Politik | Gries am Brenner
Von Freunderl- und Feinderlwirtschaft
Foto: Fritz Gurgiser/Facebook
Die sieben Gemeinderäte der regierenden Mehrheitspartei Offene Gemeindeliste Bürgermeister Karl Mühlsteiger stehen treu zu ihrem Bürgermeister. So war es nicht anders zu erwarten, dass sie gegen den Beschlussantrag das Team Kugler gestimmt haben. Die sechs Mandatare der Oppositionspartei haben die Abhaltung eines Sondergemeinderates beantragt, um das Vennhäusl der Familie Steiner auf der Grundlage einer Sonderflächenwidmung vor dem Abriss zu bewahren. Der Rechtsstreit zwischen der Gemeindeverwaltung und der Familie zieht sich wie berichtet bereits seit Jahren hin, mit dieser Umwidmung hätte eine für alle tragbare Lösung gefunden werden können. Die Liste von Bürgermeister Mühlsteiger war jedoch anderer Meinung, weshalb sich nun auch der Bürgerrechtler und ehemalige Landtagsabgeordnete im „Unruhestand“ Fritz Gurgiser zu Wort meldet und eine Überprüfung der Tiroler „Gemeinde-Autonomie“ fordert. Diese zu Papier gebrachte Forderung wurde mittlerweile allen Landtagsabgeordneten zur Kenntnis gebracht und soll demnächst auf Landesebene behandelt werden. In der Tiroler Landeshauptstadt scheint man sich dieses Problems wohl bewusst zu sein, ist doch die Aussage eines hohen Landespolitikers überliefert, der bereits vor geraumer Zeit an der Vernunft von Bürgermeister Mühlsteiger zweifelte – freundlich ausgedrückt. Möglicherweise setzt sich aufgrund der Entscheidung der Grieser Gemeinderäte nun Parteien übergreifend die Erkenntnis durch, dass die „Gemeinde-Autonomie“ eingeschränkt werde muss, wenn sie autoritäre Züge annimmt.
Das Schreiben von Fritz Gurgiser im Wortlaut:
Die viel gerühmte „Gemeinde-Autonomie“ der Tiroler Landesregierung – egal welcher jeweiligen Zusammensetzung – steht in Bezug auf Probleme, die Einzelpersonen oder dem Gemeinwohl des Landes Tirol wissentlich, vorsätzlich und willkürlich schaden, auf dem Prüfstand. Es ist zu handeln, denn es gilt:
„Jede Gemeinde-Autonomie muss dort enden, wo Familien durch vor Jahrzehnten begangene behördliche Fehler, Schlampereien, nicht geschriebene, fehlende oder verlorene Protokolle wissentlich, vorsätzlich und willkürlich bis zum Ruin und zur Vertreibung aus Eltern- und Großelternhaus geschadet wird. Insbesondere dann, wenn sich ein Gemeinderat auf die Rechtsstaatlichkeit beruft, die im eigenen Bereich sehr locker, wissentlich, vorsätzlich und willkürlich außer Kraft gesetzt wird“ (Beispiel Verordnung zur Abwehr der Steinschlaggefahr im Bereich Lueg, angeschlagen am 20. September 2019, abgenommen am 27. Oktober 2019):
Von diesem Betretungsverbot wegen Bedrohung durch „latenten Steinschlag und dem federzeitigen Absturz größerer Blöcke“ wurde bemerkenswerter Weise der 1:1 ebenso „stark steinschlaggefährdete bewirtschaftete Lagerplatz der Gemeinde Gries am Brenner“ ausgenommen. Gerade so, als ob herabfallende Steine von selbst den Lagerplatz meiden und es nur auf die anderen gesperrten Grundstücke samt Liegenschaften, bsp. Wanderwege, Fußballplatz, Widum und Kirche, absehen würden. Das ist Missachtung der Rechtsstaatlichkeit, denn diese Ausnahme beinhaltet durch „drohenden latenten Steinschlag Gefahr für Leib und Leben am Lagerplatz befindlicher Gemeindebediensteten oder anderer Personen“ und ist durch kein öffentliches Interesse gedeckt.
Mit einer neuen Widmung ist der behördliche Fehler der Vergangenheit zu sanieren; wie es in Tausenden anderen Fällen in Tirol, die in der Vergangenheit passiert sind (in ganz anderen Dimensionen), auch erfolgt ist. Von der Liegenschaft „Vennhäusl“ droht keine Gefahr für die Gemeinde Gries am Brenner, umgekehrt „droht“ drei Generationen die Vertreibung aus und von der eigenen Liegenschaft. Noch dazu nicht aus „Eigen-, sondern aus Fremdverschulden“. Soll das Tirol sein, wo immer noch vom, „jeden Tiroler Eigenheim“ geschwärmt wird?
Soll das Tirol sein, wo immer noch vom, „jeden Tiroler Eigenheim“ geschwärmt wird?
Ein Anlass, um die Forderung nach Entzug der Widmungskompetenz der Gemeinden zu stellen und damit bei allen Widmungen sowohl „Freunderl- als auch Feinderlwirtschaft“ rigoros auszuschließen.
Das gleiche gilt für die Haltung des Bürgermeisters in der Sache Lueg-Sanierung, wo real unerfüllbare Forderungen gestellt werden (die Erfüller solcher Forderungen würden vor dem Strafrichter landen) und sämtliche Angebote des Straßenerhaltes für Verbesserungen strikt abgelehnt werden. Durch die Blockade der Sanierung werden die Verkehrssicherheit auf der bestehenden A13-Lueg-Brücke reduziert und dem Straßenerhalter massive Zusatz-Sicherungskosten aufgebürdet. Demselben Straßenerhalter, von dem seit 1991 Jahr für Jahr 11,78 % der sogenannten „ASFINAG-Lebensverbesserungsabgabe“ von 1% der Brennermaut via Land Tirol erhalten werden. Ob und wie diese „Lebensverbesserungsabgabe“ verwendet wurde, sei vorläufig dahingestellt.
Das muss auch einem Bürgermeister vermittelbar sein, der längst eine Rolle als „Blockiermeister“ übernommen hat und dafür wurde noch nie jemandem Vertrauen bei einer Wahl geschenkt.
Sich nun weggucken, wie es die Tiroler Landesregierung macht, auch wenn sie zu Recht auf eine verfahrene und sehr schwierige rechtliche Situation verweist (was mir als Unterzeichner bekannt ist und nicht bestritten wird) – von beiden Seiten sehr unbefriedigend erwachsen – reicht aber nicht: Denn dort, wo Menschen wissentlich, vorsätzlich und willkürlich von „Haus und Hof vertrieben werden sollen“, dort müssen Wege der Vernunft auch aus solchen Sackgassen gesucht und gefunden werden.
Eine rechtliche Sanierung muss möglich sein, eine Vertreibung von Haus und Hof in Tirol darf es in Fällen wie diesem, wo es um Fehler der Vergangenheit durch alle Beteiligten, vor allem aber Behörden und Gemeinde vor Jahrzehnten geht, nicht geben. Das muss auch einem Bürgermeister vermittelbar sein, der längst eine Rolle als „Blockiermeister“ übernommen hat und dafür wurde noch nie jemandem Vertrauen bei einer Wahl geschenkt.
Fritz Gurgiser, Bürgerrechtler, LAbg. im Unruhestand
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