Politik | Trockenheit

„Echte Herausforderung“

Die Grünen fordern, dass jetzt insbesondere der Tourismus einen Beitrag leistet. Der Landeshauptmann hat inzwischen einen Aufruf zum Wassersparen erlassen.
apfelwiesen_beregnung_etsch.jpg
Foto: LPA / Thomas Senoner
Die Grünen sind wegen den schwindenden Grundwasserspeichern besorgt. Sollte es zu weiteren Einschränkungen kommen, müsse auch der Tourismussektor einen Beitrag zum Wassersparen leisten. Die Bilder vom zusehends schwindenden Gardasee seien nur die offenkundigsten Folgen der aktuellen Trockenheit in ganz Norditalien. „Das wahre Drama spielt sich aber unter der Erdoberfläche ab – verborgen, aber viel gravierender“, so die Grünen. Die fehlenden Niederschläge in den Wintermonaten haben dazu geführt, dass sich die Grundwasserreservoire z.B. im Veneto nicht vom Dürre-Sommer 2022 erholen konnten. Teilweise liegen die Pegel derart tief, dass sie von den Messstellen gar nicht mehr erfasst werden können.
„Die nächsten Monate werden daher im Bereich Wassermanagement zu einer echten Herausforderung und es ist zu befürchten, dass die entsprechenden Entscheidungen bald nicht mehr in Bozen, sondern in Rom getroffen werden“, teilt die Grüne Partei mit.
Denn an der Mündung der Etsch muss ein Durchfluss von mindestens 80m³/s garantiert werden, da ansonsten eindringendes Meerwasser zu großflächigen Versalzungen des Grundwassers führen würde. Es sei fraglich, ob dieses Ziel auch heuer mit vergleichsweise leichten Einschränkungen erreicht werden kann.
 
 

Mehrere Branchen betroffen

 
Im Gegensatz zum Vorjahr ist der Reschensee, mit über 116 Mio. m³ der größte Stausee im Lande, derzeit leer. Auch die restlichen Stauseen sind alles andere als gut gefüllt. Sollten die – vom Veneto gewünschten – 20m³/s an zusätzlichem Wasser an die Etsch abgegeben werden müssen, würde das nicht nur erhebliche finanzielle Einbußen zu Lasten der landeseigenen Alperia bedeuten, sondern insgesamt die Stromproduktion im Land gefährden.  
„Aber auch unsere Landwirtschaft ist dringend auf Wasser angewiesen, sei es für Frostberegnung oder Bewässerung. Unter großen finanziellen Anstrengungen wurde hier von den Konsortien 1. und 2. Grades in den letzten Jahren auf wassersparende, nachhaltige Bewässerungsmethoden umgestellt und konnte so eine Technologieführerschaft in diesem Bereich erarbeitet werden“, erklärt Grünen Co-Sprecher Felix von Wohlgemuth. Größere Einsparungen seien hier kurzfristig nicht mehr zu erreichen, ohne dass das nicht zu massiven Schäden in der landwirtschaftlichen Produktion führen würde.
„Die große Frage ist daher, ob die von der Landesregierung nun angedachten Maßnahmen zur Wassereinsparung diesmal auch den Tourismusbereich angemessen in die Pflicht nehmen. Denn hier wurde der Wasserverbrauch in den letzten Jahren kontinuierlich erhört“, so von Wohlgemuth. „Verschwenderische und teilweise absurde Wellnessanlagen und Poollandschaften verbrauchen enorme Mengen Trinkwasser; aber auch der ‚normale‘ Hotelbetrieb, also Reinigung der anfallenden Wäsche und Bewässerung der Gartenanlagen tragen dazu bei, dass schätzungsweise bis zu 500 Liter Wasser pro Tourist*in und Tag verbraucht wird.“
Zum Vergleich: „Das sind sage und schreibe mehr als doppelt so viel, wie Einheimische am Tag verbrauchen (ca. 200 Liter). Vor diesem Hintergrund primär Einschränkungen der Wassernutzung der Haushalte vorzusehen, welche ihre Balkonpflanzen oder Tomatenbeete gießen, ist schwer vermittelbar. Auch kürzeres Duschen oder sonstige abenteuerliche Vorschläge nützen zwar immer etwas, sind aber nicht mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein“, erklärt der Grünen Co-Sprecher.
Es sei nun höchste Zeit, das Verursacherprinzip anzuwenden und konkrete Maßnahmen gegen die Wasserverschwendung bzw. den gedankenlosen Umgang mit dieser beschränkten Ressource zu erlassen – auch und gerade im Tourismussektor.
 

Verordnung unterzeichnet

 
Landeshauptmann Arno Kompatscher hat heute (22. März) indessen eine Verordnung unterzeichnet, mit der er angesichts von Trockenheit und geringen Wasserabflusses alle Wassernutzenden, vor allem die Landwirtschaft, zum Wassersparen aufruft. Angesichts der 18 Monate andauernden Trockenheit ist der Wasserabfluss in Südtirols Flüssen nahe dem historischen Minimum. Diese Situation wird sich angesichts der aktuellen Wetterprognosen und dem Fehlen einer relevanten Schneedecke auch im Hochgebirge so schnell nicht ändern.
 
 
Da erste Beregnungsanlagen erst mit 15. März Wasser entnehmen durften, war der Druck auf die Gewässer bisher noch gering. Doch steigende Temperaturen und die fortschreitende Vegetationsphase führen zu erhöhtem Bedarf, nicht nur in der Landwirtschaft aber auch bei Garten- und Schwimmbadbesitzenden. Um Engpässe in der Trinkwasserversorgung zu vermeiden und die Wasserressourcen im Land sowie in den Nachbarprovinzen und -regionen zu schonen, hat Landeshauptmann Kompatscher einen Aufruf zur Einsparung von Wasser erlassen. Damit soll das Bewusstsein für den Wert der derzeit spärlich vorhandenen, lebensnotwendigen Ressource Wasser in der Bevölkerung gesteigert und für den umsichtigen Umgang mit Wasser geschärft werden.
Wer öffentliche Trinkwasserleitungen betreibt, wird dazu aufgerufen, besonders verbrauchsintensive Wasserentnahmen zeitlich zu staffeln beziehungsweise Turnusse vorzusehen. Die betroffenen Wasserkunden, seien es nun Schwimmbadbetreibende oder Eigentümer*innen größerer Gärten, müssen über diese Maßnahme informiert werden. Im Obst- und Weinbau soll angesichts der derzeit besorgniserregenden Wasserknappheit die Frostberegnung ausschließlich bei absoluter Notwendigkeit eingeschaltet werden. Untersagt ist ab sofort jede Art technischer Beschneiung.
Nach der Unterzeichnung durch den Landeshauptmann wird die Verordnung an die Gemeinden weitergeleitet, die sie veröffentlichen und die Einhaltung der Bestimmungen im Bereich der öffentlichen Trinkwasserversorgung überwachen. Ebenso wird die Verordnung den Forststationen übermittelt. Die Forstbehörde überwacht die Einhaltung der Bestimmungen im Bereich landwirtschaftliche Bewässerung. Allfällige Übertretungen sind dem Amt für nachhaltige Gewässernutzung mitzuteilen. Die Wasserableitungen werden im Hinblick auf den genehmigten Ableitungszeitraum und die Einhaltung der vorgeschriebenen Restwassermengen verstärkt kontrolliert.
 
Bild
Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer Mi., 22.03.2023 - 21:49

Antwort auf von Laurin Kofler

Wenn seit 18 Monaten die Niederschläge weit unter den jährlichen 700 mm fallen, sind auch Stau-Systeme vergebens, weil es nichts mehr zum Stauen gibt.
Da bleibt nur die Hoffnung, dass bald wieder weit verbreitete Niederschläge einsetzen, aber ja nicht die häufiger auftretenden punktuellen Starkregen, die in der Landschaft, bei den Gebäuden sehr große Schäden anrichten, ja sogar Todesfälle von Menschen und Tieren verursachen.

Mi., 22.03.2023 - 21:49 Permalink