Politik | Senat

„Die Opposition hat Recht“

Senator Francesco Palermo über den blinden Passagier im Ladinergesetz und die morgige Anhörung der Südtiroler Opposition vor dem Verfassungsausschuss im Senat.
Salto.bz: Herr Senator Palermo, Sie sind Mitglied des Verfassungsausschusses im Senat, wo am Donnerstagnachmittag die Südtiroler Opposition gegen das Vorgehen der SVP beim Ladinergesetz protestiert. Ist die Kritik der Opposition gerechtfertigt?
Francesco Palermo: Es ist in dieser Frage wichtig zwischen dem Inhalt und der Methode zu unterscheiden. Inhaltlich sehe ich den von der SVP vorgebrachten Abänderungsantrag nicht problematisch. Aus mehreren Gründen: Zum einen bin ich immer dafür, wenn es darum geht die Rechte von Minderheiten zu stärken.....
 
Die Frage ist ob es in diesem Gesetz wirklich um die Stärkung der Ladiner geht oder ob das nur ein Vorwand ist?
Es ist eine Besserstellung der Ladiner. So finden wir in diesem Gesetz zum Beispiel eine Bestimmung, dass ein Ladiner auch Mitglied in der Sechserkommission werden kann. Das ist eine wichtige und richtige Änderung. Derzeit haben wir mit Daniel Alfreider zwar ein ladinisches Mitglied, er nimmt aber den Platz eines Italieners ein. In Zukunft wird der Ladinervertreter aber auch anstelle eines deutschen Mitglieds ernannt werden können. Was bisher nicht geht. Hier ist nichts auszusetzen.
 
Aber?
Es geht um die Methode. Denn wir haben derzeit einen Autonomiekonvent, der einen Vorschlag zur Überarbeitung des Autonomiestatutes ausarbeiten soll. Dort würde diese Änderung hingehören. Leider ist es aber so, dass diejenigen, die diesen Konvent und die Reform des Autonomiestatutes wollten, die Ersten waren und sind, die das Ganze boykottieren. Man plärrt und versucht Änderungen unabgesprochen im Parlament durchzudrücken. Das halte ich für einen schwerwiegenden Fehler.
„Es ist so, dass diejenigen, die diesen Konvent und die Reform des Autonomiestatutes wollten, die Ersten waren und sind, die das Ganze boykottieren. Man plärrt und versucht Änderungen unabgesprochen im Parlament durchzudrücken. Das halte ich für einen schwerwiegenden Fehler.“
Deshalb hat man die Wahlrechtsänderung in diesem Gesetz versteckt?
Inhaltlich habe ich mit diesem Vorschlag keine Probleme. Das Ziel ist es die Zersplitterung der Parteien und Wählerstimmen sowohl auf Landesebene, wie auch auf Gemeindeebene zu verhindern. Eine richtige Änderung. Die Frage aber ist, wie man diese Änderung macht. Denn diese Bestimmung gehört unweigerlich ins Wahlgesetz, das der Landtag verabschieden muss. Und nicht in dieses Ladinergesetz. Damit sind wir bei der Methode und Vorgangsweise, die ich kritisiere.
 
Warum wollte Karl Zeller diesen Passus aber unbedingt in diesem Gesetz?
Die Erklärung ist für mich einfach: Es ist die Angst vor einer weiteren Verfassungsklage. 1998 wollte man auf regionaler Ebene eine Hürde von 5 Prozent einführen. Das Verfassungsgericht hat diese Bestimmung aber gekippt, in dem man gesagt hat, in einem Verhältniswahlrecht muss eine ethnische Gruppe die Möglichkeit einer eigenen Vertretung haben. Weil die Ladiner diese Hürde nie erreicht hätten, hat das Verfassungsgericht das für unzulässig erklärt. Eine nachvollziehbare Haltung.
 
Ist es falsch einer möglichen Verfassungsklage vorzubauen?
Absolut nicht. Aber man soll das im anstehenden Wahlgesetz tun. Wenn der Landtag das Vollmandat einführen will oder auch auf Gemeindeebene gewisse Hürden eingeführt werden sollen, dann kann man das ohne Weiters im Landeswahlgesetz tun. Dazu braucht es keine Änderung des Autonomiestatutes.
 
 
Die Opposition kritisiert, dass hier die Ladiner nur ein Vorwand sind?
Die Opposition hat in diesem Punkt vollkommen Recht. Die SVP hat einfach die Gelegenheit ergriffen, um auch das hineinzupacken. Damit kommen wir aber zum zweiten gravierenden Verstoß gegen die Verfahrensregeln. Die Opposition beanstandet vollkommen zu Recht, dass man mit dieser Änderung den Gesetzesvorschlag grundlegend verändert hat. Man ist vom Ladinergesetz zu einer Wahlrechtsänderung gekommen, was ein völlig andere Sache ist. Das muss aber unweigerlich dazu führen, dass der Landtag noch einmal ein Gutachten abgibt.
„Wenn es die Volkspartei will, kann man anscheinend auch ohne Einvernehmen das Autonomiestatut abändern. So kann es nicht gehen....“
Sie sagen, das Gesetz müsste zurück in den Landtag?
Natürlich. Es braucht zur Änderung des Autonomiestatutes das Einvernehmen des Landtages. Es ist doch absurd: Wir haben anlässlich der gescheiterten Verfassungsreform monatelang um das Einvernehmen und die Schutzklauseln herumgestritten. Jetzt aber will man das Wahlrecht ohne Einvernehmen ändern. Wenn es die Volkspartei will, kann man anscheinend auch ohne Einvernehmen das Autonomiestatut abändern. So kann es nicht gehen....
 
Werden Sie dagegen etwas tun?
Nochmals. Inhaltlich kann ich diese Änderungen nicht nur nachvollziehen, sondern ich bin auch dafür. Das Problem ist und bleibt die Vorgangsweise. Denn damit sagt man: In Südtirol entscheidet allein die SVP, was wichtig ist und schnell umgesetzt werden muss. Und das werde ich auch überall so sagen.
 
Glauben Sie, dass es die Opposition am Donnerstag schafft den Senatsausschuss noch umzustimmen?
Sicher nicht. Denn diese Anhörungen zählen absolut nichts. Man will damit nur Zeit gewinnen. Die SVP hat sich politisch hier in Rom abgesichert. Deshalb wird diese Anhörung leider keinen Beistrich am Gesetzesvorschlag ändern. Man wird das durchziehen.  
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Stefan Zelger Mi., 22.03.2017 - 18:09

„Es geht um die Methode. Denn wir haben derzeit einen Autonomiekonvent, der einen Vorschlag zur Überarbeitung des Autonomiestatutes ausarbeiten soll. […] Man plärrt und versucht Änderungen unabgesprochen im Parlament durchzudrücken.“

War es nicht Palermo, der im Alleingang einen Antrag zur Änderung von Artikel 19, einem der wichtigsten im Autonomiestatut, im Parlament eingereicht hat?! Noch lange bevor der Autonomiekonvent abgeschlossen ist?! Was für ein Heuchler!

Mi., 22.03.2017 - 18:09 Permalink
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Robert Tam... Do., 23.03.2017 - 17:52

Antwort auf von Stefan Zelger

Absolut. Palermo hat sogar noch einen Gegenkonvent erfunden, als beim "normalen" Autonomiekonvent nicht das rauskam, was er sich wünschte.
Auch wenn er gerne den Wissenschaftler, der zufällig in der Politik gelandet ist, mimt, zeigt er immer wieder, dass er ein Politiker durch und durch ist. Diese Unverfrorenheit, nachher Dinge so zu verdrehen, findet man wohl nur bei Politikern.

Do., 23.03.2017 - 17:52 Permalink