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2018: Weniger Diesel-Pkws in Italien

Neuzulassungen von Diesel-Pkws verzeichneten EU-weit im Jahr 2018 wieder starke Rückgänge, auch Italien folgte dem Abwärtstrend
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Foto: Monika Psenner

Während die gesamten Pkw-Neuzulassungen in der EU im Jahr 2018 mit über 15,1 Millionen im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Plus verzeichneten, sanken die Diesel-Neuzulassungen weiter stark. Gewinner waren vor allem die Benziner, aber auch Hybrid- und Elektro-Autos legten deutlich zu. 2018 schrumpfte der europäische Diesel Pkw-Markt gegenüber 2017 um circa 18% und erreichte nur mehr einen Anteil von 36%. 2017 betrug der Anteil 44%, im Jahre 2011 machten Diesel-Pkws noch 56% aus. Während in allen großen EU Ländern, wie in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien die Neuzulassungen von Diesel-Pkws schon in den vergangenen Jahren stark abgenommen haben, kam es in Italien erstmals 2018 zu einem starken Einbruch bei den Dieselkäufen. Betrug der Anteil von Diesel Neuzulassungen in Italien 2017 noch 56 %, so sank er im Jahre 2018 auf nur mehr 44%, was einen Rückgang von über 20% bedeutet.

 

Was spricht gegen den Diesel?

Diesel-Pkws waren in der Vergangenheit in Europa sehr beliebt, einerseits wegen der in den meisten Ländern geringeren Diesel-Treibstoffkosten als Folge niedrigerer Besteuerung und andererseits wegen der höheren Effizienz.  Dieselautos verbrauchen etwa 15% bis 20% weniger Treibstoff als vergleichbare Benziner. Zudem wurden Dieselfahrzeuge in der Vergangenheit als umwelt- und klimafreundlich angepriesen, da Diesel weniger CO2 ausstößt und somit eine bessere Umweltbilanz aufweist als Benziner. Im Durchschnitt emittiert ein Diesel-Pkw heute in etwa 15% weniger CO2 als ein konventionelles Benzinerfahrzeug derselben Größenklasse. Die hohen Schadstoff-Emissionen von Dieselmotoren sind aber sehr schädlich für die Gesundheit, weshalb immer mehr Städte Fahrverbote für Dieselautos verhängen.

Seit dem Aufdecken des VW Diesel-Skandals im September 2015 geriet der Diesel zunehmend in Verruf. VW hatte Abgasreinigungswerte bezüglich Stickoxide in hohem Ausmaß manipuliert zu Ungunsten von Kunden und Umwelt. Betrugssoftware und fragwürdige Tests schädigten den Ruf von VW und den der gesamten Autobranche, da auch andere Autohersteller die Abgasmessungen manipuliert haben. Das Image des Dieselantriebs wurde stark beeinträchtigt.

Folgen des Dieselskandals

Obwohl die großen Autohersteller versuchten mit hohen Rabatten und aufwendigen Nachrüstaktionen den sinkenden Absatz bei Dieselautos aufzuhalten, war der Negativtrend nicht mehr abzuwenden. In vielen europäischen Städten gibt es inzwischen Fahrverbote für Dieselautos älteren Baujahrs, die nicht den Umweltstandards entsprechen und weitere Städte drohen mit Fahrverboten. Als Folge sanken auch die Preise für Diesel-Gebrauchtwagen erheblich. Obengenannte Fakten, sowie neue strenge Abgasnormen der EU, die Ungewissheit bei Nachrüstungslösungen für ältere Modelle und die unsichere Zukunft bezüglich Dieselautos schrecken viele Konsumenten ab einen Diesel-Pkw zu kaufen.

Wie reagieren die Autohersteller auf den Dieselskandal

Der sinkende Anteil von Diesel PKWs bei den Neuzulassungen hat die Autoproduzenten zu einer Umorientierung ihres Angebots veranlasst.  In Zukunft werden weniger Dieselmodelle angeboten oder Diesel-Pkws werden überhaupt aus dem Portfolio genommen.

Honda will in den kommenden Jahren bei den anstehenden Modellwechseln Pkws mit Dieselantrieb aus dem Programm nehmen. 2021 wird Honda in Europa keine Diesel Pkws mehr anbieten und stattdessen auf Elektro- und Plug-in Pkws setzen.  Auch Toyota hat angekündigt in Zukunft keine neuen Modelle für Diesel- Pkws in ihrer Produktpalette anzubieten. Hyundai und Kia haben beschlossen bei Kleinwagen die Dieselmodelle zu streichen. Nissan plant wegen der geringen Nachfrage sein Angebot von Diesel Pkws in Europa schrittweise zu reduzieren.

Auch Volvo will keine Dieselmotoren mehr entwickeln und plant einen schrittweisen Ausstieg vom Verbrennungsmotor. In Zukunft sollen über die gesamte Produktpalette elektrifizierte Autos angeboten werden. Renault plant das Angebot von Selbstzündern zu verringern.

Als Folge der sinkenden Absatzzahlen bei Diesel-Pkws will der Italienisch-Amerikanische Autokonzern Fiat-Chrysler mittelfristig keine Diesel Pkws mehr anbieten. Das ursprünglich für 2022 geplante Aus für Diesel Pkws ist allerdings etwas mehr in die Zukunft verschoben worden.

In Deutschland, der Heimat des Diesels, halten die meisten Autobauer derweil noch am Diesel fest. Sie heben den CO2 Vorteil von Diesel-Pkws gegenüber Benzinern hervor und sprechen von „zukunftsfähigen Diesel-Autos“.

Daimler hat nach eigenen Angaben rund drei Milliarden Euro in die Entwicklung und Produktion einer komplett neuen Dieselmotorenfamilie investiert. Parallel dazu fließen jedoch auch, in Kooperation mit chinesischen Autobauern, hohe Investitionen in die Weiterentwicklung von Elektroautos.

Der VW Konzern hat als Reaktion auf den Diesel-Skandal eine Neuausrichtung beschlossen, mit starkem Trend hin zur Elektromobilität, will aber vorerst noch nicht auf den Diesel verzichten und investiert weiter in die Diesel-Technologie. Bei VW Kleinwagen ist allerdings ein baldiges Aus für die Selbstzünder geplant. Auch Audi streicht mehrere Dieselmodelle aus seiner Produktpalette. Das „Porsche Image“ hat unter der Dieselkrise gelitten.  Im September 2018 kündigte Porsche an, in Zukunft Dieselmodelle gänzlich aus ihrer Produktpalette zu nehmen.

BMW und OPEL setzen weiter auf Diesel, investieren aber gleichzeitig in die Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte.

 

Der deutsche Automarkt, ein Sonderfall?

Im “ Dieselland“ Deutschland hat sich auch 2018 die Negativspirale beim Dieselabsatz fortgesetzt. Der Anteil von Diesel-Pkws sank auf nur 32 %, das ist der niedrigste Stand seit 2009. Dafür wurden mehr Benziner gekauft und auch der Anteil von Elektroautos stieg weiter an.

Laut dem deutschen Kraftfahrtbundesamts (KBA) gab es allerdings im ersten Quartal 2019 einen leichten Anstieg bei den Dieselverkäufen. In manchen Medien wird bereits von einem Comeback des Diesels gesprochen. Analysiert man die Zahlen jedoch genauer, so sieht man, dass der Zuwachs von Diesel-Pkws im Wesentlichen von Firmen- und Dienstfahrzeugen getragen wird. Der niedrige Verbrauch gegenüber den Benzinern und die geringere Besteuerung des Kraftstoffs zahlt sich vor allem bei Vielfahrern aus.

Automobilexperte Professor Dudenhöffer von der Universität Duisburg/Essen glaubt nicht an ein Comeback des Diesels. Der Anteil von Diesel-Pkws würde sich auf einem niedrigen Niveau von etwa 30% stabilisieren. Laut Dudenhöffer ist langfristig das Ende des Diesels vorprogrammiert. Stefan Bratzel, Direktor des „Center of Automotive Management“ (CAM) geht davon aus, dass bis Mitte der 2020er-Jahre der Diesel-Marktanteil "in Richtung 20 Prozent" sinken wird. Von einem Comeback des Diesels könne also keine Rede sein.

 

Ein Rückblick

Deutschland kann mit Recht als die Heimat des Diesels angesehen werden. Der deutsche Ingenieur Rudolf Diesel hat den Dieselmotor erfunden und bereits 1897 den ersten Dieselmotor gebaut. 1936 wurde der erste Diesel-Pkw, der Mercedes 260 D,  in Berlin auf der 26.Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung (IAMA) vorgestellt. Auch die Weiterentwicklung des Dieselmotors bis in die heutige Zeit fand zu einem großen Teil in Deutschland statt. Deutsche Autobauer haben große Summen in die Weiterentwicklung des Dieselmotors investiert. Wohl deshalb fällt es gerade den deutschen Autoherstellern so schwer, sich vom Dieselmotor zu trennen.

Dieselmotoren waren in den ersten Jahrzehnten zu schwer und aufwendig für Pkws und vor allem zu wenig spritzig im Vergleich zu den Benzinmotoren. Die lauten und stinkenden Dieselmotoren galten als „unkultiviert“ und kamen hauptsächlich bei Nutzfahrzeugen zur Anwendung: LKWs, Lieferwagen, Dieselloks, Busse, Schiffe, etc. Bei den Pkws wurde der Diesel bei Taxis und anderen Berufsfahrzeugen mit hohen Jahreskilometerzahlen eingesetzt.

Wegen der starken Verteuerung des Treibstoffes nach der ersten Erdölkrise 1973/1974, suchten die Autoproduzenten nach spritsparenden Motoren.  Vor allem in Europa bekam der Dieselmotor in den folgenden Jahrzehnten Hochkonjunktur. 1976 brachte VW den ersten Golf Diesel mit 50 PS auf den Markt, ein damals für Deutschland neues Konzept, und wurde zu einer Erfolgsstory.

 Seit den 1990er begann der rasante Aufstieg der Diesel Pkws in Europa. War anfangs der geringere Treibstoffverbrauch ein Hauptverkaufsargument, kam später das Umwelt- und Klimaschutzargument dazu. Dieselmotoren weisen eine höhere Effizienz als Benziner auf und haben einen geringeren CO2 Ausstoß. Schon in den 1970 Jahren begannen verschiedene europäische Länder Diesel geringer zu besteuern als Benzin, was den Diesel bei den Autofahrern immer beliebter machte. Der Diesel avancierte nicht nur zum Umweltmotor, sondern bekam wegen der Entwicklung des Turbodiesels auch ein sportliches Image.

Anfang der 1990er lag der prozentuelle Anteil von Diesel-Pkw Neuzulassungen in den meisten großen europäischen Ländern noch um die 10%, 15 Jahre später kletterten die Anteile weit über 50% und erreichten in Frankreich fast 80%. In Frankreich war der Anteil von Diesel-Pkws schon in den 1980ern viel höher, als in anderen EU-Staaten, weil sowohl Dieselkraftstoff steuerlich begünstigt als auch die Herstellung von Diesel-Pkws vom Staat stark subventioniert wurden.

In den großen nicht-europäischen Automärkten, wie in den USA, in China und Japan spielen Diesel-Pkws nur eine geringe Rolle. Hauptgrund dafür ist, dass Dieseltreibstoff dort nicht steuerlich begünstigt ist. In China, den USA und Japan machen Dieselfahrzeuge weniger als 5% aus.

Hat der Diesel Zukunft?

Viele große Autokonzerne verabschieden sich schrittweise vom Diesel, während deutsche Autobauer weiter in die Dieseltechnologie investieren. Experten aus der Automobilbranche sagen dem Diesel eine düstere Zukunft voraus. Wenn auch Diesel-Pkws nicht ganz vom Straßenbild verschwinden werden, so werde sich ihr Anteil weiter verringern und sich auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisieren. Steigende Kosten für die Abgasreinigung, der Abbau von Steuerprivilegien, Fahrverbote trotz neuer, strengerer Abgasnormen werden immer mehr Kunden davon abhalten einen Diesel-Pkw zu kaufen. Bezüglich der Selbstverpflichtung der EU, den CO₂-Ausstoß von Neuwagen bis 2030 im Vergleich zu 2021 um 37,5 Prozent zu senken, werde nicht eine neue, sauberere Generation von Dieselautos die Lösung sein, sondern  ein rascher Umstieg auf alternative Antriebe  erforderlich sein, sagen Fachleute.  Die große Frage bleibt, wie schnell ein Umstieg auf alternative Technologien im Autosektor gelingt.

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Richter Peter Mi., 24.04.2019 - 11:00

Bin vor kurzem ein Tesla Model 3 gefahren. Ich habe jetzt keine Zweifel mehr, dass Elektrofahrzeuge die Zukunft sind. Leise, kräftig, kompfortabel.

Mi., 24.04.2019 - 11:00 Permalink