Strategie schlägt Taktik
FCS-Coach Bisoli hatte bereits angekündigt, dass man sehr viel Respekt vor dem Gegner aus Parma hätte, sie wäre wohl die technisch beste Mannschaft in der Serie-B. Ausgewiesenes Ziel: Parma-Kapitän Franco Vasquez neutralisieren. Die Grundformation bedingte es, dass diese Aufgabe in erster Linie Nicolussi-Caviglia übernehmen musste. Der tiefe Spielmacher vor der Abwehr des FCS war es dann auch, der das Spiel entscheidete.
Zum Spiel
Von Beginn an setzte Bisoli wieder auf die gewohnte 4-4-2-Formation, für Schiavone rückte Belardinelli in die Startelf - sonst blieb alles beim Alten. Parma setzte auf eine 4-2-3-1-Grundformation und übernahm früh das Spielgeschehen. Bisolis Mannschaft zog sich noch weiter als gewohnt zurück und erwartete die Gäste sehr tief in der eigenen Hälfte: Immer wieder halfen die Flügelspieler in die letzte Verteidigungslinie zurück, um dort die Gegenspieler zu doppeln. Der FCS "parkte den Bus" 10-15 Meter vor dem eigenen Strafraum: Oftmals waren es 9 der 10 Feldspieler, die tief in der eigenen Hälfte verteidigten.
Parma war bemüht, das Spiel ruhig und flach aufzubauen, konnte das bis zur Mittellinie (und darüber hinaus) auch, scheiterte in Folge aber mit seinen Angriffen und blieb immer wieder im engmaschigen Abwehrnetz der Südtiroler hängen. Zwar konnten sich die Gäste öfters am Flügel freispielen und Flanken in den 16-Meter-Raum schlagen; dadurch, dass der FCS aber so tief verteidigte, waren die Rot-Weißen im Strafraum immerzu in Überzahl; gute Torchancen waren entsprechend auch Mangelware - übrigens auch für Südtirol: Der einzig nennenswerte Torschuss war das Traumtor von Hans Nicolussi-Caviglia, der zuerst einen Gegenspieler austanzte und dann aus ca. 20-25 Metern abzog.
Strategie vs. Taktik
Wie in vielen Mannschaftssportarten (z. B. auch Basketball) ist das Verteidigen im Fußball einfacher, als das Angreifen, d. h. es lässt sich mit einigen wenigen Prinzipien und einem gewissen Maß an Ordnung relativ einfach eine funktionierende Verteidigung aufbauen. Das Angreifen und Bespielen einer solchen Verteidigung ist hingegen schon schwieriger; dafür braucht es nämlich schon einmal mehrere ineinander greifende Prinzipien, die Mannschaft muss diese Prinzipien aufnehmen und umsetzen ("eingespielt" sein) und nicht zuletzt braucht es auch die dafür passenden Spieler. Dennoch gilt im Fußball, wie in anderen Mannschaftssportarten auch: (Gute) Offensive schlägt (gute) Defensive.
In der diesjährigen Serie-B spielen viele Mannschaften, mit denen man viel Tradition und große Namen verbindet: Genoa, Brescia, Parma, Cagliari - um nur einige zu nennen. Nicht umsonst wurde die diesjährige Zweitliga-Saison von vielen bereits "Serie-A-2" genannt. Nun dürfen die eindrucksvollen Namen aber nicht über den Umstand hinwegtäuschen, dass das spielerische Niveau allgemein nicht besonders hoch ist; das mag unterschiedliche Gründe haben und ist gewiss nicht bloß auf die technischen Fähigkeiten der Spieler zurückzuführen.
Der FCS "parkte den Bus" 10-15 Meter vor dem eigenen Strafraum:
Der Trainer des FC Südtirol, Pierpaolo Bisoli, scheint sich dieser Tatsache aber sehr wohl bewusst zu sein und hat seine Mannschaft dementsprechend strategisch ausgerichtet; denn gerade weil (wenn überhaupt) nur ganz wenige Mannschaften über die Voraussetzungen verfügen, gut strukturierte Verteidigungen zu bespielen, ist eine defensive Grundausrichtung sehr erfolgsversprechend. Bisoli ist in dieser Hinsicht konsequent, lässt stets tief und kompakt verteidigen und konzentriert sich auf defensive Prinzipien - im Offensivspiel setzt man auf viel Physis, etwas Glück und die Fehler der gegnerischen Mannschaft. Bisoli ist nicht unbedingt ein guter Taktiker, sondern vielmehr ein guter Stratege. Ihm und seiner Strategie ist es zu verdanken, dass der FC Südtirol nach 10 Spieltagen auf Platz 7 steht.