpersonal.
Unter dem Titel „Serologische Tests auf IgG- und IgM-Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus für das Lehrpersonal und das nicht unterrichtende Personal aller Schulen in der Autonomen Provinz Bozen“ werden in einfacher und knapper Form alle Informationen und alle möglichen Fragen beantwortet.
Bereits im dritten Absatz steht: „Ihre Teilnahme ist freiwillig und kostenlos, eine Verweigerung der Teilnahme bringt keine Konsequenzen mit sich.
Dieser Satz könnte sich am Ende als Rettungsanker herausstellen. Sollte sich wirklich das gesamte Schulpersonal wie empfohlen zwischen dem 24. bis 30. August 2020 diesem Screening-Programm unterziehen, so könnte es zu einem ähnlichen Chaos kommen, wie wir es bereits bei den Schnelltests in Bayern erlebt haben.
 

Das Programm

 
Im Rahmen der Eindämmung der Epidemie COVID-19 hat der Südtiroler Sanitätsbetrieb aufgrund ministerieller Vorgaben ein präventives Screening-Programm für das Lehrpersonal und für das nicht unterrichtende Personal öffentlicher, staatlicher und nichtstaatlicher, gleichgestellter und privater Kindergärten, Grund-, Mittel- und Berufsschulen zur Durchführung serologischer Tests zum Nachweis von IgG- und IgM-Antikörpern gegen das SARS-CoV-2-Virus vorbereitet.
Dieses Screening-Programm wird vom Sanitätsbetrieb in Zusammenarbeit mit den Apotheken und der Mitarbeit von den Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin durchgeführt. Wer sich bereit erklärt am Test teilzunehmen, dem wird ein kleiner Tropfen Blut aus dem Finger entnommen, um einen serologischen Test auf SARS Cov2 durchzuführen. Der Test dauert insgesamt rund 20 Minuten. Sollte dieser serologische Test für beide Antikörper IgM und IgG negativ ausfallen, ist das Screening abgeschlossen.
 
 
Werden aber Antikörper im Blut festgestellt, ist der Arzt oder der Apotheker verpflichtet die Person dem Department für Gesundheitsvorsorge zu melden. Umgehend wird der oder die Betroffene in die Quarantäne versetzte und vom Sanitätsbetrieb zum Nasen-Rachen-Abstrich gerufen. Ist das Ergebnis negativ, kann die Bedienstete in die Schule gehen. Bei einem positiven oder dubbio-Ergebnis ist der Betroffene mindestens zwei Wochen in Zwangquarantäne.
Das Schulamt klärt im Rundschreiben die Bediensteten über alle Möglichkeiten auf. Am Ende steht eine Empfehlung sich testen zu lassen.
 

Die Ärzte

 
Das Südtiroler Screening-Programm ist nur ein Abbild der nationalen Regelung. Weil sich die zuständigen Ministerien aber viel zu lange Zeit gelassen haben, um klare Regeln festzulegen, wird jetzt die Zeit für die Umsetzung äußerst knapp. Auch weil in Südtirol die Schule um eine Woche früher beginnt als im Restitalien. Deshalb müssten diese Tests auch alle in der kommenden Woche durchgeführt werden.
Genau das wird aber zum Spießrutenlauf. Denn es gibt objektive Gründe, die die Umsetzung dieses Programms deutlich erschweren. Etwa der Widerstand der Hausärzte. Ursprünglich war geplant, dass die Ärzte diese Schnelltests für den Sanitätsbetrieb durchführen sollten. Doch sehr schnell brandete von den nationalen Ärztegewerkschaften breiter Widerstand auf. Auch in Südtirol, wo die Ärztegewerkschaft eine Umfrage unter den Mitgliedern gemacht hat und sich über 90 Prozent dagegen ausgesprochen haben.
 
 
Der Grund: Die Ärzte sollten die Tests in ihrer normalen Ordinationszeit ohne zusätzliche Vergütung durchführen. „Ich brauche für einen solchen Test rund eine halbe Stunde“, sagt ein Hausarzt „und wenn einer positiv ausfällt, muss ich alles desinfizieren und eine gewisse Zeit zuwarten“. Deshalb haben die meisten es auch abgelehnt, sich an diesem Programm zu beteiligen.
So gibt es Südtirolweit derzeit nur 26 Ärztinnen und Ärzte, die sich an diesem Programm beteiligen. Diesen wird man in der nächste Woche die Bude einrennen.
 

Die Apotheken

 
Ähnlich ist es auch bei den Apotheken. „Ich habe heute morgen durch ein Rundschreiben erfahren, dass das am Montag starten soll“, sagt ein Bozner Apotheker. Noch gibt es keine Schnelltests. Angeblich sollen diese aber am Montag geliefert werden.
Dazu kommen aber noch andere Probleme. Denn jede Apotheke braucht einen eigenen Raum um diese Tests durchzuführen. Zudem müssen auch diese Apotheken eine direkte Verbindung zum Departments für Gesundheitsvorsorge haben. Das entsprechende Computerprogramm ist alles andere als einfach gestaltet. „Wenn wirklich ein größerer Ansturm kommt, dann genügt nicht nur eine Person, die diese Arbeit macht“, sagt eine Apothekerin zu Salto.bz.
Außerdem gibt es noch keine offizielle Liste von Südtiroler Apotheken, die sich am Programm beteiligen. Demnach wissen die Schulmitarbeiter auch nicht ob sie sich an ihre Apotheke wenden können.
 
 
Erst am Dienstag dieser Woche hat der Südtiroler Sanitätsbetrieb den Beschluss gefasst, das Testprogramm den Südtiroler Apotheken anzuvertrauen. Im Beschluss ist von 15.000 bis 18.000 Tests die Rede. "Für die Erbringung der serologischen Schnelltests auf Antikörper Covid-19  erhalten die Apotheken pro durchgeführtem Test 15,00 Euro, zuzüglich MwSt.", heißt es in der Vereinbarung zum Beschluss.
Die große Frage aber ist: Was tun, wenn die Schnelltest erst später kommen. Dann wird man kaum die Kapazitäten haben, das Programm innerhalb weniger Tage umzusetzen.
Am Ende könnte so die Freiwilligkeit die Rettung sein. Denn das Bildungspersonal kann auch ohne Test die Arbeit aufnehmen.