Man kann wohl sagen, dass eine Ära endet. Ennio Casciaro, Jahrgang 1936, war der erste Galerist Südtirols, der mit Kunst sein Geld verdienen wollte. Casciaro, der das Handwerk der Kunst von der Pike auf lernte: als Lehrbub beim Rahmenmacher Spadari in der Bozner Florenzstraße und später Inhaber eines eigenen Kunstraums. Die Galerie Goethe eröffnete er 1964 in der Bozner Mustergasse, zu einer Zeit, als die moderne und zeitgenössische Kunst in Südtirol kaum wahrgenommen wurde und als die Kunstwelt noch nicht in den schwindelerregenden Strudel von Börsenquotierungen und Künstlerhype eingetreten war. Casciaro wuchs sozusagen mit den Künstlern auf, die er ausstellte. Karl Plattner, Paul Flora, Markus Vallazza, Gotthard Bonell, um nur einige zu nennen, sind jene Namen, die eine erweiterte Familie abgaben und heute zu den Klassikern der regionalen Szene gehören.

Wer Kunst sehen wollte, musste in die Goethe Galerie gehen, dort gab es auch die ersten Ausstellungen von berühmten internationalen Malern wie Picasso, Mirò, De Chirico, Chagall, aber  auch von Österreichern und Deutschen wie Hundertwasser, Hrldlicka, Grosz, Kokoschka, George Grosz, Max Beckmann, von Italienern wie Lucio Fontana, Fortunato Depero, Emilio Vedova, Gino Severini oder Aligi Sassu. 

Die Goethe Galerie ist "das Gedächtnis der modernen und zeitgenössischen Kunst im Land," schreibt Georg Mair in der FF. Die letzten Ausstellungen vor der Schließung waren jene von Robert Pan und Hubert Kostner im September und Oktober, Margareth Dorigatti und im Sommer 2014 eine Zusammenschau der "Künstler der Galerie" mit Lois Anvidalfarei, Robert Bosisio, Eduard Habicher, Kinki Texas oder Vonmetz Schiano. Immer wieder führte Casicaro seine Künstler in Überblicks- und Themenausstellungen zusammen, er fand Anlässe, um die Kunst an den Mann, an die Frau zu bringen. Eine Privatgalerie muss Kunst verkaufen können, das ist den Casciaros, Ennio und Ehefrau Ivana, über 50 Jahre lang gelungen. Nun führt Sohn Alessandro die Geschäfte weiter, er betreibt seit 2003 das "Project Space Goethe 2" in der Kapuzinergasse, eine Art Filiale, in der die zeitgenössiche Kunst zum Tragen kommt. Dorthin übersiedelt ab 1. Jänner die alte Goethe Galerie und findet unter der Führung des Sohnes zu neuen Inspirationen. 

Bis dahin ist in der Mustergasse Nummer 1 die Jubiläumsausstellung zu sehen, kuratiert von Peter Weiermair. Eine Retrospektive mit Werken aus Malerei, Skulptur, Arbeiten auf Papier aus privaten und öffentlichen Sammlungen, die für diesen Anlass für kurze Zeit an den Ausgangspunkt ihrer ursprünglichen Präsentation zurückkehren. 

Karl Plattner/Nächtliches Zwiegespräch/Conversazione notturna, 1964-65 / Öl auf Leinwand / 110 x 154 xm cm. 

Carlos Alonso, Lois Anvidalfarei, Enrico Baj, Eduard Bargheer, Agostino Bonalumi, Gotthard Bonell, Pedro Cano, Antonio Corpora, Fortunato Depero, Filippo De Pisis, Otto Dix, Hans Ebensperger, Max Ernst, Lyonel Feininger, Peter Fellin, Gianfranco Ferroni, Paul Flora, Ernst Fuchs, Lucio Fontana, Emilio Greco, George Grosz, Renato Guttuso, Christian Hess, Giselbert Hoke, Alfred Hrdlicka, Hundertwasser, Max Klinger, Anton Kolig, Marino Marini, Carlo Mattioli, Francesco Messina, Moroder-Lusenberg, Carl Moser, Mario Negri, Ernst Nepo, Hans Piffrader, Karl Plattner, Giuseppe Santomaso, Gino Severini, Markus Vallazza, Paolo Vallorz, Emilio Vedova, Max Weiler, Fritz Wotruba, Giuseppe Zigaina

Gino Severini /Arlecchino con violino, 1939 / Tempera su carta / Tempera auf Papier / 57,4 x 36 cm

Künstler die in der Goethe2 in der Kapuzinergasse ausgestellt sind:

Davide Benati, Robert Bosisio, Italo Bressan, Giovanni Castell, Luciano Civettini, Arnold Mario Dall‘O, Aron Demetz, Margareth Dorigatti, Andrea Facco, Tamara Ferioli, Enzo Fiore, Michael Fliri, Eduard Habicher, Christoph Hinterhuber, Marcello Jori, Oswald Kofler, Hubert Kostner, Milan Kunz , Heinz Mack , Salvatore Mammoliti, Giovanni Manfredini, Philipp Messner, Sissa Micheli, Robert Pan, Simone Pellegrini, Tullio Pericoli, Josef Rainer, Paolo Riolzi, Gianluigi Rocca, L.A.Schwazer, Peter Senoner, Roland Senoner, Giovanni Sesia, Klaus Stephan, Kinki Texas, Paul Thuile, Wainer Vaccari, Willy Valier, Antonello Viola, Hannes Vonmetz Schiano, Ivan Zanoni, Luciano Zanoni, Andreas Zingerle

Max Ernst / Collage pour la couverture du catalogue The international surrealist exhibition, 1936 / Collage 7 23,5 x 19 cm