Politik | SVP

Die vergessenen Kandidaten

Der Wahlkampf in Deutschnofen treibt kuriose Blüten. Fast die Hälfte der SVP-Kandidaten wird totgeschwiegen – und die Facebook-Seite der Gemeinde verschwindet.
Edelweiß
Foto: Pixabay

Dass die SVP in vielen Gemeinden des Landes das alleinige Sagen hat, ist nichts Neues. Deutschnofen aber scheint fest in der Hand gar einer einzelnen SVP-Ortsgruppe zu sein. Anders sind die Blüten, die der Wahlkampf derzeit im Eggental treibt, wohl kaum zu erklären.

Ursprünglich für den 17. November angesetzt, finden die Neuwahlen für den Gemeinderatwetterbedingt – nun an diesem Sonntag, 24. November statt. Notwendig sind die vorgezogenenen Wahlen geworden, weil Ex-Bürgermeister Christian Gallmetzer Ende August vorzeitig zurückgetreten ist.

Um Gallmetzers Nachfolge bemühen sich mit Horst Pichler ein amtierender Gemeindereferent und mit Bernhard Daum der langjährige Deutschnofner Altbürgermeister. Neben den zwei Bürgermeisterkandidaten treten eine Reihe von alten und neuen Gesichtern an. Sämtliche Kandidaten gehören der SVP an. Neben der Volkspartei kandidiert in Deutschnofen keine weitere Partei.

 

Bei 17 ist Schluss

 

Doch zwischen wie vielen Kandidaten können die 3.194 Wahlberechtigten am Sonntag in Deutschnofen wählen? Dass die Frage durchaus berechtigt ist, zeigt ein Blick auf Facebook. Die Gemeinde Deutschnofen betreibt dort wie viele Südtiroler Kommunen eine Seite. Auf der werden auch Informationen zur bevorstehenden Wahl verbreitet. Der erste Post wird am 11. November, sechs Tage vor dem ursprünglichen Wahltermin, veröffentlicht. Darin heißt es: “Für unser Dorf – Für unsere Gemeinde Deutschnofen. Am 17. November 2019 bewerben sich 17 motivierte Kandidatinnen und Kandidaten für einen Sitz im Gemeinderat und zwei Kandidaten stellen sich der Wahl für das Amt des Bürgermeisters.”

Wer aber die offizielle Kandidatenliste zu Rate zieht, die auf der Seite der Region Trentino-Südtirol veröffentlicht wurde, sieht sofort: In Deutschnofen gibt es bei den diesjährigen Gemeinderatswahlen insgesamt 31 Kandidaten.
Dennoch ist auf der Facebook-Seite der Gemeinde bis zuletzt – der vorerst letzte Post erscheint am 20. November – von 17 Kandidaten, davon zwei Bürgermeisterkandidaten, die Rede.
Dabei könnte schon allein die Tatsache könnte stutzig machen: Der Gemeinderat von Deutschnofen hat nämlich 18 Sitze. Warum aber werden die restlichen 14 Kandidaten totgeschwiegen?

Die Erklärung ist schnell gefunden: Fotos, Texte und Informationen, die auf die institutionellen Facebook-Seite der Gemeinde gestellt werden, stammen aus einer Sonderausgabe der SVP-Parteizeitung ZiS zu den Gemeindewahlen in Deutschnofen. Und die wurde von der SVP-Ortsgruppe Deutschnofen gestaltet.

 

Doch daneben gibt es noch zwei weitere Listen. In Deutschnofen erlaubt der SVP-Ausschuss, wie auch bei den südtirolweiten Gemeindewahlen im kommenden Frühjahr, das kleine Edelweiß. Darunter können Ortsgruppen antreten, wenn die Bildung einer einzigen Edelweiß-Liste in einer Gemeinde scheitert.

 

Vom Partei- zur Listenmagazin

 

Tatsächlich treten neben der SVP Deutschnofen am 24. November auch die SVP Petersberg und die SVP Eggen an.
Die 17 offensiv beworbenen Kandidaten, samt beider Bürgermeisterkandidaten, gehören der SVP Deutschnofen an. Wie salto.bz in Erfahrung bringen konnte, hat die SVP Deutschnofen die Sonder-Zis in Auftrag gegeben, aus dem eigenen Budget bezahlt und im Hauptort der Gemeinde verteilt. Was aber sagt man in den anderen beiden Ortsgruppen zur Monopolisierung der Parteizeitung?

 

“Das gibt kein gutes Bild ab”, meint Christian Gallmetzer auf Nachfrage von salto.bz. Der zurückgetretene Bürgermeister ist weiterhin als SVP-Ortsobmann von Petersberg tätig und erklärt, dass seine und auch die SVP-Ortsgruppe von Eggen die eigenen Kandidaten in den jeweiligen Fraktionen natürlich auch bewerben – “mit eigenen Schreiben”. Dennoch ist es ein Kampf mit ungleichen Waffen. “Da muss in der Parteizentrale in Bozen etwas schiefgegangen sein.” In der Brennerstraße, wo die ZiS politisch und inhaltlich abgesegnet wird, hätte man, so Gallmetzer, zur SVP Deutschnofen “sagen müssen, ihr kriegt die ZiS nicht alleine bzw. wir drucken sie so nicht. Denn es sind 31 offizielle Kandidaten der SVP und drei separate, gleich große Edelweiße”.

Doch auch damit scheint man es bei der SVP Deutschnofen nicht so genau zu nehmen. Denn obwohl das offizielle Listenzeichen das benannte kleine Edelweiß ist, wirbt man in der ZiS-Sonderausgabe mit dem traditionellen SVP-Logo.

 

Tabula Rasa auf Facebook

 

Dass das Ganze – eine Zeitung für eine Liste, aber nicht für die ganze Partei – zumindest eigenartig wirkt, das sieht auch der eine oder andere in der Brennerstraße so. “Die Partei hätte intervenieren können”, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Der SVP-Landessekretär Stefan Premstaller sieht keinerlei Verfehlungen in der Parteizentrale und präzisiert: “Alle drei kleine-Edelweiß-Listen gestalten den Wahlkampf für ihren Ort bzw. ihre Fraktion selbst. Die Sonderausgabe der ZiS wurde von der SVP Deutschnofen beauftragt, bezahlt und nur an die Haushalte in Deutschnofen und nicht im gesamten Gemeindegebiet verteilt. Die anderen beiden Listen haben ebenso mit Broschüren in ihren Orten geworben.”

Die in der SVP- bzw. Listen-Zeitung “vergessenen” Kandidaten können für Erheiterung und Kopfschütteln über Deutschnofen hinaus sorgen. Ein grobes Foul hingegen hat sich die Gemeinde geleistet, indem einzig die von einer Liste gestellten Kandidaten auf ihrer Facebook-Seite gestellt – und beworben werden. Ein klarer Verstoß gegen die Par-Condicio-Regelung, die für Medien eine Gleichbehandlung aller Kandidaten vorschreibt und auch für öffentliche Verwaltungen gilt.

Nicht nur als ehemaliger Bürgermeister weiß Christian Gallmetzer: Wahlkampf im Namen der Gemeinde und das auch noch nur für eine SVP-Ortsgruppe – “das geht gar nicht!” Er werde sich umgehend mit der Gemeinde in Verbindung setzen, sagt Gallmetzer am Donnerstag Nachmittag zu salto.bz. Und dort hat man prompt reagiert: Nur kurze Zeit später sind die Inhalte von Facebook verschwunden. Samt der Seite der Gemeinde Deutschnofen.