Gesellschaft | Gastbeitrag

Italiener, Südtiroler oder Deutscher?

Streit mit FDP-Generalin: Wie Markus Lanz um ein Haar Opfer seiner eigenen Provokation wurde.
Markus Lanz, Nicola Beer
Foto: Screenshot/ZDF

Markus Lanz ist für seine besonders hartnäckigen und deswegen manchmal auch etwas nervenden Nachfragen bekannt. Eine Kostprobe davon lieferte der (aus Bruneck stammende) Moderator in der Sendung, die seinen Namen trägt, am Mittwochabend im ZDF ab - im Duell mit FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Doch diesmal wäre der 49-Jährige um Haaresbreite auf peinliche Weise fast Opfer seines eigenen Provokationsrausches geworden.

 

Mehrfach warf Lanz im Verlauf des fast halbstündigen Duells mit der FDP-Generalin den Namen des ungarischen Staatspräsidenten Victor Orbán ein. Beer, die als Spitzenkandidatin für die FDP bei der Europawahl am 26. Mai antritt, wird selbst in den eigenen Reihen eine merkwürdige Nähe zu dem umstrittenen Autokraten vorgeworfen. Immer wieder versuchte der Moderator, der Liberalen selbst über beruflichen Beziehungen ihres Mannes Jürgen Illing, der Orbán persönlich kennt, ein enges Verhältnis zum Staatspräsidenten nachzuweisen. Beer, die das immer wieder bestritt, stichelte ihrerseits gegen Lanz, wenn die Rede auf populistische Regierungen zu sprechen kam.

 

Auf die Frage, was sie denn von der spalterischen Politik Orbáns halte, der den Grundkonsens der EU immer wieder in Frage stelle, antwortete die ebenfalls 49-Jährige: "Nichts". Schwierigkeiten der EU mit populistischen Regierungen beschränkten sich jedoch keinesfalls nur auf Ungarn, ergänzte die FDP-Politikerin, sondern seien zum Beispiel auch in Italien zu beobachten. Auf ihren Kommentar "Da sitzen Sie dann ja auch ein bisschen näher dran an dieser Stelle", warf Lanz seine Stirn in tiefe Falten und sagte: "Ich habe mit denen nichts zu tun." Lanz ist in Südtirol geboren und aufgewachsen - und damit Italiener.

 

Als Beer ein paar Minuten später erneut betonte, für wie wichtig sie es halte, mit populistisch regierten EU-Mitgliedern im Gespräch zu bleiben, schluckte Lanz bei seiner Reaktion in letzter Sekunde ein Wort hinunter, das vermutlich für viel Gesprächsstoff gesorgt hätte. Denn als Beer fragte "Wie gehen Sie mit der italienischen Regierung um - Linkspopulisten, Rechtspopulisten...", haspelte Lanz hinterher: "Ich bin, ich bin kein...", das Substantiv den Zuschauern jedoch schuldig bleibend.

 

Was Lanz auf der Zunge lag, war wohl das Wort "Italiener". Von Beer mit Populisten in einen Topf geworfen zu werden, nur weil er aus Italien stammt, behagte ihm sichtbar nicht.

 

Seine Herkunft aus diesem Grund zu verleugnen, war dem Moderator, der seit Jahrzehnten in Hamburg lebt und astreines Hochdeutsch spricht, im letzten Augenblick dann aber offenbar doch zu riskant. Zum einen, weil er definitiv Italiener ist. Zum anderen, weil die Frage des ethnischen Zugehörigkeitsgefühls selbst 100 Jahre, nachdem Südtirol von Österreich an Italien abgetreten worden war, noch immer wie eine offene Wunde schwärt. Und Sätze wie "Ich bin kein Italiener" oder "Ich bin Südtiroler", wenn man doch beides ist, gerade in Zeiten eines wiederaufkeimenden Nationalismus schnell für noch mehr hässliche wie überflüssige Polemik sorgen.