Umwelt | Weinernte

Gute Weinernte trotz Kirschessigfliege?

Die Weinbau-Experten Dominic Würth vom Weingut Stachlburg, Urban Plattner vom Ebnerhof und Simon Kompatscher vom Südtiroler Beratungsring zu Ernte und Kirschessigfliege.
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Foto: Bioland Verband Südtirol

Das ereignisreiche Weinbaujahr 2016 neigt sich langsam dem Ende zu. Trotz der zahlreichen Regenfälle während der Vegetationsphase, mit entsprechendem Peronospora-Druck sowie des Massenauftretens der Kirschessigfliege im Sommer und Frühherbst, kann man im Großen und Ganzen auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken, das auf gute Weine hoffen lässt: Ein guter Grund, um die drei Weinbau-Experten Dominic Würth (Schlossweingut Stachlburg), Urban Plattner (Ebnerhof, beide Bioland) und Simon Kompatscher (Südtiroler Beratungsring, SBR) zu ihren Einschätzungen zu befragen.

Beim Stein- und Beerenobst gab es wegen der Kirschessigfliege (KEF) gebietsweise beträchtliche Ernteausfälle; im Weinbau hingegen ist man glimpflich davongekommen. Vereinzelte Ertragseinbußen gab es lediglich bei der Sorte Vernatsch, sagt  Simon Kompatscher. Auch am Schlossweingut Stachlburg sei es zu vereinzeltem Auftreten der KEF nur da gekommen, wo die Trauben bereits vorher beschädigt waren. Beim Ebnerhof nahe Kardaun, auf dem u.a. Vernatsch, Malvasier und Blauburgunder angebaut werden, war der Aufwand bei der Ernte recht hoch. Mit der Qualität aber auch mit der Erntemenge ist Plattner dennoch sehr zufrieden.

Insektizide… und was sonst noch?

Aufgrund der hohen und sehr früh erfolgten Eiablage auf den Weinbeeren griffen viele Weinbauern u.a. auf den Wirkstoff Spinosad zurück, jedoch konnte die Kirschessigfliege auch mit anderen Mitteln abgewehrt werden. Auf dem Ebnerhof führte Urban Plattner mehrere Versuche mit Kaliwasserglas, Kaolin und einer Kombination von biodynamischen Präparaten durch. Insektizide wie Spinosad kamen keine zum Einsatz. Auch an der Stachlburg wurden keine Insektizide verwendet; ebenso wenig bei Vernatsch. Hier wird auf indirekte Maßnahmen gesetzt, die Licht und einen guten Luftaustausch in die Anlage bringen, berichtet Kellermeister Würth. Kompatscher zeigt als weitere Option zur Abwehr der Kirschessigfliege das Anbringen von Insektenschutznetzen um die Traubenzone auf. Diese Maßnahme könne jedoch nur bei Spalier-Erziehung umgesetzt werden.

Viel Nässe im Frühjahr

Eine weitere Sorge der Weinbauern ergab sich aus dem regenreichen Frühjahr und Frühsommer, mit starkem Auftreten von Peronospora, dem falschen Mehltau. Dieser war im Jahr 2016 das Thema schlechthin, erinnert sich Kompatscher vom Beratungsring. Durch die sehr langen Blattnasszeiten von Ende Mai bis Mitte Juli und den teilweise ununterbrochenem Dauerregen, konnten die Reben nur durch sehr präzise gesetzte Pflanzenschutzmaßnahmen ausreichend geschützt werden. Jedoch gelang es den meisten Landwirten sehr gut, die Situation unter Kontrolle zu halten. Somit könne man bei den Biobetrieben in Südtirol nicht von Ertragsausfällen wegen Peronospora sprechen.
Auf dem Ebnerhof wurde auf einigen Teilflächen MycoSinVin anstelle von Kupfer  verwendet. Das Unterschätzen des Pilzdrucks im späten Juli führte zwar zu einem recht großen Selektionsaufwand bei der Ernte, alles in allem konnte bei Sauvignon und sogar einem Teil der Sorte Vernatsch im fünften Jahr infolge erfolgreich komplett auf Kupfer verzichtet werden.

Mögliche Lösungsansätze

Simon Kompatscher bekräftigt, dass es auch 2016 in verschiedenen Anlagen zu sehr unterschiedlichen Befallsverläufen durch Drosophila suzukii kam. Diese Unterschiede waren nur durch die Kontrolle der Eiablagen auf den Trauben rechtzeitig ersichtlich. Deshalb sollte das ausgedehnte Monitoring weiterhin durchgeführt werden, um auf unnötige Bekämpfungsmaßnahmen verzichten zu können.
Dominic Würth ist der Überzeugung, dass der Fokus auf das Schaffen ökologischer Gleichgewichte gelegt werden muss.  Zusammenhänge zwischen natürlichen Gegenspielern und deren Nutzen sollen besser erforscht werden. Der Pflanzenschutz nehme hingegen Einfluss auf die Entwicklung sämtlicher betroffener Lebewesen und habe somit einen negativen Effekt auf das ökologische Gleichgewicht. Auch Urban Plattner findet es wichtig, langfristige Versuche anzulegen, welche sich mit der Ökologie der KEF und dem Einsatz verschiedener Präparate beschäftigen. Ginge es nach ihm, soll der Weinbau und ganz besonders der biologische vom großflächigen Einsatz von Insektiziden wie Spinosad kurz vor der Ernte wegkommen.
Kompatscher schildert den Einfluss des Erziehungssystems auf den Befall: Langfristig könne bei anfälligen Sorten kein Weg um eine Umstellung von Pergel- auf sehr viel unproblematischere Spaliereranlagen herumführen.

Wie werden die 2016-er Weine?

Nach dem Regen mit all seinen Herausforderungen prägten ein traumhafter Spätsommer und ein sehr warmer und trockener September das Weinjahr. Diese sehr guten Reifebedingungen wirken sich mit Sicherheit positiv auf die Qualität der Weine aus, sind sich Würth und Kompatscher einig. Auf jeden Fall ließe sich aus Jahren mit solchen Witterungsextremen viel für die Zukunft erlernen. Und Würth freut sich, dass man (und frau) sich mit Sicherheit an diesen Jahrgang erinnern wird.